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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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verstehe dich nicht«, sagte Lizzie Rose. »Du hast dich vor mir versteckt … und du lügst mich an, wenn ich wissen will, wo oder warum. Und du würdest Clara nie einfach irgendwo liegen lassen. Ich dachte, du gehst mir aus dem Weg, weil du böse auf mich bist. Aber du hättest mir ja kaum ein Weihnachtsgeschenk gemacht, wenn du böse wärst. Parsefall, was ist los? Waren die Dienstboten gemein zu dir? Hast du Angst vor Madama? Wenn du mir erzählst, was dich bedrückt, kann ich helfen … Du musst mir sagen, was los ist, denn ich will die Wahrheit wissen!«
    Parsefall schnitt eine Grimasse. Er nahm sich eine Scheibe Brot vom Teller und schmierte mit dem Zeigefinger Butter darauf, wobei er mit großer Gewissenhaftigkeit darauf achtete, dass die gesamte Fläche bis zum Rand bedeckt war. Er schindete Zeit. Lizzie Rose wusste das und sie vermutete, dass er wusste, dass sie das wusste. Schließlich murmelte er: »Ich wünschte, wir könnten zurück nach London.«
    »Zurück nach London?«, wiederholte Lizzie Rose. »Parse, das ist unmöglich. Die Polizei –«
    »Wir könnten vielleicht zum ollen Wintermute gehen«, schlug Parsefall verzweifelt vor. »Können wir ihm nich’ die Smaragde geben und ihn bitten, dass er den Bullen sagt, dass er sich getäuscht hat …?«
    »Ich glaube nicht, dass das funktioniert«, sagte Lizzie Rose. »Dr. Wintermute ist nicht die Sorte Mann, die der Polizei Lügen erzählt. Außerdem müssen wir auch an die Erbschaft denken. Madama hat Mrs Fettle gesagt, dass sie nach einem Advokaten schicken lassen will –« Lizzie Rose unterbrach sich abrupt. »Parsefall! Was ist mit deinem Ohr passiert?«
    Parsefall betastete sein zerfetztes Ohrläppchen und schaute unglaublich verschlossen drein. »Weiß nich’. Ich hatt ’ne Schramme und hab dran rumgekratzt.« Er unterstrich das Gesagte, indem er mit dem Fingernagel an dem Schorf herumzupfte.
    Lizzie Rose schüttelte es. Sie war selten zimperlich, aber den Anblick, wenn Parsefall an einer Wunde herumpulte, ertrug sie nicht. Er kratzte ständig daran. Wie ein Tier. Einmal hatte sie beobachtet, wie er einen Schorf in den Mund steckte und aß. »Hör auf damit! Das ist zu ekelhaft!«, schrie sie. »Hör auf, sonst fängt es wieder an, zu bluten!«
    Sie war einigermaßen überrascht, dass er gehorchte. Er langte über den Tisch und schnappte sich noch ein Würstchen. »Mir gefällt’s hier nich’«, klagte er. »Ich wollt nich’ weg aus London, aber der olle Wintermute war ja hinter uns her und du hast mich gezwungen und jetzt sitzen wir hier. Aber hier gibt’s nix für mich zu tun, außer im Haus rumzulaufen und rumzulaufen und zu schauen, was es zu zwicken gibt.« Parsefall deutete auf die Bibel, die auf dem Sofa lag. »Ich kann nich’ lesen so wie du. Ich kann nich’ rumsitzen und nähen wie ’n Mädchen. Hier gibt’s kein Publikum – es gibt ja nich’ mal Straßen – keine Schaubuden, keine Laterna magica, keine Egyptian Hall. Und es is’ kalt draußen und meine Stiefel sind dünn und ich versteh nich’, was die alte Lady mit den ganzen Bäumen will. Also lauf ich die ganze Zeit im Haus rum und dann kommst du und fängst ’n Theater an, von wegen was mich bedrückt. Ich bin nich’ bedrückt, aber das ewige Nixtun verhagelt mir zum Teufel noch mal die Laune.«
    Lizzie Rose stützte die Ellbogen auf den Tisch und es kümmerte sie nicht, dass sich das eigentlich nicht gehörte. Sie studierte Parsefall so aufmerksam, dass er die Nase rümpfte und ihr die Zunge rausstreckte. Er hatte neuerdings schwarze Schatten unter den Augen. Und er sah blass, ja sogar hässlich aus. Jeder einzelne Muskel in seinem Gesicht war angespannt. Sie hatte von ihm die Wahrheit verlangt, aber jetzt erkannte sie, dass sich das nicht erzwingen ließ. Je mehr Druck sie auf ihn ausübte, desto mehr würde er lügen. Und dass er log, daran bestand kein Zweifel. Er hatte vor etwas Angst, das konnte sie riechen. Was auch immer es war, sie hatte keine Möglichkeit, ihn zu schützen – jedenfalls nicht, solange er sich vor ihr versteckte.
    Ihr kam eine Idee. Sie seufzte kurz und wechselte das Thema. »Die Tage hier sind wirklich sehr lang. Wir sollten wieder mit den Puppen proben.«
    Parsefalls Augen leuchteten auf und Lizzie Rose fuhr schlau fort: »Wir müssen nur leise sein wegen Madama, aber wir sollten an dem neuen Programm arbeiten. Nur für den Fall, dass es doch keine Erbschaft gibt. Ich kenne die neuen Stücke nicht – zumindest nicht gut

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