Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis
weiß, weil ich mir ein halbes Fass Whiskey in den Magen gegossen habe. Aber das haben Whittler und die beiden nicht umsonst gemacht. Ich werde mir die Burschen kaufen und ihnen zeigen, was man davon hat, sich mit den Carmacks anzulegen.«
»Das wirst du schön bleiben lassen«, warnte ihn Clarissa. »Sie sind zu zweit, und du bist noch viel zu schwach, dich mit solchen Schurken anzulegen. Ich will nicht, dass du auch noch in die Sache reingezogen wirst. Ich werde Whittler so laut meine Meinung sagen, dass es jeder hört, und den Marshal auf ihn hetzen, wenn er uns nicht in Ruhe lässt. Alles andere bringt nichts. Mit Gewalt kommen wir gegen Thomas Whittler nicht an, weil er genug Geld hat, um immer wieder neue Schurken auf unsere Spur zu setzen. Und mit faulen Tricks besiegen wir ihn auch nicht. Wer weiß, wen er auf seiner Lohnliste stehen hat. Ich würde für keinen die Hand ins Feuer legen …«
Alex war wohl der gleichen Meinung, nahm aber seinen Revolver aus der Anoraktasche und steckte ihn hinter seinen Gürtel, als sie zum Frühstück gingen. Thomas Whittler saß am Tisch neben der Tür und rauchte eine Zigarre.
Sie ließen sich von einem Ober, der in einem großen Hotel in San Francisco gearbeitet hatte und das eher bescheidene Fairbanks Hotel mit einer Luxusherberge zu verwechseln schien, an einen Tisch führen, bestellten Eier mit Schinken und gesüßten Tee und frühstückten in aller Ruhe, bevor Clarissa zu Thomas Whittler an den Tisch trat. Sie zeigte keine Angst, lächelte sogar, denn sie wusste auch, dass Alex sie mit einem Revolver beschützte.
Whittler lächelte siegesgewiss. »Nun, Mrs. Carmack? Ich nehme an, Sie haben es sich überlegt und bringen mir endlich die eidesstattliche Erklärung.«
»Ich denke nicht daran«, antwortete sie mutig und brachte es sogar fertig, sein süffisantes Lächeln zu erwidern. »Ihr missratener Sohn hat versucht, mich zu vergewaltigen, und drei Menschen auf dem Gewissen. Warum sollte ich lügen, nur damit dieser dreiste Verbrecher nicht an den Galgen kommt?«
Whittler sprang auf und wollte sie schlagen, beherrschte sich aber angesichts der zahlreichen Leute im Frühstücksraum. »Diese Beleidigung lasse ich nicht auf mir sitzen, Mrs. Carmack. Sie werden von mir hören!«
»Ich will Sie nie wieder sehen«, erwiderte sie.
18
Die Beerdigung fand am frühen Morgen statt. Der Bestatter, ein guter Freund des Arztes, hatte sich bereit erklärt, die Bestattung vorzubereiten, allerdings erst nach Zahlung eines Aufschlags, weil er eine Racheaktion von Sid Gillespie und seinen Goldsuchern und die abfälligen Blicke einiger Bürger fürchtete. Immerhin hatte er sich Mühe gegeben, den zerschundenen Körper des toten Indianers einigermaßen menschlich aussehen zu lassen, und sein Gesicht so weit hergerichtet, dass ihn ein schwaches Lächeln ins Jenseits begleitete.
Die Kosten für die Beerdigung hatte Doc Boone übernommen, auch um Betty-Sues ausgezeichnete Arbeit während der letzten Monate zu würdigen, wie er sich ausdrückte, als der Bestatter sie zum Leichenwagen vor seinem Geschäft führte. Hinter den Scheiben war der einfache Holzsarg zu erkennen, in dem Matthew lag. Ein müder Ackergaul war vor die schwarze Kutsche gespannt.
Clarissa und Alex trugen die Kleidung, die sie während des Empfangs vor dem Rennen getragen hatten, und lächelten beim Anblick der ganz in Schwarz gekleideten Betty-Sue mitfühlend. Das Trauerkleid hatte Betty-Sue von der Frau des Doktors bekommen. Clarissa umarmte ihre Freundin und flüsterte ihr ein paar tröstende Worte ins Ohr, auch Dolly und ihr irischer Ehemann, die ebenfalls in der Stadt geblieben waren, taten ihr Beileid kund.
Der Bestatter machte keine Anstalten, auf den Kutschbock zu steigen. »Mein aufrichtiges Beileid, Schwester«, heuchelte er mit samtweicher Stimme. »Ich habe getan, was ich für ihren …« Er räusperte sich. »… was ich für den … den Indianer tun konnte. Betrachten Sie meine Arbeit bitte als Entgegenkommen. Sie wissen sicher, dass es mir normalerweise nicht gestattet ist, einen Indianer oder Chinesen auf unserem Friedhof zu bestatten, und ich werde deshalb auch nicht auf den Kutschbock steigen. Ich hoffe, Sie nehmen mir diesen Entschluss nicht übel, aber ich bin auf das Wohlwollen der Bürger in dieser Stadt angewiesen und kann es mir nicht erlauben, mir durch eine solche Aktion den Zorn dieser Gemeinde zuzuziehen. Bei aller Liebe, Miss …«
»Schon gut«, antwortete Alex für sie, »dann
Weitere Kostenlose Bücher