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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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deutete auf ihre linke Hand. »Dafür bin ich runde zwanzig Jahre zu spät dran.« Er griff an seinen Hut und deutete eine Verbeugung an. »Tom Fitzpatrick … Nennen Sie mich Fitz.«
    Clarissa wischte sich die Tränen aus den Augen und erwiderte sein Lächeln. »Tut mir leid, Fitz. Ich wollte Sie nicht beleidigen. Ich reise ohne meinen Mann, wissen Sie? Er kommt mit einem der nächsten Dampfer nach.«
    »Ein mutiger Mann.« Er kicherte wieder. »Ich an seiner Stelle würde eine so hübsche Frau wie Sie nicht allein durch die Gegend fahren lassen. So, wie Sie angezogen sind, fahren Sie sicher weit nach Norden. Alaska? Skaguay?«
    »Skaguay«, antwortete sie.
    Seine Miene wurde ernst. »Dort würde ich mich besonders vorsehen, Ma’am. Skaguay ist ein heißes Pflaster. Ich bin zum zweiten Mal zum Klondike unterwegs. War letztes Jahr schon dort und hab ein paar Nuggets aus dem Fluss geholt. Nicht viel, aber genug, um mir ein paar schöne Tage in San Francisco zu machen. Jetzt brauche ich Nachschub, und ich kann Ihnen sagen … In Skaguay ist der Teufel los.«
    »Ist die Stadt so schlimm?«
    »Ich will Ihnen keine Angst machen, Ma’am, aber häuslich niederlassen würde ich mich dort nicht. Ziehen Sie weiter, sobald Ihr Mann nachkommt, und lassen Sie sich auf keinen Fall auf irgendeinen Handel ein, den man Ihnen in Skaguay anbietet. In dem Nest gibt es nur Schurken, und die stehen alle unter der Fuchtel eines Mannes: Soapy Smith. Selbst der US Deputy Marshal soll auf seiner Lohnliste stehen. So was gibt’s nicht mal in Dawson.«
    »Soapy Smith … Den Namen hab ich schon mal gehört.«
    »Würde mich nicht wundern, Ma’am.« Der Goldsucher lehnte sich gegen die Reling. »Der Bursche soll schon in Denver sein Unwesen getrieben haben. Dort hat man ihm wohl auch seinen Spitznamen verpasst. Soapy Smith … Seifen-Smith. Er verkaufte Kernseife. Als die Geschäfte nicht in Gang kommen wollten, wickelte er alle Seifen in Zeitungspapier und versteckte in einem der Päckchen einen Hundert-Dollar-Schein. Klar, dass alle das Geld wollten, nur leider hatte der gerissene Bursche das Päckchen mit dem Schein vorher verschwinden lassen. Der Einzige, der angeblich einen Hunderter fand, war ein Vertrauter von Soapy Smith, der spielte den Lockvogel und heizte den Verkauf durch seinen angeblichen Fund nur an.« Er kicherte wieder. »Woher ich das alles weiß? Soapy Smith macht kein Geheimnis daraus und ist sogar stolz darauf, die Leute reingelegt zu haben. Ihm kann keiner was beweisen. Schon gar nicht die Betrügereien, die er jetzt in Skaguay begeht.«
    »Und was sind das für Betrügereien?«
    »Sie bringen auf jeden Fall mehr Geld ein als die paar Stück Seife in Denver. Überall dort, wo ein Goldsucher sein Gold, sein Geld oder seine Ausrüstung verliert, hat er seine Hand im Spiel. Gehen Sie lieber nach Dawson, Ma’am, da haben die Mounties das Sagen. Die greifen hart durch, wenn einer solche Tricks versucht.« Er blickte sie an. »Will Ihr Mann auch nach Gold graben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Wertvolle Pelze sind ihm lieber. Er ist Fallensteller. Mit Gold hat er nie was anfangen können. Das bringt nur Ärger, sagt er.«
    »Ein kluger Mann. Halten Sie ihn fest, Ma’am.«
    »Keine Angst, das werde ich«, versprach sie.
    Fitz verabschiedete sich und stieg ein Deck tiefer. Clarissa beobachtete, wie er zum Bug schlenderte und dabei eine kleine Pfeife und einen Tabakbeutel aus der Tasche zog. Sie sah ihm eine Weile beim Rauchen zu, verlor ihn aus den Augen und ließ ihren Blick über das Wasser und die nahe Küste einer vorgelagerten Insel wandern. Die Sonne stand hoch über dem Schiff und spiegelte sich im dunklen Wasser. Einige Delfine begleiteten das Schiff, sprangen hoch aus dem Wasser und schwammen um die Wette.
    Clarissa sah den Delfinen zu, fand aber keine Muße, sich über ihre Kunststücke zu freuen. Die Worte des Goldsuchers hatten sie nachdenklich gemacht. Wenn in Skaguay tatsächlich das Verbrechen regierte, war es vielleicht ratsamer, in Juneau oder Sitka an Land zu gehen. Sie verwarf den Gedanken allerdings gleich wieder. Die beiden Städte lagen in der Zivilisation, waren beinahe schon so groß wie Vancouver, und in den Wäldern ringsum gab es kaum noch Pelztiere. Ein Fallensteller wie Alex fuhr besser nach Skaguay und wanderte abseits der Goldfelder in die Wildnis.
    Alaska war ein menschenleeres Land, das wie geschaffen für ein einsames und abgeschiedenes Leben war. Sie konnte doch kein besseres Versteck als

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