Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
Vom Netzwerk:
zu flirren und anzuschwellen. Sie war eine Riesin, von Flammen umhüllt. Er bildete sich ein, ins Innere des Medaillons blicken zu können, wo der rote Stein wie ein rasendes Herz pulsierte. Um ihn herum wurde es schwarz und er fiel in Ohnmacht.
     
    Als er die Augen wieder aufschlug, hatte sich die Hexe von ihm entfernt. Aus den Narben auf seinen Wangen quoll Blut und sein Hinterkopf fühlte sich weich und empfindlich an. »Ihr Zauber wirkt nach wie vor«, sagte Grisini bitter, und Cassandra seufzte in einer Mischung aus Enttäuschung und Erleichterung.
    »Damals in Venedig haben Sie gesagt, es sei denn «, erinnerte sie ihn. »Sie haben mir gesagt, der Stein würde mich vernichten, es sei denn  … Was haben Sie damit gemeint?«
    Grisini fühlte sich zu elend, um zu sprechen. Er spürte, dass Blut durch den Verband um seinen Kopf sickerte.
    »Antworten Sie mir! Das Feuer wird mich vernichten, es sei denn. Es sei denn, was?«
    »Es sei denn, der Feueropal wird gestohlen.«
    Hoffnung flackerte in ihrem Gesicht auf, wich jedoch sogleich einem Ausdruck von Misstrauen.
    »Sie haben versucht, ihn zu stehlen, und es war unmöglich«, hielt Cassandra entgegen.
    »Ich war kein Kind.«
    Langsam verschwamm alles vor seinen Augen, aber er nahm noch die plötzliche Veränderung ihres Gesichtsausdrucks wahr. Es schien, als hätte sie gerade etwas begriffen, das ihr bislang nicht klar gewesen war. Grisini wagte sich mit einer Vermutung vor. »Sie haben den Stein gestohlen, nicht wahr? Waren Sie damals nicht noch ein Kind?«
    »Ich war dreizehn.«
    Eine Idee schoss ihm durch den Kopf. Am liebsten hätte er in die Hände geklatscht, lauthals gelacht und mit den Füßen getrampelt vor Begeisterung. Auf einmal sah er eine Möglichkeit, wie er sich die Macht des Feueropals verschaffen könnte – nur die Macht des Opals, ohne seinen Fluch. Er dachte an die Kinder, die er eigentlich hatte loswerden wollen, weil er sie für nutzlos hielt. Jetzt erschienen sie ihm überhaupt nicht mehr nutzlos. Er schloss die Augen und wagte kaum, zu atmen. Cassandra durfte den Triumph in seinem Blick nicht sehen. Er überlegte, was er sagen könnte, um sie abzulenken.
    »Dreizehn«, wiederholte er, »richtig! Sie waren noch ein Kind, aber auf der Schwelle zur jungen Frau. Eine außergewöhnliche Zeit im Leben. Denn ein Kind glaubt alles! Und fühlt alles! So viel Leben, Instinkt, Energie – und dann regen sich die ersten erwachsenen Triebe. Alles ist Potenz und Unbeständigkeit! Warum opfern manche Säuglinge in einer schwarzen Messe? Weil es ihnen das Gefühl der Gottlosigkeit gibt. Schön und gut, aber wie viel Kraft steckt schon in einem Säugling? Wer nach Macht strebt, findet sehr viel mehr Macht in Kindern! Die Frauen, die nicht im Feuer umkamen, haben überlebt, weil ihnen der Phönixstein gestohlen wurde. Und die Diebe waren immer Kinder!« Grisini war außer Atem. »Als ich versucht habe, Ihnen den Stein zu stehlen … ist es misslungen … ich war dreiundzwanzig … ich war zu alt …« Das Zimmer verdunkelte sich. Er keuchte mit offenem Mund wie ein Hund.
    Cassandra eilte an sein Bett. Sie hielt mit einer Hand das Medaillon umschlossen und presste die andere an seine Wange. Grisini wusste, dass sie ihn nur heilte, um ihn weiter befragen zu können. Trotzdem genoss er das herrliche Gefühl von Wärme. Er hätte sich ihm gern ganz hingegeben, aber er zwang sich, nachzudenken. Wie konnte man die Kinder dazu bringen, hierher zu Cassandra zu kommen? Er könnte ihnen vom Krankenbett aus schreiben. Allerdings wären sie wohl kaum willens, seiner Einladung zu folgen. Bei ihrer letzten Begegnung hatte Parsefall ihn getreten und er hatte Lizzie Rose geschlagen.
    Es herrschte einige Minuten Schweigen, bis Cassandra wieder das Wort an ihn richtete. »Glauben Sie wirklich, ein Kind könnte den Phönixstein stehlen?«
    Grisini war jetzt für diese Frage gewappnet. »Einen Versuch ist es wert. Der glückliche Zufall will es, dass ich Ihnen mit zwei Kindern zu Diensten sein kann. Meine Lehrlinge in London. Sie haben ungefähr das richtige Alter, und der kleine Junge ist ein geschulter Taschendieb. Zeigen Sie ihm Ihre Juwelen und erlauben Sie ihm, sich im Haus frei zu bewegen. Er wird Sie bestimmt nicht enttäuschen.«
    Cassandra wirkte skeptisch. »Ein kleiner Junge?«
    »So klein nun auch wieder nicht. Er ist alt genug, um unehrlich zu sein. Ich habe Parsefall vor fünf Jahren aus dem Arbeitshaus geholt. Ein schlauer Bursche, ein guter Dieb und ein

Weitere Kostenlose Bücher