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Clarissa - Wo der Himmel brennt

Clarissa - Wo der Himmel brennt

Titel: Clarissa - Wo der Himmel brennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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ich weiß, aber in einer Stadt würde ich noch mehr auffallen als hier an Bord. Nichts Besonderes … Ein Kleid, einen dunklen Rock, Unterwäsche, Strümpfe, und was eine Frau sonst noch braucht. Ich nehme an, Sie kennen sich mit Ladys aus.« Sie errötete leicht, eine Regung, die sie sich auch in der Wildnis nicht abgewöhnt hatte. »Und eine Reisetasche. Ich weiß nicht, ob es ein Kaufhaus mit Büchern und Zeitschriften in Fort Wrangel gibt, aber vielleicht könnten Sie nach dem neusten Buffalo Bill’s Wild West fragen, das lesen Alex und ich besonders gern.« Sie gab ihm das Gold. »Ich hoffe, ich verlange nicht zu viel von Ihnen?«
    Durch das einzige Bullauge der Kabine beobachtete Clarissa, wie die S.S. California an einigen kleinen Inseln vorbei in den Hafen von Fort Wrangel lief und am Pier anlegte. Dahinter reichten die Häuser bis zu den Hängen eines steilen Berges hinauf. Seit die Soldaten aus dem ehemaligen Militärposten abgezogen waren, hatte sich Fort Wrangel zu einer betriebsamen Siedlung entwickelt. Clarissa konnte keine Telegrafenmasten entdecken, nahm aber an, dass es eine Leitung zwischen der Stadt und Juneau oder Sitka gab.
    Das Schiff würde die ganze Nacht im Hafen bleiben, auch um neue Fracht, einige zusätzliche Passagiere und Brennmaterial aufzunehmen, doch obwohl die meisten Leute und sogar einige Besatzungsmitglieder von Bord gingen, blieb sie in ihrer Kabine und blätterte in einem Harper’s Weekly vom letzten Herbst, das wohl ein früherer Passagier liegen gelassen hatte. Ein seitenlanger Bericht war dem Goldrausch am Klondike gewidmet und erzählte von den ungeheuren Strapazen, die Goldsucher und Glücksritter aus ganz Amerika auf sich nahmen, um im Hohen Norden ihr Glück zu machen. Die meisten fuhren mit dem Schiff nach Skaguay und zogen entweder von dort über den White Pass oder von der Nachbarstadt Dyea über den Chilkoot Pass zum Lake Bennett, einem riesigen See, über den sie in teilweise abenteuerlichen Booten die Goldfelder bei Dawson City erreichten. Die Holzstiche zeigten die beschwerliche Wanderung der Männer über den steilen Chilkoot Pass, schwer beladen mit Ausrüstung und Gepäck, und den gefährlichen Ritt über den White Pass Trail, von dem Magazin als »Pfad der toten Pferde« betitelt. Der Anblick der detailgetreuen Abbildungen ließ ihr Herz in die Hose sinken und schien ihr erst jetzt bewusst zu machen, auf welches Abenteuer sie sich eingelassen hatte.
    Auch Alex und sie konnten nicht in Skaguay bleiben, niemand konnte sich dort häuslich niederlassen außer ein paar Händlern und Soapy Smith, der von der Dummheit und dem Leichtsinn der durchziehenden Goldsucher lebte. Sobald der Goldrausch vorüber war, würden auch sie die Stadt verlassen, und Skaguay fiel wieder in die Lethargie der früheren Jahre zurück. Jetzt diente der Ort als Basiscamp für die vielen tausend Goldsucher, die am Klondike ihr Glück versuchten, und für Alex und sie, bevor sie über einen der Pässe in die Wildnis vordrangen und möglichst abseits der Zivilisation eine neue Zukunft fanden. Am Yukon River gab es zahlreiche Handelsposten der Hudson’s Bay Company, wo man Pelze eintauschen konnte. Von Dawson City, das als »Paris des Nordens« und »Außenposten der Zivilisation« verherrlicht wurde, würden sie sich fernhalten. Selbst Alex hatte inzwischen die Lust daran verloren, in der Stadt auf die Pauke zu hauen, wie er es nannte, und den Whisky, den er manchmal brauchte, gab es bei der Hudson’s Bay zu kaufen. Auch der Holzstich eines solchen Handelspostens war in dem Magazin abgedruckt. Am Tresen stand ein bärtiger Mann mit einer gestreiften Wollmütze und deutete auf die vollen Regale, und darunter stand: »In den einsam gelegenen Handelsposten der Hudson’s Bay Company gibt es alles, was man in der Wildnis zum Leben braucht – und mehr.«
    Clarissa schlief bereits, als Sam Ralston spätnachts mit einer vollgepackten Reisetasche aus Fort Wrangel zurückkehrte. Sie blinzelte in das flackernde Licht der Öllampe, die er angezündet hatte, und sah ihn zufrieden lächeln. »Sam!«, rief sie erstaunt. »Wo bleiben Sie denn? Es ist nach Mitternacht!«
    »Ich habe Ihre Sachen«, erwiderte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. Er stellte die Reisetasche auf einen Sessel und nahm seinen Zylinder ab. »Ich habe dem Verkäufer gesagt, meiner Frau wäre der Koffer ins Wasser gefallen, und sie bräuchte dringend neue Kleidung. Sie wäre seekrank geworden und könnte leider nicht selbst kommen.

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