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Clara

Clara

Titel: Clara Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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gezückt.
    »Ich habe doch noch gar nicht in die Karte geguckt«, wunderte sich Astrid.
    »Warten Sie.« Toppe hielt die Kellnerin auf und schob Astrid die Karte zu. »Das geht schnell.«
    Sie überflog das Menü, während sie sich aus dem Mantel schälte. »Gemüselasagne für mich.«
    »Und der Herr?« klopfte die Bedienung den Bleistift auf den Block. Ihr Zorn traf ihn zu unrecht. »Rinderbraten, bitte.«
    »Getränke?«
    »Pils«, sagten beide.
    Astrid sah der Frau mißbilligend hinterher. Toppe zündete sich eine Zigarette an. »Du siehst nicht sonderlich zufrieden aus.«
    »Du auch nicht«, gab sie zurück und nahm ihm die Zigarette aus der Hand.
    Er holte sich gereizt eine neue aus der Schachtel. »Wie auch? Offensichtlich gehen die Leute hier im Dorf mit den Hühnern zu Bett, oder sie sehen fern, aber dann liegt das Wohnzimmer nach hinten raus.«
    »Oder«, ergänzte Astrid, »sie waren am 9. gar nicht zu Hause, und manche sind sowieso schwerhörig. Auf jeden Fall haben sie alle Ralf Poorten noch nie in ihrem Leben gesehen.«
    »Genau. Nicht zu vergessen, daß man schon immer Schwierigkeiten mit dem Gedächtnis hatte.«
    ». und daß in diesem Ort anständige Leute wohnen, die Schlägereien nur vom Hörensagen kennen. Ich weiß, aber deshalb mußt du doch nicht mich so wütend angucken.«
    Sie holten ihre Notizen heraus und verglichen die Ergebnisse, bis das Essen kam.
    Die Kellnerin hatte sich wieder beruhigt und servierte mit professionellem Lächeln.
    »Ist bei Ihnen immer soviel los?« wollte Toppe wissen.
    »Zwei-, dreimal die Woche bestimmt«, meinte sie. »Wenn die Busse kommen.«
    »Haben Sie Verträge mit den Busunternehmen?«
    Sie sah ihn herablassend an – bis zu ihr war es wohl noch nicht durchgedrungen, daß Polizei im Ort war.
    »Da müssen Sie schon die Chefin fragen«, sagte sie spitz und warf einen kurzen Blick zur Theke. Dort dirigierte und herrschte eine gesträhnte Blondine, die Russ Meyer vom Fleck weg engagiert hätte, wenn sie ein paar Jahre jünger gewesen wäre.
    »Danke sehr«, antwortete Toppe höflichst.
    Die Suppe war gut.
    »Bis auf die Lehrerin sind alle unheimlich mißtrauisch und ablehnend«, meinte Astrid. »So langsam kriegt man das Gefühl, als hätten die sich alle miteinander abgesprochen.«
    »Ach was, so was gibt es nur im Krimi. Die Leute finden einfach, daß wir hier nichts verloren haben. Außerdem wollen die uns demonstrieren, wie intakt ihre Gemeinschaft ist. Das haben wir auf dem Dorf doch schon öfter so erlebt. Was mir komisch vorkommt, ist, daß hier an dem bewußten Freitag überhaupt nichts los gewesen sein soll. Bis jetzt habe ich noch keinen Menschen gesprochen, der nach acht Uhr abends auf der Straße war. Das gibt’s doch gar nicht.«
    »Na, zumindest die Leute vom Jugendkreis waren unterwegs.«
    »Und in der Kneipe muß doch auch Betrieb gewesen sein.«
    »Also gut«, seufzte Astrid ergeben. »Bevor wir weiter durch die Straßen ziehen, frage ich den Kaplan noch mal.«
    »Und ich spreche mit dem Kneipenwirt, diesem Lambertz.«

    Die Treppe vom Restaurant auf die Straße hinunter war lang und steil, und Toppe blieb auf der vorletzten Stufe mit dem Absatz hängen. Er konnte sich gerade eben noch abfangen, schrabbte aber mit der linken Hand an der Hauswand entlang. Entsetzt starrte er auf die tiefe Schürfwunde und ließ sich auf die unterste Treppenstufe fallen.
    »Oh Gott«, kam Astrid zurückgelaufen. »Das sieht ja scheußlich aus. Tut’s sehr weh?«
    Er hielt die Augen geschlossen und strengte sich an, ganz ruhig und tief zu atmen. Wenn er starke Schmerzen hatte, vor allem, wenn er sein eigenes Blut sah, kippte ihm regelmäßig der Kreislauf weg. Das war etwas, was Astrid bisher noch nicht miterlebt hatte und was er ihr auch gern weiterhin verschwiegen hätte.
    Sie legte die Hände um seinen Kopf. »Mensch, du bist weiß wie die Wand. Hast du dir sonst noch was getan?«
    Langsam öffnete er die Augen, die Erde drehte sich schon weniger schnell.
    »Nein, nur die Hand«, sagte er heiser.
    »Verdammt, das blutet ganz schön. Warte, ich tu dir ein Tempo drauf.«
    »Bloß nicht! Das klebt doch fest. Ich nehme mein Taschentuch.«
    Es war groß genug, daß sie es umbinden und verknoten konnte. »Prima«, meinte sie lebhaft, als er vorsichtig aufstand. »Sieht doch hübsch dramatisch aus.«
    Sie hatten keine Ahnung, wo der Kaplan wohnte, also klingelte Astrid beim Pfarrhaus. Toppe wartete mit ihr vor der Tür, er war neugierig auf den sportlichen Pastor,

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