Clara
geschwängert, und dessen Vater ist durchgetickt.«
Toppe mußte nun doch lachen. »Ich hab gar nicht gewußt, daß du Courths-Mahler liest. Nein, im Ernst, ich habe vorhin gedacht, Grieth ist so eng, die Straßen sind schmal. Und die Häuser stehen so dicht, daß man sich gegenseitig in den Kochtopf spucken kann. Wenn Poorten dort zusammengeschlagen worden ist, dann hat das garantiert jemand mitgekriegt.«
»Da is’ wat dran«, bestätigte Ackermann und feixte dann. »Mensch, dat is’ überhaupt die Idee, die MegaIdee! Wie war et denn, wenn wer dat einfach ma’ antesten? Wir markieren ’ne kleine Schlägerei un’ kucken, ob dat einen ausse Stube lockt.«
Toppe tippte sich an die Stirn. »Wie wäre es, wenn wir einfach den normalen Weg gehen und die Leute fragen?«
»Langweilig wär dat«, knurrte Ackermann.
Es war deutlich wärmer geworden, und Astrid ließ ihren Schal im Auto. »Heute ist hier ja richtig was los.«
Auf dem Griether Marktplatz stand ein Reisebus mit Kölner Kennzeichen. Menschen waren unterwegs, eine Gruppe Rollstuhlfahrer, mehrere alte Leute an Stöcken, zwei jüngere mit Gehstützen, Frauen mit kleinen Kindern. Alle strebten in dieselbe Richtung.
Bei Lambertz hatte man die Fenster geputzt und auf dem Bürgersteig ein Schild aufgestellt: Devotionalien – täglich Sonderangebote.
Toppe schaute die Schloßstraße entlang. Nicht nur Lambertz machte seine Geschäfte. Seidenblumen und Gestecke, Ihr persönliches Foto – vom Fachmann, Kerzen – handgezogen. Echt Bienenwachs, überall standen jetzt Schilder und Tafeln vor den Häusern.
Sie sahen sich an. »Das ist ja fast schon wie in Kevelaer«, meinte Astrid verwundert. »Was soll’s? Wo fangen wir an?«
»Egal, eigentlich.« Toppe zuckte die Achseln. »Bleiben wir doch gleich in dieser Straße. Die haben wir schnell durch.«
Das stimmte, an der ganzen rechten Seite zog sich die Mauer entlang, hinter der der Albershof lag.
»Wir trennen uns. Immer ein über das andere Haus.«
»Ja, gut, ich nehme das erste«, sagte Astrid und schielte schon nach dem Klingelschild.
»Warte.« Toppe hielt sie fest und grinste über ihren Eifer. »Um halb eins treffen wir uns in dem Restaurant am Deichtor.«
»Sehr wohl, Chef«, knickste sie und legte den Finger auf den Klingelknopf.
Es dauerte eine Zeit, bis sie endlich schlurfende Schritte im Haus hörte und jemand sich daran machte, die Sicherheitskette und eine Anzahl von Riegeln zu lösen. Ein älterer Mann mit geschorenen Haaren und einem Chaplinbart öffnete die Tür. »Bitte?«
»Guten Morgen. Sind Sie Herr Schmitz?«
Er musterte sie vom Kopf bis zu den Füßen und wieder zurück. »Der bin ich. In voller Lebensgröße.«
So weit ist es damit ja nicht her, dachte Astrid. »Steendijk von der Klever Kripo.«
Sofort verschwand das Wohlwollen aus seinem Blick. »Und?« Er schloß die Knöpfe an seiner braunen Strickjacke. Sie spannte über dem Bauch und hatte mehrere Brandlöcher. »Was wollen Sie von mir?«
»Vielleicht können Sie uns helfen. Wir ermitteln in einem Mordfall und hätten da ein paar Fragen.«
»Kommen Sie rein«, drehte er sich um und überließ es ihr, die Haustür zu schließen.
Das Wohnzimmer war lange nicht gelüftet worden. Auf dem Teppichboden lag ein greller Perserteppich, darauf an der Tür noch ein Läufer in anderem Muster. Mit dem schwarzen Schrank, einer Musiktruhe, auf der der Fernseher stand, einem durchgesessenen Sofa mit Tisch und dem Ohrensessel war der Raum gepackt voll.
Schmitz ließ sich schwerfällig im Sessel nieder und deutete auf das Sofa. Astrid setzte sich vorsichtig auf die Kante, sank aber trotzdem tief ein. Sie nahm ihren Notizblock aus der Tasche und legte ihn vor sich auf den Tisch. Die Tischdecke war aus wolliger Synthetik und irgendwann einmal hellgelb gewesen. In einem großen Handelsgold-Aschenbecher qualmte eine Zigarre vor sich hin. Die Tageszeitung lag aufgeschlagen.
Schmitz war achtundsechzig Jahre alt und Rentner; früher hatte er als Dachdecker gearbeitet.
»Sie waren schon ein paarmal hier im Dorf, wie?« Es war eine Feststellung. »Und es soll um die Wasserleiche von Spyck gehen.«
»Ja«, bestätigte Astrid, »genau. Kannten Sie den jungen Mann?«
»Ich?« Er lachte tonlos. »Woher soll ich den denn gekannt haben? Nee, nee, Frau, da sind Sie bei mir an der falschen Adresse.«
Sie fragte ihn nach dem Abend des 9. Februar.
»Wann soll das gewesen sein? Vor vierzehn Tagen? Und was war das für ein Wochentag?«
»Ein
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