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Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition)

Titel: Clara und die Magie des Puppenmeisters (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Amy Schlitz
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regte sich nie. Clara stellte sich vor, wie sie die Stimme hob: Lizzie Rose, ihr seid in Gefahr! Hol Parsefall und verlasst Strachan’s Ghyll!
    Sie erhielt keine Antwort. Clara dachte an Cassandras Worte: Damit ein Zauber funktioniert, bedarf es Leidenschaft – Angst oder Begierde oder Wut  …
    Clara betete, dass ihre Leidenschaft stark genug war. Sie dachte die Sätze ein weiteres Mal: Eindringlich versuchte sie, begreiflich zu machen, wie unmittelbar die Gefahr drohte. Dann wandte sie sich von Lizzie Rose ab und ging denselben Weg zurück. Abermals öffnete und schloss sie die Tür. Es war ihr beinahe, als könnte sie das Klicken des Türriegels hören und das dumpfe Geräusch, mit dem die Tür im hölzernen Rahmen zuschlug. Ich habe Lizzie Rose gewarnt, dachte Clara und hoffte inständig, dass das auch stimmte. Jetzt muss ich Parsefall warnen .
    Sie huschte durch den Korridor und öffnete die Tür zum Grünen Zimmer – klick, rums  – und ging zu Parsefalls Schlafstätte vor dem Kamin. Parsefall! Hör mir zu! Ich bin es, Clara! Ich bin gekommen, um dich zu warnen! Madama ist eine Hexe und der Feueropal bringt Unheil!
    Parsefall zuckte im Schlaf, und Claras Herz machte einen Sprung. Hatte er sie gehört? Vielleicht im Schlaf, in seinen Träumen … Sein Gesicht war blass. Clara stellte sich vor, wie sie sich neben ihn kauerte und seine Hand berührte, um ihn zu wecken. Sie verspürte mit einem Mal das liebevolle Bedürfnis, ihn zu beschützen.
    Unvermittelt veränderte sich das Bild vor ihrem inneren Auge. Sanft glitt sie in Parsefalls Gedanken – das war so mühelos, wie ihre Hände in einen Muff zu schieben. Das Grüne Zimmer verschwand, und sie fand sich in seinem Traum wieder, sah die dunklen Schatten, die ihn im Schlaf heimsuchten.
    Sein Traum war kein angenehmer. Clara stand neben ihm im Schlafsaal eines finsteren Backsteingebäudes. Der Raum wirkte trostlos und gefängnisartig, und sie begriff, dass sie sich ein weiteres Mal im Arbeitshaus befanden. Parsefall war klein in seinem Traum, nicht älter als fünf Jahre. Sein Kopf war kahl geschoren und er presste ein Lumpenbündel an seine Brust. Es hatte eine menschliche Gestalt: eine Puppe.
    Clara legte ihm die Hand auf die Schulter. »Parsefall!«
    Er blinzelte ratlos, als wüsste er nicht, wer sie war. »Eppie?«
    »Nein«, erwiderte Clara. »Ich bin Clara. Hör mir zu, Parsefall …«
    Seine Gesichtszüge verschwammen. Clara sah ihn wie durch einen Wasserfall. Schließlich beruhigte sich das Wasser und ein älterer Parsefall stand vor ihr. Er war größer und blickte ihr direkt in die Augen. Clara sprudelte hastig los: »Parsefall, hör mir zu! Der rote Stein, den Madama am Hals trägt – der Feueropal –, du darfst ihn nicht an dich nehmen! Egal, was passiert, du darfst nicht. Er ist gefährlich.«
    »Warum?«
    »Madama will, dass du ihn dir nimmst. Er fügt ihr Leid zu. Er wird dir Leid zufügen.« Clara suchte nach einem anderen Weg, um es Parsefall zu erklären. »Erinnerst du dich an den Flaschengeist in dem Stück? Der Stein ist genauso: Er besitzt Macht, aber es ist eine böse Macht. Also musst du dich davon fernhalten und du musst Lizzie Rose warnen –« Clara brach abrupt ab, denn Parsefall veränderte sich erneut. Sein Körper schrumpfte und er war wieder ein kleiner Junge.
    »Wer bist du?«, fragte Parsefall. Seine Stimme klang höher und seine Aussprache undeutlicher. »Wo is’ Eppie?«
    »Wer ist Eppie?«, fragte Clara. Doch noch bevor er antwortete, wusste sie es.
    »Eppie is’ meine Schwester«, erwiderte Parsefall. Sein Gesicht verzog sich und er begann zu weinen. »Sie hat mir ihre Stoffpuppe gegeben. Sie is’ tot«, stieß er hervor, und sein Weinen steigerte sich zu einem Heulen von abgrundtiefer Verzweiflung.
    Augenblicklich schlang Clara ihre Arme um ihn. Sie drückte seinen Kopf an ihre Brust und hielt ihn so sanft und fest, wie sie nur konnte. Es war, als würde sie einen Vogel ohne Federn mit ihren Armen umfangen, er war nichts als Atem und Knochen.
    »Wein nicht, ach, bitte wein nicht«, flüsterte sie mit einfältiger Zärtlichkeit, doch sein Körper löste sich auf. Sie hing wieder am Puppengalgen im Grünen Zimmer. Die Verbindung zwischen ihnen war abgerissen.
    Clara kämpfte, um sie wiederherzustellen. Sie wiederholte ihre Warnung und hoffte, sie ihm so eintrichtern zu können. Parsefall, hör zu! Ihr seid hier in Gefahr! Nehmt den Feueropal nicht! Er ist wie der Flaschengeist! Aber Parsefall war schon

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