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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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um sich. »Ich liebe dieses Zimmer.«
Das Wandgemälde hinter seinem Schreibtisch stellte eine Unterwasserlandschaft des Pazifischen Riffs dar, jenes SüdseeMotiv, das Sal berühmt gemacht hatte.
Sal hatte ihr mehrmals erzählt, wie er zu seiner Inspiration für
diese Kreation gekommen war. »1972 war ich im Aquarium in
Chicago, Neeve. In diesem Jahr war die Mode eine einzige Katastrophe. Alle hatten den Minirock satt. Jeder scheute sich, etwas Neues zu versuchen. Die großen Couturiers zeigten sehr
männliche Hosenanzüge, eng anliegende ungefütterte Kostüme
in dunklen Farben, dann Rüschenblusen, die eher zu Schulmädchen paßten. Nichts, wovon eine Frau hätte sagen können: ›So
möchte ich aussehen‹. Ich wanderte durch das Aquarium und
kam in das Stockwerk, wo die Fische des Südpazifiks ausgestellt
sind. Neeve, es war wie ein Spaziergang unter Wasser! Die einzelnen Aquarien, die vom Boden bis zur Decke reichten, waren
voll von Schwärmen exotischer Fische und von Wasserpflanzen
und Korallenbäumen und Muscheln. Und was für Farben überall
– man hätte meinen können, Michelangelo habe sie gemalt! All
diese Muster und Zeichnungen – Dutzende und Dutzende. Und
jedes wieder anders! Silber, das in Blau überging; Korallenrot,
mit Purpur durchzogen. Ein Fisch war gelb, leuchtend wie die
Morgensonne, mit schwarzen Streifen. Welch eine Anmut in
den fließenden Bewegungen. Ich dachte: Wenn ich das mit einem Stoff erreichen könnte! Auf der Stelle begann ich Skizzen
zu machen. Ich wußte, daß es großartig war. Ich gewann in diesem Jahr den Coty-Preis. Ich brachte die Modeindustrie an einen
Wendepunkt. Die Verkäufe der Couturiers waren phantastisch.
Dazu kamen die Lizenzen für die Konfektionshäuser sowie die
Accessoires. Und all das, weil ich so klug war, Mutter Natur zu
kopieren.«
Er folgte jetzt Neeves Blick. »Dieses Dessin! Wundervoll.
Fröhlich. Elegant. Anmutig. Schmeichelnd. Es ist immer noch
das Beste, was ich je gemacht habe. Aber sag’s niemandem. Bis
jetzt haben sie mich noch nicht eingeholt. Nächste Woche lasse
ich dich schon mal einen Blick auf meine neue Herbstkollektion
werfen. Die zweitbeste Sache, die ich je gemacht habe. Sensationell! Was macht dein Liebesleben?«
»Gar nichts.«
»Und was ist mit dem jungen Mann, den du vor ein paar Monaten zum Abendessen eingeladen hattest? Der war doch ganz
verrückt nach dir.«
»Die Tatsache, daß du dich nicht an seinen Namen erinnern
kannst, besagt alles. Er verdient nach wie vor einen Haufen Geld
in Wall Street. Er hat sich gerade eine Cessna gekauft und eine
Eigentumswohnung in Vail. Aber als Persönlichkeit ist er nicht
der Rede wert. Du kannst ihn vergessen. Ich sag es Myles immer
wieder, und dir sag ich’s auch: Wenn der Richtige kommt, dann
weiß ich es.«
»Wart nicht zu lange, Neeve. Du bist mit der Vorstellung von
einer Märchenliebe aufgewachsen, wie dein Vater und deine
Mutter sie erlebten.« In einem großen Schluck trank Sal den
Rest seines Kaffees. »Bei den meisten von uns funktioniert das
aber nicht so.«
Neeve mußte innerlich lachen, denn im Eifer des Gefechts
hatte Sal wieder einmal seinen gepflegten italienischen Akzent
vergessen und sich ausgedrückt, wie ihm der Schnabel gewachsen war.
Jetzt fuhr er fort: »Die meisten von uns begegnen sich, interessieren sich ein bißchen füreinander, mehr oder weniger. Man
trifft sich weiter, und langsam passiert was. Keine Verzauberung. Vielleicht bloß Freundschaft. Man gewöhnt sich aneinander. Vielleicht mag man die Oper nicht, aber man geht in die
Oper. Möglicherweise haßt man Sport, aber man fängt an, Tennis zu spielen oder zu joggen. Und dann wird es Liebe. So ist
das bei neunzig Prozent aller Menschen, Neeve, glaub’s mir.«
»War das auch bei dir so?« fragte Neeve lächelnd.
»Viermal«, strahlte Sal sie an. »Sei nicht so ein Frechdachs!
Ich bin eben Optimist.«
Neeve trank ihren Kaffee aus und stand auf. Sie fühlte sich
ganz aufgekratzt. »Das bin ich, glaube ich, auch, aber du machst
es mir richtig bewußt. Wie wär’s also am Donnerstag mit einem
Abendessen?«
»Gut. Und denk dran: Ich esse nicht so gesund wie Myles.
Und sag ja nicht, daß ich es lieber tun sollte!«
Neeve küßte ihn zum Abschied, ließ ihn in seinem Büro zurück und eilte durch den Ausstellungsraum. Mit geübtem Auge
nahm sie die Modelle auf den Puppen wahr. Nicht blendend,
aber gut. Eine geschickte Verwendung von Farben, klare Linien,
neuartig, ohne zu kühn

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