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Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis

Titel: Clarissa Alaska-Saga 04 - Allein durch die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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ließ die Flasche sofort wieder verschwinden.
    Sie ließ sich Zeit mit dem Essen. Sobald sie fertig war, würde man sie wieder fesseln und vielleicht sogar knebeln, und sie freute sich über jede Minute, die sie ohne Lederriemen um ihre Hand- und Fußgelenke verbringen konnte. Sie durfte gar nicht darüber nachdenken, welche Tortur auf sie wartete, wenn sie tatsächlich nach Valdez fuhren. Was hatte Thomas Whittler mit ihr vor? Warum gab er sich nicht mit einer eidesstattlichen Erklärung zufrieden? War sie plötzlich nicht mehr gut genug? Oder wollte er sie demütigen, indem er sie wie eine Gefangene nach Valdez bringen ließ und sie dort auslachte und ihr seine Verachtung ins Gesicht schrie? Ihm war alles zuzutrauen.
    Sie blickte von ihren Bohnen auf und starrte am Planwagen vorbei in den Wald. Wie eine dunkle Wand hob er sich gegen den Sternenhimmel ab. Kein Laut, der auf Hilfe hoffen ließ. Kein Marshal, der misstrauisch geworden war und sich auf ihre Spur gesetzt hatte. Kein Jerry O’Rourke, der ihr mit seinen irischen Freunden zu Hilfe eilte. Keine Armee, die durch Zufall auf ihr Feuer aufmerksam wurde und sie aus den Klauen der Verbrecher befreite. Auch keine leuchtenden gelben Augen in der Dunkelheit und das vertraute Knurren von Bones, der sie wie so oft aus einer Zwangslage befreite.
    Alex, flüsterte sie in Gedanken, ausgerechnet jetzt kannst du nicht hier sein. Dir würde bestimmt etwas einfallen, um heil aus dieser Sache herauszukommen. Vielleicht hätte ich dich doch nicht zu dem alten Medizinmann und seiner Frau bringen sollen. Nachdem unsere Blockhütte niedergebrannt war, hätten wir uns doch denken können, dass Thomas Whittler stärkere Geschütze auffährt. Warum waren wir nur so leichtsinnig und unvorsichtig? Sie kaute lustlos und war so in Gedanken, dass sie die Anwesenheit der beiden Verbrecher kaum noch bemerkte. Nein, sagte sie sich, es gab nur diesen Weg für Alex. Nur bei John und Rose würde er auf den richtigen Weg zurückfinden. Allein sie konnten die bösen Geister aus seinem Körper vertreiben. Sie wussten, wie man die Seele eines Menschen heilte und ihn daran hinderte, an seinem Schicksal zu verzweifeln und in den Alkohol zu flüchten.
    Nachdem sie aufgegessen hatte, stellte sie den Teller auf den Boden und griff nach der Wasserflasche, die Smith ihr zuwarf. Auch er war schon fertig und wischte sich mit dem Ärmel den Mund trocken. Sie scheute sich davor, aus derselben Flasche wie einer ihrer Entführer zu trinken, fuhr mit Zeigefinger und Daumen mehrmals über die Flaschenöffnung und nippte zögernd daran. Das Wasser war angenehm kühl. Sie nahm einen weiteren Schluck, reichte Smith die Flasche und wich unwillkürlich zurück, als er langsam aufstand und sich ihr mit einigen Lederschnüren näherte. »Tut mir leid«, entschuldigte er sich beinahe, »aber ich muss Sie wieder fesseln und knebeln.«
    »Ich … ich muss mal«, griff sie nach dem letzten Strohhalm. Es war nicht mal gelogen. Schon vor dem Essen war der Druck auf ihrer Blase gewesen.
    Der Indianer erhob sich wortlos, trat mit dem Gewehr in der rechten Hand hinter sie und stieß ihr den Lauf in den Rücken. »Gehen wir«, sagte er nur.
    Clarissa stemmte sich vom Boden hoch und drehte sich zu ihm um. »Sie wollen mir dabei zusehen? Oder haben Sie Angst, dass ich Ihnen weglaufe? Mitten im Wald? Mitten in der Nacht?« Sie blickte hilfesuchend zu Smith.
    Der weiße Mann hatte sich eine Zigarette gerollt und war gerade dabei, sie anzuzünden. »Setz dich«, sagte er zu dem Indianer. Es klang eher wie eine freundliche Bitte, nicht wie ein Befehl. Soweit sich erkennen ließ, hatte keiner der beiden dem anderen etwas zu sagen. Raven blieb hinter ihr stehen.
    Smith ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und wandte sich in gewohnt höflicher Form an sie: »Wir haben keine Angst, dass Sie weglaufen. Das würde Ihrer Freundin auch schlecht bekommen. Wir gehen nur gern auf Nummer sicher.« Er paffte an seiner Zigarette. »Ziehen Sie die Stiefel aus!«
    »Wie bitte?« Clarissa konnte es nicht glauben.
    »Sie sollen die Stiefel ausziehen! Oder wollen Sie, dass Raven Sie begleitet? Ich glaube kaum, dass Sie Ihr Geschäft in seiner Gegenwart verrichten wollen. Also seien Sie bitte so freundlich, und ziehen Sie Ihre Stiefel aus.«
    Sein harter Blick zeigte ihr, dass er sie kein zweites Mal bitten würde. Widerwillig gehorchte sie seinem Befehl. Der Indianer blieb dicht hinter ihr stehen, das Gewehr in der Armbeuge, und grinste für einen

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