Clancy, Tom
Lächeln nicht abgewöhnt haben. Okay, wir
machen uns also erst mit dem Gelände vertraut, und dann legen wir morgen einen
Köder aus. Heute ist es dafür schon zu spät.«
Obwohl die
Mehrzahl der toten Briefkästen außerhalb des Cantonment lag, beschlossen sie,
sich auf die vier in der Altstadt zu konzentrieren. Als Erstes umrundeten sie
diese mit dem Wagen, wobei sie meist der Mauer folgten, die bis Mitte der
Fünfzigerjahre das Cantonment umschlossen hatte. »In dieser Mauer gab es sechzehn
Stadttore mit Befestigungstürmen und Zinnen für die Bogenschützen«, erklärte
Embling und deutete nach draußen. »Tatsächlich bedeutet Peshawar im Persischen >Hohe Festung<.«
Clark
mochte Embling, einmal, weil er seit seiner Zeit bei Rainbow die britische
Mentalität besser verstand, zum andern, weil der Mann auf seine Art ein echtes
Original war. Wenn er ihn so über Peshawar dozieren hörte, fragte sich Clark,
ob der Mann nicht hundert Jahre zu spät geboren worden war. Nigel Embling hätte
als Vertreter der britischen Herrschaft hervorragend in diese Gegend gepasst.
Embling
fand in der Nähe des Lady-Reading-Krankenhauses einen Parkplatz. Sie stiegen
aus und betraten von Osten her die Altstadt. In den Straßen des Cantonment
pulsierte das Leben. Aus den Seitengassen und den mit Sonnensegeln überspannten
Geschäftseingängen tauchten ständig Menschen auf, während andere in ihnen
verschwanden. Von den überhängenden Balkonen schauten Kinder durch
schmiedeeiserne Stangen neugierig auf das Straßengetümmel hinunter. In der Luft
schwebte der Geruch von gegrilltem Fleisch und starkem Tabak. Ein einzigartiges
Stimmengewirr aus Urdu, Punjabi und Paschtu erfüllte die Straßen.
Nach
einigen Minuten traten sie auf einen großen Platz hinaus. »Der Chowk Yadgaar«,
verkündete Embling. »Alle toten Briefkästen befinden sich in einem Umkreis
von achthundert Metern um diesen Platz.«
»Sie haben
sie wahrscheinlich wegen dieses ständigen Menschengewimmels gewählt«, sagte
Chavez. »Hier wird man nur schwer gesehen und kann sich den Blicken von
Verfolgern leicht entziehen.«
»Eine
weitere hellsichtige Beobachtung von Ihnen, werter Domingo«, sagte Embling.
»Na,
vielleicht ist heute mein Tag ...«
»Am besten
teilen wir uns auf und treffen uns hier in einer Stunde wieder«, schlug Clark
vor. Sie legten fest, wer welchen Signalpunkt überprüfen sollte, und machten
sich auf den Weg.
Als sie wieder zusammenkamen, verglichen sie ihre Notizen.
Zwei Orte erregten dabei ihr besonderes Interesse. Der eine lag in einem
kleinen Hof zwischen dem Basar der Juweliere und der Mahabbat-Khan-Moschee, der
andere in einem Gässchen in der Nähe des Kohati-Tors. Beide Male waren dort
ganz schwach die Spuren eines einzelnen Kreidezeichens zu sehen gewesen, was
seit den Hochzeiten des Kalten Krieges als gebräuchliche Botschaft galt, in
einem toten Briefkasten eine Nachricht abzuholen. Kreide verwitterte schnell.
Außerdem konnte man das Zeichen leicht für das Gekritzel eines Kindes halten.
Clark holte seinen Stadtplan heraus, und Embling überprüfte die beiden Orte.
»Ich schlage das Kohati-Tor vor«, sagte er schließlich. »Das ist leichter zu
überwachen und liegt direkt am Ausgang der Altstadt.«
»Einverstanden«,
stimmte Clark zu.
»Wir haben
noch viel Zeit«, sagte Embling. »Spielt ihr Jungs Cricket?«
Da sie beim Anbringen des Abholzeichens nicht gesehen werden
wollten, mussten Clark und Chavez am nächsten Morgen lange vor Sonnenaufgang
aufstehen. Embling war bereits munter, kochte Kaffee und füllte eine Kühltasche
mit dem Tagesproviant. Kurz darauf machten sie sich in die Altstadt auf. Dieses
Mal benutzten sie jedoch Emblings Zweitwagen, einen unauffälligen Honda City,
Baujahr 2002. Fünfzehn Minuten später kamen sie im ersten Morgengrauen auf dem
Chowk Yadgaar an. Dort teilten sie sich auf. Clark und Chavez machten sich zu
Fuß mit der näheren Umgebung vertraut. Dabei konnten sie gleich ihre neuen
tragbaren Ohrstück-Minimikrofon-Push-to-Talk-Funkgeräte ausprobieren, mit
denen sie Gavin Biery ausgerüstet hatte. Gleichzeitig brachte Embling an der
Stelle in der Nähe des Kohati-Tors ihr Zeichen an. Vierzig Minuten später
trafen sie sich auf dem Chowk Yadgaar wieder.
»Vergesst
nicht, einige hundert Meter entfernt von hier liegt eine Polizeiwache«, sagte
Embling. »Wenn ihr angehalten werdet ...« Er machte eine Pause und lachte.
»Mein Gott, ich rede und rede. Dabei haben Sie so etwas
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