Clara
aber der bot heute ein unspektakuläres Bild und war in Eile. »Der Kaplan wohnt bei mir im Haus.« Er drückte lange auf den oberen Klingelknopf und rief gleichzeitig die Treppe hoch: »Stefan! Hier ist jemand für dich!« Dann war er schon mit einem Satz auf dem Bürgersteig. »Ich muß zu einer Letzten Ölung«, sagte er noch.
Toppe sah ihm nach, wie er mit flatterndem Mantel die Straße hinunterlief, und ging dann die drei Schritte bis zur Kneipe.
Es war schon halb vier, als sie endlich ins Auto stiegen und den Ort hinter sich ließen.
»Du zuerst«, sagte Toppe.
»Okay, was den Jugendkreis angeht, ist tote Hose, aber ich habe andere Sachen rausgefunden.«
Grieth hatte einen anscheinend recht bekannten Kirchenchor, der regelmäßig im Xantener Dom sang und auch schon mal größere Konzerte gegeben hatte. Jeden Freitag traf man sich in der Griether Kirche von 19.30 Uhr bis 21 Uhr zur Probe. Auch am Freitag, dem 9. Februar war der Chor vollzählig gewesen. Astrid hatte sich vom Kaplan die Namen aller Mitglieder geben lassen. Kaum einer wohnte in Grieth, die meisten kamen von außerhalb, aus Kalkar, Kleve und Goch. Insgesamt waren es zweiunddreißig Leute. Sie konnten sich leicht ausrechnen, wie lange es dauern würde, bis man alle zu dem Freitag abend befragt hatte.
»Interessant ist vielleicht eine Sache«, meinte Astrid zum Schluß, aber sie hörte sich müde und überdrüssig an. »Magda und Bernhard Mühlenbeck singen auch im Chor. Das sind die Leiter von Haus Barbara.«
Toppe verzog das Gesicht. Die Wunde an seiner Hand klopfte wie verrückt.
»Ich habe auch was: An jedem zweiten Freitag im Monat trifft sich hier der CDU-Ortsverband, also auch am 9. Februar, und zwar im Gemeindesaal schräg gegenüber vom Pfarrheim. Das habe ich beim Wirt erfahren. Die Sitzungen fangen um siebzehn Uhr an, Ende offen. Ein paar Parteimitglieder gehen hinterher bei Lambertz immer noch einen trinken. Er meinte, an dem Freitag müßte das so kurz nach acht gewesen sein. Ich muß mir morgen die Namen der Mitglieder besorgen. Lambertz fielen nicht alle ein. Auf jeden Fall gehört der alte Albers dazu. Er ist sogar stellvertretender Vorstandsvorsitzender. Wann die einzelnen Leute aus der Kneipe raus sind, konnte Lambertz mir nicht sagen. Freitags wäre zuviel los.« Toppe nahm den Blick von der Straße und sah Astrid an. »Auch auf die Gefahr hin, daß jetzt ich mich wie in einem Krimi anhöre, der Mann gefällt mir nicht. Könnte durchaus sein, daß er nicht alles sagt, was er weiß. Ein schmieriger Typ.«
Heinrichs war nicht im Büro, es war auch keine Nachricht auf dem Anrufbeantworter. Dafür lehnte ein Zettel an Toppes Telefon: Habe zwei Stunden gewartet und die Akten durchgearbeitet; den Rest mitgenommen. Ab morgen wieder im Einsatz. MfG Norbert.
Sie setzten sich an ihre Schreibmaschinen und schrieben ihre Berichte. Auch Astrid faßte sich kurz.
Als sie auf den Hof rollten, stieg Peter Keller gerade in sein Auto, aber er grüßte nicht, sah nicht einmal auf.
Toppe ging gleich durch in die Küche. Gabi stand am Tisch und sah ihm entgegen. »Ach, du bist es!« Dann fiel ihr Blick auf seine Hand mit dem blutigen Taschentuchverband. »Was hast du denn gemacht? Zeig mal her.« Behutsam löste sie den Knoten und sah ihn an. »Bist du umgekippt?« flüsterte sie.
»Nee, ich konnte mich gerade noch setzen«, antwortete er leise. »Laß doch, ist nicht so schlimm. Aber was ist mit dir? Krach gehabt?« Er legte ihr den Arm um die Schultern.
»Ja, das leidige Thema«, meinte sie, noch immer wütend. »Peter will unbedingt heiraten, und ich denke nicht daran. Teufel, noch mal, warum kapiert der das nicht endlich!«
Toppe lächelte und nahm sie in die Arme, spürte, wie sie weich wurde. Dann aber hielt sie ihn fester, drängte sich gegen ihn. Seine Hände glitten tiefer.
»Oh«, flüsterte sie, den Mund an seinem Ohr, »ich wußte gar nicht, daß du noch so empfänglich bist.«
»Ich auch nicht.«
Sie preßte sich dichter an ihn, er fühlte ihr Becken, ihren Busen und ihren Atem an seinem Hals.
»Du hast dich ganz schön verändert.«
Sie nahm den Kopf zurück und lachte. »Stimmt! Gott sei Dank, nicht wahr?«
Dann küßte sie ihn.
»Störe ich?« fragte Astrid.
Gabi ließ Toppe los. »Quatsch! Bloß eine kleine Trostaktion: aufgeschürfte Hand gegen Beziehungskrise. Scheint heute nicht mein Tag zu sein.« Mit beiden Händen strich sie sich das Haar zurück. »Ich war schon auf hundertachtzig, bevor Peter kam. Guckt
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