Clancy, Tom
fast nie, seltsames Benehmen, hat wohl was mit
ihrer Kultur zu tun. Das ist nicht leicht, kann ich euch sagen. Aber ich hab
das fast dreißig Jahre lang gemacht. Und man denkt ganz bestimmt dran, nicht zu
lächeln, wenn man weiß, dass man sich damit verraten kann.«
»Wie oft
war das?«
»In
Russland? Mehr als nur einmal, und jedes Mal hatte ich Angst. Man ging da nackt
rein, keine Waffe, kein Zufluchtsort, nur eine >Legende<, halbwegs abgesichert,
wenn man Glück hatte.«
»Abgesichert?«
»Ein
Hintergrund, der einer oberflächlichen Überprüfung standhalten würde. Das
Hotel in der letzten Stadt, Telefonnummer des Arbeitgebers, solches Zeug eben.«
»Das
wollte ich Sie schon immer mal fragen«, sagte Dominic. »Was halten Sie von
unseren derzeitigen Klassenfeinden?«
Clark
überlegte eine Weile. »Einerseits denke ich, sie sind alle gleich — zwar mit
anderen Motiven, anderen Sichtweisen und so, aber im Grunde machen sie denselben
Scheiß. Aber andererseits habe ich gewisse Zweifel. Diese Typen glauben zwar an
Gott, aber sie setzen sich ständig über die Lehren ihrer eigenen Religion
hinweg. Sind sie Soziopathen? Verdammt, ich weiß es nicht. Sie haben ihre
Weltanschauung, wir haben unsere, und wir haben keinerlei gemeinsame
Schnittmenge.«
Ihr Flug
wurde aufgerufen, und sie gingen gemeinsam an Bord. Fünf Sitze nebeneinander,
nur durch den Gang getrennt, alle in Economy. Chavez mit seinen kurzen Beinen
machte das nicht viel aus, aber Clark ächzte verdrießlich. Je älter er wurde,
desto steifer wurden seine Beine. Die üblichen Sicherheitsinformationen. Clark
legte den Gurt an. Im Lauf der Jahre hatte er gelernt, keinen
Sicherheitshinweis zu missachten. Die 737-400 rollte auf die Startbahn und hob
so routinemäßig ab, als säße der Pilot am Steuer eines Autos. Clark nahm das
Flugmagazin und blätterte im Katalogabschnitt. Er blieb an einer Anzeige für
einen Werkzeugkasten hängen.
»Und wie
sollen wir nun genau vorgehen?«, fragte ihn Jack.
»Wir
nehmen es so, wie es kommt«, antwortete Clark knapp, ohne von dem Katalog
aufzublicken.
Die Landung war fast so sanft wie der Start. Die Maschine
rollte aus und dann zum Terminal hinüber. Die Passagiere stiegen aus, das
übliche Gedränge beim Ausgang. Das Ankunftsterminal war so gesichtslos wie jedes
andere Terminal auf der Welt. Sie bogen nach links ab und gingen einen breiten,
unpersönlich wirkenden Durchgang entlang. Wegweiser dirigierten sie zum Ankunftsterminal
der internationalen Flüge. Der Weg war gerade lang genug, um das Blut in den
Beinen wieder richtig in Umlauf zu bringen. Den Informationsmonitoren zufolge
waren es noch 90 Minuten bis zur Landung der Alitalia-Maschine. Sie überprüften
kurz das Terminal und stellten fest, dass eine Überwachung leicht möglich
war. Umso besser. Es gab ein Imbissrestaurant, die üblichen Plastikstühle,
gruppiert um Plastiktische, aber es bot ihnen einen direkten Blick auf den
Ausgangsbereich, durch den die Passagiere kommen mussten.
»Okay,
Leute. Wir haben noch ungefähr zwei Stunden, wenn man den Zirkus mit der Pass-
und Zollabfertigung einrechnet«, dachte Clark laut nach.
»Nur so
kurz?«, wunderte sich Jack.
»Sie
führen vielleicht ein paar Hunde an den Taschen vorbei und lassen sie nach
Drogen schnüffeln, aber nicht viel mehr. Die Kanadier sind nicht übermäßig
vorsichtig. Schurken reisen deshalb oft über Kanada. Sie bleiben aber nicht
hier, um irgendwas anzustellen. Zum Glück für die Kanadier, denke ich,
jedenfalls sparen sie so eine Menge Geld für die ganzen Sicherheitseinrichtungen.«
»Wenn die
bösen Jungs hier also unbekümmert durchreisen, könnte man doch einige von
ihnen ziemlich leicht schnappen und auf einem Boot nach Buffalo rüberschaffen?«
»Aber
dann«, setzte Dominic den Gedanken fort, »würden sich die Kanadier Feinde
machen, die sie definitiv nicht haben wollen. Geschäft ist Geschäft.«
»Gutes
Argument«, mischte sich Chavez ein. »Geschäft ist Geschäft, und einen
schlafenden Hund weckt man besser nicht, wenn man nicht gebissen werden will.
Aber ich frage mich, ob das nicht auch ihnen mal passieren wird.«
»Hängt
natürlich von den bösen Jungs ab, aber sich ohne Not Feinde zu schaffen ist
jedenfalls nicht gut fürs Geschäft. Denkt daran - ein Terrorist ist ein
Geschäftsmann, dessen Geschäft es ist, Leute umzubringen«, sagte Clark.
»Möglich, dass sie sich von ihrer Ideologie anleiten lassen, aber an ihrem
Geschäft ändert das
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