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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Wortlos ließ sie sich von Raine auf das Pferd heben, und so trabten sie ins Lager zurück, während Clarissa mit der Wirbelsäule gegen seine Brust schrammte, weil sie diesmal vor ihm saß.
    Sobald sie im Lager angelangt waren, schwang Raine sich aus dem Sattel, band die Schweine los und schleifte sie zu einem Lagerfeuer, ohne Clarissa zu beachten, die immer noch auf dem Pferd saß. Jocelin kam herbei, und Raine deutete mit dem Daumen hinter sich. »Zeig dem Jungen, wie er ein Pferd abreiben muß«, sagte er, ehe er mit langen Schritten seinem Zelt zustrebte.

Nachdem Joss Clarissa aufmunternd zugelächelt hatte, führte er das Pferd zur Lichtung, wo sie ihren Standplatz hatten.
    »Junge«, murrte Clarissa, während sie vom Pferd glitt und sich dann hilfesuchend am Sattel festklammerte. »Junge, tu dies Junge, tu das. Das ist alles, was ich von ihm zu hören bekomme. « Während Joss den Sattelgurt löste, stellte Clarissa sich auf die Zehenspitzen, faßte das Sattelgestell und zog, worauf sie prompt auf den Rücken fiel und der schwere Sattel sie unter sich begrub.
    Jocelin, der offenbar Mühe hatte, ein Lachen zu unterdrücken, trug den Sattel fort, während Clarissa sich die schmerzende Kniespitze rieb, wo das Holzgestell sie getroffen hatte. »Macht Raine dir das Leben sauer? «
    »Er versucht es«, sagte sie, nahm ihm den Sattel ab und brachte es nach drei vergeblichen Versuchen tatsächlich fertig, ihn auf einen Holzbock zu stemmen. »Oh, Joss«, meinte sie seufzend, »ich bin so müde. Heute morgen mußte ich für ihn die Rüstung waschen, dann ließ er mich stundenlang mit dem schweren Schwert üben, und danach die Jagd und jetzt dieses große Biest, das ich versorgen muß. «
    Bei dieser Bemerkung rollte der Hengst die Augen und begann zu tänzeln. Ohne zu überlegen, fing Clarissa zu singen an, und nach sechs Tönen beruhigte das Tier sich wieder.
    Jocelin mußte sich beherrschen, damit sie nicht merkte, wie erstaunt er war über Töne, die ihr so unwillkürlich entschlüpften. Dann sagte er: »Raine hat eine Menge Leute zu versorgen. «
    »Eine Menge Leute, mit denen der Lord nach Belieben umspringen kann, meintest du wohl«, fauchte sie und begann, das Pferd abzureiben, wie Joss es ihr vormachte.
    »Vielleicht. Vielleicht ist ein Mann wie Raine so daran gewöhnt, Verantwortung zu übernehmen, daß er ganz unbewußt in diese Rolle verfällt. «
    »Für meinen Geschmack kommandiert er zuviel«, sagte sie. »Warum gibt er jedem Befehle? Warum meint er, jedem sagen zu müssen, was er zu tun hat? Warum läßt er die Leute nicht einfach in Ruhe? «
    »In Ruhe! « sagte Joss auf der anderen Seite des Pferdes. »Du hättest das Lager vor ein paar Wochen erleben sollen, ehe er hierherkam. Es war schlimmer als der wüsteste Stadtteil Londons. Die Leute schlitzten sich gegenseitig wegen ein paar Pennys die Kehlen auf und bestahlen sich, daß man nachts nicht schlafen konnte, weil man seine wenigen Habseligkeiten bewachen mußte. Verdrängte Bauern waren der Willkür von Mördern ausgeliefert und… «
    »Und dann kam dieser rechtschaffene Raine Montgomery und brachte alles in Ordnung, richtig? «
    »Ja, das tat er. «
    »Kam keiner auf den Gedanken, daß er das tat, weil er es für sein gottgegebenes Recht hält, als Herrscher geboren zu sein? «
    »Meinst du nicht, daß du noch zu jung bist, um dich so zu ereifern? « fragte Joss.
    Clarissa unterbrach ihre Arbeit und fragte: »Warum bist du hier, Joss? Fühlst du dich bei diesen Leuten wohl? Du bist kein Mörder, und du siehst mir nicht danach aus, als wärest du zu faul zum Arbeiten. Der einzige Grund, den ich mir vorstellen könnten, ist ein eifersüchtiger Ehemann, der sich an dir rächen möchte«, neckte sie ihn.
    Zu ihrer Überraschung warf Jocelin die Bürste zu Boden. »Ich muß mich wieder um meine Arbeit kümmern«, sagte er mit harter, tonloser Stimme und entfernte sich.
    Eine volle Minute lang stand sie wie betäubt und vermochte nicht, mit ihrer Putzerei fortzufahren. Sie hätte nicht im Traum daran gedacht, Jocelin zu beleidigen. Er war der einzige im Lager, mit dem sie reden konnte, singen und…
    »Wenn du mit dem Abreiben fertig bist, kannst du mir etwas Wasser vom Fluß besorgen«, sagte eine quengelige Stimme zu ihr und unterbrach ihre Gedanken.
    Mit betonter Langsamkeit drehte sie sich zu Blanche um. Trotz ihrer Beschwerde über Raines Arroganz besaß Clarissa ebenfalls ein ausgeprägtes Klassenbewußtsein. Diese Frau in ihrem schmutzigen

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