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Clarissa

Clarissa

Titel: Clarissa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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Narben. Vorsichtig berührte sie eine davon.
    »Eine Axtschneide«, murmelte er, den Kopf zurücklegend. Der Blutverlust zehrte jetzt doch an seinen Kräften.
    So sacht wie möglich säuberte sie die Wunde und runzelte die Stirn, als sie sah, wie schmutzig sie war. Als wäre der Pfeil in Schmutz getaucht gewesen und hätte sich in Raines Fleisch gereinigt. Als sie die Wunde gesäubert und verbunden hatte, zog sie einen Schemel an sein Bett heran und beobachtete ihn, wie er mit geschlossenen Augen flach, doch regelmäßig atmete, und hoffte, er sei eingeschlafen.
    Nach einer ziemlich langen Zeit sprach er mit geschlossenen Augen. »Alexander«, flüsterte er, und im Nu kniete sie neben ihm. »Unter der Koje ist ein Kasten. Würdest du ihn herausholen? «
    Sofort zog sie den Kasten aus Leder hervor und lächelte, als sie merkte, daß er eine Laute enthielt.
    »Kannst du darauf spielen? « fragte er.
    Mit zuversichtlichem Lächeln nahm sie die Laute heraus. Ihr juckten schon die Finger, so begierig war sie, die Saiten zu berühren. Sacht schlug sie einen Akkord an und begann, eine ihrer eigenen Kompositionen zu spielen und zu singen.
    Es dauerte Stunden, ehe sie das Gefühl hatte, daß Raine wirklich schlief. Er lag still und blaß auf der Koje, als sie die Laute beiseite legte. In der Stille, die nur von seinem rasselnden Atem im Zelt erschüttert wurde, wünschte sie sich, Rosamund würde zurückkommen. Raine schien in einer schlechteren Verfassung als je zuvor, und sie brauchte jemanden, der ihr sagte, daß er sich wieder erholen würde.
    Sie sah sich im Zelt um und merkte, daß sie Wasser brauchte. Zudem war die Seite ihres Wamses von Raines Blut getränkt, und er mußte gewaschen werden. Denn morgen früh würden sie die Verbannten mit Fragen bestürmen, wo denn das Blut herkam.
    Auf Zehenspitzen, in jeder Hand einen Eimer, verließ sie das Zelt und lief zum Fluß, wobei sie jeden Kontakt mit den Bewohnern der Zeltstadt mied. Mit einem Seufzer der Erleichterung bemerkte sie, daß Blanche mit ein paar Männern würfelte. Sie war beschäftigt und würde in der Zwischenzeit Raine nicht besuchen.
    Es war schon fast dunkel, als sie den Fluß erreichte, die Eimer mit Wasser füllte und ihren Wams zu waschen begann. Zu ihrem Kummer war auch das Hemd blutig. Nach kurzem Zögern zog sie es aus, desgleichen das Tuch um ihre Brüste und fing an, alles zu waschen, auch ihre schmutzige Haut und ihre Haare. Schlotternd vor Kälte trocknete sie sich mit ihrem Badetuch ab und biß die Zähne zusammen, als sie in ihre noch tropfnassen Sachen schlüpfte. Sie warf das Wams über den Arm, hob die beiden Eimer an und hastete ins Lager zurück.
    Im Zelt angelangt, lauschte sie mit angehaltenem Atem. Zum Glück schlief er noch. Sie stellte die Eimer ab, zog rasch wieder ihre nassen Sachen aus und streifte sich eines von Raines Hemden über, das ihr bis zu den Knien reichte. Sie wußte, daß sie damit ein Risiko einging; doch sie war sich nicht sicher, ob sie nicht insgeheim hoffte, er möge aufwachen und feststellen, daß sie ein Mädchen war.
    Sie trug nur sein Hemd auf dem Leib, als sie ein Stöhnen von der Koje her hörte und sich umdrehte.
    »Mary«, sagte Raine. »Mary, ich werde dich finden. «
    Mit einem Satz war sie bei ihm. Er mußte still sein, damit die Leute im Lager nicht merkten, daß ihm etwas fehlte. Die Idioten bildeten sich ein, Raine habe in seinem Zelt Juwelen und Gold versteckt, und Clarissa zweifelte nicht, daß sie zu gern die Gelegenheit zu einer Suche ergreifen würden.
    »Mary! « rief Raine lauter und winkte mit einem seiner mächtigen Arme, dem Clarissa nur knapp ausweichen konnte.
    »Raine, wach auf«, flüsterte sie laut. »Du hast einen Alptraum. « Als sie seinen Arm faßte und seine Haut berührte, merkte sie sofort, daß er im Delirium sprach. Sein Körper war glühend heiß.
    »Nein«, wimmerte sie und verfluchte Rosamund, daß sie das Lager verlassen hatte, wo Raine sie so nötig brauchte. Ein Wundfieber! Was konnte sie tun? Sie fühlte sich hilf-und nutzlos, tauchte ein Tuch in einen der mit Wasser gefüllten Eimer und legte es auf Raines Stirn. Doch Raine traf sie mit seinem Arm und schleuderte das Tuch auf den Boden. Wenn er weiter so wild die Arme bewegte, würde er noch eine Zeltstange treffen, und das Stoffgebäude würde über ihren Köpfen zusammenbrechen.
    »Raine«, sagte sie heftig und beschwörend. »Du mußt still liegen. « Sie faßte seine Hände, und im nächsten Augenblick fand sie

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