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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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und auf einmal wusste sie, was sie sich sehnlicher wünschte als alles andere auf der Welt. »Ich wünschte mir, dass die Menschen, die ich liebe, nicht gestorben wären.«
    Die alte Frau stieß einen verärgerten Laut aus, ein Geräusch zwischen einem Schnauben und einem Knurren. »Der Wunsch taugt nichts. Das ist unmöglich. Du musst doch noch etwas anderes wollen. Dein Bruder hat das halbe Haus eingepackt … was hast du dir ausgesucht?«
    Lizzie Rose legte die Bücher auf das Bett. Cassandra runzelte die Stirn. »Was ist das? Shakespeare in drei Bänden? Bah!« Sie klappte die Bücher auf und wieder zu. »Du willst wirklich den Shakespeare haben? Ich fand seine Stücke schon immer langweilig.«
    »Mein Vater liebte Shakespeare«, erklärte Lizzie Rose. »Er hat immer gesagt, man könne Shakespeare sein Leben lang lesen, ohne seiner überdrüssig zu werden.«
    »Ich wäre seiner schon am Ende der ersten Seite überdrüssig«, giftete Cassandra. Sie schob die drei Bände beiseite und griff nach dem nächsten Buch. »Und was ist das? Ah, das hat schon etwas mehr Pfeffer!« Ein verschmitzter Ausdruck huschte über ihr Gesicht. » Tom Jones! Du liebes bisschen, wie bist du denn auf das Buch gekommen? Es ist« – ihr Mund verzog sich spöttisch – »nicht schicklich für eine junge Dame.«
    »Es muss schicklich sein«, entgegnete Lizzie Rose entschieden. »Das war Vaters Lieblingsroman.«
    »Hast du ihn gelesen?«
    »Nein, aber ich habe es vor.«
    Cassandra nickte. »Gut. Das wird dir deine naiven Augen öffnen. Und was hast du sonst noch gewählt? Ein paar Bücher, ein geliehenes Tigerfell und …?«
    »Eine Muschel«, sagte Lizzie Rose und griff in ihre Schürzentasche. »Ich fand, das war die schönste in der Vitrine. Sie erinnert mich an Brighton. Meine Eltern sind einmal mit mir nach Brighton gefahren.«
    Cassandra Sagredo legte die Muschel auf ihre Handfläche. Sie war ein Wunder an Schönheit: eine milchige Spirale mit einem orangerosafarbenen Herzen.
    »Das ist alles? Keine Juwelen?«
    Lizzie Rose dachte wehmütig an die Smaragdkette, die sie abgelehnt hatte. »Ich brauche keine Juwelen.«
    »Papperlapapp! Jede Frau braucht Juwelen! Was hast du noch in deiner Tasche?«
    Lizzie Rose holte das letzte und liebste Stück ihrer Wahl hervor, das Porträt in dem Elfenbeinrahmen. »Ich habe das hier in der Bibliothek entdeckt. Ich finde es so unglaublich hübsch …« Ihre Stimme stockte.
    Die Hand der Hexe schoss vor, die Finger gekrümmt. »Gib her!«
    Lizzie Rose gab die Miniatur heraus. Cassandra saß stocksteif da und starrte auf das Porträt in ihrer Hand. Ihr Kiefer arbeitete. Sie hob den Kopf und blickte Lizzie Rose fest an. »Du kleines Aas.«
    Lizzie Roses Kopf fuhr hoch. Sie hatte fast ihr gesamtes bisheriges Leben in Theatern verbracht, weshalb sie eine derbe Sprache nicht schockierte. Aber sie war es nicht gewohnt, wüst beschimpft zu werden. David Fawr hatte seine Frau und sein Kind vor derartigen Respektlosigkeiten abgeschirmt. Nicht einmal von Grisini, der sie geschlagen hatte, war sie mit derart groben Ausdrücken beleidigt worden. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Wie können Sie es wagen?«, ihre Stimme bebte vor Empörung. »Wie können Sie es wagen, so mit mir zu sprechen? Ich will Ihre Bücher nicht … oder Ihre Bilder … oder Ihr abscheuliches Geld! Ich lasse so nicht mit mir reden!«
    Sie drehte sich auf dem Absatz um und hastete in Richtung Tür. Aber zu ihrer Überraschung meldete sich Cassandra zu Wort. »Komm zurück!«, befahl die alte Frau. »Komm zurück! Wenn ich dich beleidigt habe, dann tut mir das leid!«
    Lizzie Rose verharrte mit den Händen auf den Türknäufen. Sie hatte es immer schon schwierig gefunden, hart zu bleiben, wenn man sich bei ihr entschuldigte. Sie wusste, dass das eine beklagenswerte Charakterschwäche war, aber sie konnte es nicht ändern.
    »Verzeih mir«, bat Cassandra noch einmal. Sie atmete keuchend, als kostete die Entschuldigung sie körperliche Kraft. »Du konntest es nicht wissen. Niemand weiß es.«
    »Was wissen?«, fragte Lizzie Rose.
    Cassandra vermied eine Antwort. Sie musterte Lizzie Rose, als würde sie sie zum ersten Mal sehen. »Gib mir deine Hand!«, forderte sie unvermittelt.
    »Warum?«, fragte das Mädchen, aber Cassandra streckte ihr schon die eigene, geöffnete Hand entgegen. Einen Augenblick später schob Lizzie Rose ihre raue Arbeitshand in die fleischige Pranke der alten Frau.
    Cassandra neigte den Kopf, zog die Brauen

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