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Claraboia oder Wo das Licht einfaellt

Claraboia oder Wo das Licht einfaellt

Titel: Claraboia oder Wo das Licht einfaellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: José Saramago
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Dass sie bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sind oder sich getrennt haben, weil sie nicht miteinander leben konnten. Entscheiden Sie. So oder so, es kommt auf dasselbe heraus: Ich war allein. Wenn Sie die zweite Möglichkeit gewählt haben, könnten Sie sagen, ich hätte doch bei einem von beiden bleiben können. Wenn es so ist (wir sprechen von der zweiten Möglichkeit), sollten Sie sich vorstellen, dass ich bei keinem von ihnen bleiben wollte. Vielleicht, weil ich sie nicht liebte. Vielleicht, weil ich sie beide in gleichem Maße liebte und mich nicht zwischen ihnen entscheiden konnte. Sie dürfen denken, was Sie wollen, denn, ich sage es noch einmal, es kommt auf dasselbe heraus: Ich war allein. Mit sechzehn (erinnern Sie sich?), mit sechzehn ist das Leben wunderbar, zumindest für manche Menschen. Ich sehe Ihrem Gesicht an, dass das Leben für Sie in diesem Alter nichts Wunderbares mehr war. Für mich schon, leider, und ich sage leider, weil mir das nichts nützte. Ich ging von der Schule ab und suchte mir eine Arbeit. Verwandte auf dem Land wollten mich bei sich aufnehmen. Ich lehnte ab. Ich hatte mit Lust von der Frucht der Freiheit und des Alleinseins gekostet und war nicht bereit, mir das nehmen zu lassen. Damals wusste ich noch nicht, dass diese Frucht auch ziemlich bittere Stellen hat … Langweile ich Sie?«
    Silvestre verschränkte die muskulösen Arme vor der Brust und antwortete:
    »Nein, und das wissen Sie genau.«
    Abel lächelte.
    »Sie haben recht. Also weiter. Für einen Jungen von sechzehn Jahren, der nichts weiß – und was ich wusste, war so viel wie nichts – und entschlossen ist, allein zu leben, ist es nicht so einfach, eine Arbeit zu finden, auch wenn er nicht wählerisch ist. Ich war nicht wählerisch. Ich nahm das Erste, was sich mir bot, und das fand sich in einer Anzeige, in der eine Hilfe für ein Café gesucht wurde. Es gab ziemlich viele Bewerber, wie ich dann erfuhr, aber der Chef entschied sich für mich. Ich hatte Glück. Vielleicht spielten bei der Entscheidung mein sauberer Anzug und meine bescheidene Art eine Rolle. Als ich später eine neue Stelle suchte, machte ich die Gegenprobe. Ich trat ungepflegt und unhöflich auf … Man würdigte mich keines Blickes. Ich verdiente damals gerade genug zum Verhungern. Aber ich hatte Reserven aus sechzehn Jahren guter Ernährung und hielt durch. Als meine Reserven aufgebraucht waren, sah ich keine andere Lösung, als meine Mahlzeiten mit Kuchen meines Chefs zu vervollständigen. Heute kann ich keinen Kuchen sehen, ohne dass ich Brechreiz bekomme. Spendieren Sie mir noch einen Likör?«
    Silvestre schenkte ihm ein. Abel benetzte sich die Lippen und fuhr fort:
    »Natürlich wäre selbst die ganze Nacht zu kurz, wenn ich mich weiter bei solchen Einzelheiten aufhielte. Es ist schon nach eins, und ich bin noch bei meiner ersten Stelle. Ich hatte viele verschiedene, und deshalb habe ich Ihnen gesagt, dass ich keinen festen Beruf habe. Zurzeit bin ich Aufseher auf einem Bau in Areeiro. Was ich morgen sein werde, weiß ich nicht. Vielleicht arbeitslos. Es wäre nicht das erste Mal … Ich weiß nicht, ob Sie wissen, was es heißt, keine Arbeit, kein Geld und keine Wohnung zu haben. Ich weiß es. Einmal wurde ich in so einer Situation für den Militärdienst gemustert. Ich war körperlich derart geschwächt, dass ich nicht genommen wurde. Ich war einer von denen, die das Vaterland nicht wollte … Mir machte das nichts aus, das gebe ich offen zu, auch wenn es von Vorteil gewesen wäre, Essen und Bett garantiert zu haben. Kurz darauf fand ich wieder eine Arbeit. Sie werden lachen, wenn ich Ihnen sage, als was. Ich wurde Vertreter für einen Wundertee, der jede Krankheit heilte … Das finden Sie nicht lustig? Hätten Sie mich reden hören, dann hätten Sie es lustig gefunden. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel gelogen, und ich habe nicht geahnt, dass so viele Menschen bereit sind, Lügen zu glauben. Ich bereiste einen großen Teil des Landes und verkaufte Leuten, die an mich glaubten, meinen Wundertee. Ich hatte nie ein schlechtes Gewissen. Der Tee schadete niemandem, das kann ich versichern, und meine Worte schenkten den Leuten, die ihn kauften, so viel Hoffnung, dass ich denke, eigentlich sind sie mir noch Geld schuldig. Denn Hoffnung kann man gar nicht teuer genug bezahlen …«
    Silvestre nickte zustimmend.
    »Sie geben mir recht, nicht wahr? Also, das wäre es. Noch mehr aus meinem Leben zu erzählen ist fast sinnlos.

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