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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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auch war, er liebte das Spiel, Cassandras Absichten zu sabotieren. Doch während er noch zögerte, umschloss sie mit der rechten Hand ihr Medaillon. Eine fiebrige Hitze wallte in ihm auf.
    »Reden Sie!«
    Grisini seufzte. »Unter Juwelieren wurde er der Phönixstein genannt –«
    »Daran erinnere ich mich. Was haben Sie sonst noch herausgefunden?«
    »Vielleicht weniger, als Sie denken. Ich musste mir die Geschichte Stück für Stück zusammenreimen und sie ist bei Weitem nicht vollständig. Der Stein hatte einen schlechten Ruf unter Juwelieren. Er galt als Unglücksstein. Ich habe mich bei anderen Zauberern umgehört und schließlich hatte ich noch das Glück, in der Libreria Sansoviniana ein Pergament …«
    »Ersparen Sie mir die Sache mit Ihrem Glück. Was haben Sie herausgefunden?«
    Ihre Ungeduld machte ihn neugierig. Er wünschte, er hätte Zeit, darüber nachzudenken, was das zu bedeuten hatte. »Die Geschichte begann vor über dreihundert Jahren mit einer Hexenverbrennung.« Grisini hörte, wie sie Luft holte. »Der Legende nach besaß die Frau große Reichtümer. Der Feueropal war ein Schatz aus der Neuen Welt. Wie er in ihre Hände gelangte, weiß niemand. Aber es gab jemanden, der sie fürchtete oder ihr das Glück neidete, und so wurde sie der Hexerei bezichtigt. In einer Version heißt es, ihr Bruder habe sie angeklagt, in einer anderen, ihr Geliebter. Wer weiß das schon? Und spielt das letztlich eine Rolle? Entscheidend ist, dass sie schuldig gesprochen wurde und man ihr Vermögen eingezogen hat. Ihre Ländereien wurden beschlagnahmt und auch der Feueropal. Sie selbst hat man auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Mit ihrem letzten Atemzug legte sie einen Fluch auf jene, die sie bestohlen hatten.« Grisinis Blick wanderte zu Cassandras Gesicht. »Sie sind blass geworden. Was ist?«
    Er rechnete nicht damit, dass sie antworten würde, aber sie tat es, vielleicht aus demselben Grund heraus, der sie veranlasst hatte, ihn zu rufen. »Ich habe sie gesehen. Die Hexe, wie sie auf dem Scheiterhaufen brennt. In meinen Träumen und … wenn ich in den Spiegel sehe.«
    »Ach!« Er setzte sich auf. »Haben Sie auch die anderen gesehen?«
    Cassandra wandte sich von ihm ab und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. Der Saum ihres Morgenmantels strich kratzend über den Teppich. »Was meinen Sie mit ›die anderen‹?«
    »Die anderen Frauen, die verbrannt sind? Der Opal wird Phönixstein genannt, weil das Feuer immer wiederkehrt. Fast jede, die den Stein besaß, ist im Feuer gestorben. Eine Frau wurde vom Blitz getroffen. Eine andere kam in einem brennenden Haus um – das soll angeblich ein Unfall gewesen sein. Aber es gab Frauen, die sich selbst angezündet haben. Wahnsinnige, Selbstmörderinnen. Eine hinterließ einen Brief, in dem sie schrieb, die Frauen in ihrem Spiegel hätten sie um den Verstand gebracht.«
    Cassandra hielt abrupt inne. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und marschierte weiter. Die Schleppe ihres Mantels entrollte sich hinter ihr wie der Schwanz eines Skorpions.
    »Und jetzt kommt das Merkwürdige: Der Stein selbst entgeht jedes Mal den Flammen. Jedes Mal. Das ist Teil des Musters. Zuerst erbt oder stiehlt eine Frau den Stein. Sie gerät vielleicht nicht sofort in seinen Bann. Aber je länger sie den Stein trägt, je öfter er angefasst und vor allem je öfter er für Magie genutzt wird, desto stärker wird seine Macht. Mit der Zeit treibt er seine Besitzerin in den Wahnsinn und vernichtet sie.« Grisini warf Cassandra einen hämischen Blick zu. »Vor Jahren habe ich Sie gewarnt, oder nicht? Ihre Hand ist verbunden. Haben Sie Feuer gelegt? Oder sich vielleicht verbrannt?«
    »Nein.«
    »Aber Sie sehen die anderen Frauen im Spiegel.«
    Sie senkte den Kopf.
    »Heute wünschten Sie sich wahrscheinlich, dass ich den Stein vor all den Jahren gestohlen hätte.«
    »Ich frage mich«, sagte sie sehr langsam, »ob Sie ihn jetzt stehlen könnten.«
    Das war eine Aufforderung. Sie kam über den Teppich auf ihn zu, stockend, als bereitete ihr jeder Schritt Schmerzen. Grisini wurde von einer Woge rasender Gier gepackt. Trotz seines Wissens über den Stein, trotz des Banns, mit dem Cassandra ihn belegt hatte, schoss seine Hand vor. Seine Finger zitterten. Die Hexe beugte sich über ihn, damit er nach dem Medaillon greifen konnte. Seine Hand umschloss die goldene Kette.
    Unvermittelt zuckte Cassandra zurück, entriss sie ihm wieder, sodass seine Fingerspitzen brannten. Cassandra schien vor seinen Augen

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