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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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nie.«
    »Sie versucht, uns zu helfen«, sagte Parsefall mit leiser Stimme. »In der Nacht, wo Grisini da war, wollte ich ’nen Ort finden, wo er nich’ an mich rankommt. Und später bin ich direkt vor der Tür zum Turmzimmer aufgewacht und hatt ’nen Dietrich in der Hand. Ich glaub, Clara hat mir gesagt, da hinzugehen. Und als ich dann drin war –«
    »Du bist ins Turmzimmer gegangen?«
    »Ich hab schließlich ’n Versteck gebraucht, oder? Die Schlösser hier im Haus taugen nix. Jedes Kind kann die knacken. Aber die Tür vom Turmzimmer hat innen ’nen Riegel. Da kann Grisini nich’ reinkommen.« Parsefall schubste Ruby von seinem Schoß und stand auf. »Komm, ich zeig’s dir.«
    Lizzie Rose folgte ihm zur Tür, doch sie machte eine besorgte Miene. »Aber der Turm ist baufällig!«, warf sie ein. »Das hat Mrs Fettle gesagt. Sie meint …«
    Parsefall tat ihre Bedenken mit einem Schnauben ab. Er ging ihr durch den Korridor voraus und hielt ihr die Tür zum Turm auf. Sobald sie in der Kammer waren, legte er den Riegel vor. »Siehste?«, wisperte er. »Es is’ gar nich’ so schlecht.«
    Lizzie Rose schien seine Meinung nicht zu teilen. Sie sah sich im Zimmer um und bemerkte den zeltartigen Unterschlupf, den Parsefall sich gebaut hatte. Ihr Blick wanderte weiter zu den Spiegeln und schwarzen Lackpaneelen an den Wänden. Sie schritt den Raum ringsherum ab, betrachtete das Labyrinth aus roten Linien, die Zauberbücher in den Schränken und die Tarotkarten, die Parsefall vom Tisch gefegt hatte. »Parsefall, wie es hier riecht  …«, flüsterte sie.
    Parsefall schnüffelte höflich. Dann zuckte er leicht mit den Schultern.
    »Das ist … ein Hexenturm«, erklärte Lizzie Rose. »Es ist wahr, was Clara dir gesagt hat. Madama ist eine Hexe und Grisini ein schlechter Zauberer. Ich weiß nicht, was sie von uns wollen, aber es kann nichts Gutes sein.« Sie zog eine der Schubladen des Schranks auf, warf einen Blick hinein und ihr fröstelte. »Wir müssen hier weg.«
    Sie drehte leicht den Kopf. Vor dem dunklen Holz des Schranks schien ihr rotes Haar aufzulodern und ihr Gesicht war sehr blass. Zum ersten Mal wurde Parsefall bewusst, dass Lizzie Rose schön war. Er überlegte, eine Puppe so auf der Bühne zu präsentieren – reglos vor einem dunklen Hintergrund –, vielleicht Aschenputtel, in der Szene, in der es traurig und allein zurückbleibt, während die Stiefschwestern zum Ball aufbrechen.
    Da erst drangen Lizzie Roses Worte in sein Bewusstsein. »Wohin?«, rief er. »Wo sollen wir hin? Wir können nicht nach London zurück.«
    Lizzie Rose überlegte. »Wir gehen nach Carlisle.«
    »Was is’ Carlisle?«
    »Das ist eine Ortschaft im Norden«, sagte Lizzie Rose zögernd. »Sie liegt an der Eisenbahnstrecke. Als wir in dem Zweiter-Klasse-Waggon waren, habe ich mitbekommen, wie ein Herr zu einem anderen sagte, dass er bis nach Carlisle fahren würde.«
    »Warum gehen wir da hin?«
    »Weil Madama und Grisini damit rechnen, dass wir Richtung Süden aufbrechen. Sie wissen nicht, dass die Polizei in London nach uns sucht, weil du die Fotografie gestohlen hast. Sie erwarten ganz sicher, dass wir zu Mrs Pinchbeck zurückkehren. Also tricksen wir sie aus, indem wir nach Norden, nach Carlisle, fahren.«
    »Wie?«, fragte Parsefall. Er erinnerte sich an ihre Fahrt mit der Eisenbahn. Die Reise war ihm endlos und zermürbend erschienen, aber zumindest hatten sie ein konkretes Ziel gehabt. Dann dachte Parsefall an die weite, einsame Landschaft, die sie umgab – in seinen Augen war es die reinste Wildnis –, und er fragte sich, ob sie überhaupt einen Bahnhof finden würden.
    »Es wird nicht einfach«, gab Lizzie Rose zu, »aber hier in der Nähe muss irgendwo ein Dorf liegen. Ich habe die Kirchenglocken gehört. Also, wir machen uns auf die Suche nach dem Dorf und wenn wir irgendjemanden auf der Straße treffen, fragen wir nach dem Weg zum Bahnhof. Dort kaufen wir Fahrkarten dritter Klasse – ich habe noch etwas von den zehn Pfund vom Pfandleiher übrig.«
    Parsefalls Miene hellte sich auf. »Und wir haben Madamas Klunker«, erinnerte er sie.
    »Nein, ich denke, es ist besser, wenn wir nichts von Madamas Sachen mitnehmen. Sie sind zu wertvoll für uns. Überleg mal, Parsefall: Falls sie beschließt, uns verfolgen zu lassen, kann sie behaupten, dass wir die Sachen gestohlen haben. Niemand würde uns glauben, dass sie sie uns geschenkt hat.«
    »Und was is’ mit den Puppen?«
    »Die brauchen wir«, sagte Lizzie Rose

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