Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koller
Vom Netzwerk:
guten Bekannten,
die mir geblieben waren. Dadurch würde ich genügend Zeit bekommen, um meine
Angelegenheiten zu regeln.
    Der
Sachbearbeiter wies mich in einem heruntergeleierten Monolog auf meine
Pflichten hin, ich unterschrieb den Antrag auf Arbeitslosenunterstützung und
verließ wortlos den Raum. Wir waren uns keinen Gruß wert. Ich schlurfte den
Gang entlang, nahm die Treppen zurück ins Erdgeschoss und verschwand
schließlich von diesem Ort. Von dort, wo ich meine Bedeutungslosigkeit
endgültig besiegelte.
    Nachdem ich
in mein altes Auto eingestiegen war, fuhr ich zum nächsten Supermarkt. Als ich
den großen Parkplatz erreichte, traf eine alte Erkenntnis mich plötzlich wie
ein Hammer. Ich hatte mein ganzes Leben weggeworfen. War zum Verbrecher
geworden. Die Zweifel waren mit einem Mal zurückgekehrt. Und doch waren sie
nicht mehr relevant. Es war zu spät. Ich atmete tief durch und schloss die
Augen. Nicht ich hatte mein Leben weggeworfen. Es war Kurt Bergmann gewesen.
Und seine Schuld war noch nicht beglichen. Ich beschloss, neben den üblichen
Lebensmitteln auch eine Kiste Rotwein zu erstehen. Es war wieder so weit. Ich
benötigte einen Ratgeber, der die richtigen Antworten gab. Der mein Gewissen
ausblendete.

Kapitel 12 –
Feindschaft

 
    1

 
    Ich stand
mit meinem Auto am Rand einer nur sehr schwach beleuchteten Nebenstraße, in
gebührlichem Abstand zu einem der zahlreichen Bordelle, die das Ortsbild von Tschechisch-Mürren prägten. Seit einer guten Stunde wartete
ich nun hier. Wartete auf jemanden, dem ich bis hierher gefolgt war. Auf den
Großbauern, Jagdpächter und Feuerwehrkommandanten Franz Burger. Auf jenen Mann,
der eine tiefe Feindschaft gegen mich und meine nicht mehr existente Familie
hegte. Auf den Vater jener Jungs, die mein Idyll am Waldrand gestört hatten.
Doch deswegen stand ich nicht hier. Ich wollte bloß einem Gerücht nachgehen.
Einem Gerücht, das ich hier bestätigt fand.
    Seit
Längerem war im Ort darüber geredet worden, dass Burger im Schutze der
Dunkelheit die Freudenhäuser jenseits der Grenze aufsuchte und dort durch sein
derbes Benehmen auffiel. Im Klartext hieß das, dass er den Prostituierten
Gewalt antat und mit Geld das Schweigen der Puffbetreiber erkaufte. Ja, derart
widerlich hatte ich mir Burger immer vorgestellt. Es genügte ihm also nicht,
sich in den eigenen vier Wänden als Diktator zu präsentieren. Burger war ein
grobschlächtiger Kerl, der immer wieder zur Gewalt neigte. Vor allem im
betrunkenen Zustand. Doch mit den nötigen Zuwendungen war es ihm immer wieder
gelungen, eine Anklage von sich fernzuhalten. Zudem pflegte er ein äußerst
gutes Verhältnis zur örtlichen Exekutive, die er mit vielerlei Naturalien von
seinem Hof versorgte und auch stets einen großzügigen Beitrag für private
Polizeiveranstaltungen zusteuerte. Burger saß im gemachten Nest. Unangreifbar.
Diesem Umstand verdankte er auch meine diskrete Beobachtung, die sich schon
seit einigen Wochen hinzog. Denn Franz Burger hatte mich in Schwierigkeiten
gebracht.
    In seiner
Funktion als Feuerwehrkommandant nahm er in Begleitung von Gemeindevertretern
alle paar Jahre sogenannte Hausbeschauen vor, bei
denen die Einhaltung der Brandschutzordnung überprüft wurde. Normalerweise
hatte Burger sich als Sachverständiger stets kulant gezeigt.
Überraschenderweise auch mir gegenüber.
    Aber dieses
Mal war es anders gewesen. Er hatte zahlreiche Mängel festgestellt, deren
Behebung beträchtliche Kosten verursachen würde. Die Beweggründe für dieses
Handeln lagen freilich auf der Hand. Hatte er sich bei unserer letzten
Unterhaltung doch allzu sehr für mein Grundstück interessiert. Er brauchte es
für seinen Fuhrpark, wusste aber auch, dass ich es ihm unter normalen Umständen
niemals verkaufen würde. Nun aber würde ich Geld benötigen. Geld, das ich seines Wissens nach nicht hatte. Und damit hatte er auch recht . Nur wusste er eines nicht. Dass ich keinerlei
Renovierungen mehr durchzuführen gedachte. Denn der amtliche Bescheid räumte
mir eine Frist von sechs Monaten ein. Ich hatte mich bisweilen gewundert, dass
Burger nicht bereits mit einem unverschämten Angebot und noch unverschämteren Reden an mich herangetreten war.
    Endlich ging
die Tür zum Bordell auf, und Burger wankte heraus. Er hatte neben seinen
sexuellen Ausschweifungen offensichtlich auch einiges getankt. Das arme Mädel,
das seine Gegenwart hatte ertragen müssen, tat mir aufrichtig leid. Mit einiger
Schlagseite begab er sich

Weitere Kostenlose Bücher