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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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Kleiderschrank. Du hast doch sicher einen Wohnungsschlüssel?«
    »Vor ungefähr einem halben Jahr hat sie mir einen gegeben.
Sag mir dann Bescheid. Bis später.« Tse-Tse warf Neeve eine
Kußhand zu und eilte hinaus zu ihrem Jogging, der reinste Flamingo mit ihrem goldenen Kraushaar, dem verrückten Make-up,
der violetten Wolljacke, roten Strumpfhosen und gelben Turnschuhen.
    Im Geschäft half Betty Neeve erneut dabei, Ethels Kleider auf
den »Wird abgeholt«-Ständer im Nähatelier zu hängen. »Diesmal übertrifft Ethel sich in ihrem schusseligen Benehmen selber«, sagte sie ganz ruhig, und eine Sorgenfalte erschien auf
ihrer schon gefurchten Stirn. »Meinen Sie, sie könnte verunglückt sein? Vielleicht sollten wir eine Vermißtmeldung machen.«
    Neeve stapelte die Schachteln mit den Accessoires neben dem
Kleiderständer aufeinander. »Ich kann Myles bitten, die Unfallprotokolle durchsehen zu lassen«, sagte sie. »Für eine Vermißtmeldung ist es noch zu früh.«
    Betty grinste auf einmal. »Vielleicht hat sie endlich einen
Freund gefunden und verbringt irgendwo ein wonnevolles Wochenende.«
Neeve warf einen Blick durch die offene Tür in den Verkaufssalon. Die erste Kundin war gekommen, und eine neue Verkäuferin zeigte ihr Abendkleider, die ihr absolut nicht standen. Neeve biß sich auf die Lippen. Sie wußte, daß sie etwas vom aufbrausenden Temperament ihrer Mutter geerbt hatte und ihre
Zunge im Zaum halten mußte. »Ich möchte es Ethel wirklich
gönnen«, bemerkte sie und ging dann mit einem entgegenkommenden Lächeln auf die Kundin und die Verkäuferin zu. »Marian, zeigen Sie der Dame doch auch noch das grüne Chiffonkleid
von Delia Rosa«, schlug sie vor.
    Der Vormittag verlief recht lebhaft. Mehrmals versuchte die
Empfangsdame, bei Ethel anzurufen. Als sie zum x-tenmal meldete, daß niemand antworte, schoß Neeve auf einmal der Gedanke durch den Kopf, daß wohl niemand glücklicher darüber
wäre, wenn Ethel einen Mann getroffen hätte und mit ihm
durchgebrannt wäre, als ihr geschiedener Ehemann, der ihr nach
zwanzig Jahren immer noch jeden Monat Alimente zahlte.
    Montag war Denny Adlers freier Tag. Er hatte vorgehabt, sich
an die Verfolgung von Neeve Kearney zu machen, doch am
Sonntag abend bekam er einen Anruf über die öffentliche Telefonkabine in der Eingangshalle seines Apartmenthauses. Sein
Chef teilte ihm mit, daß er am nächsten Tag arbeiten müsse. Der
Kollege hinter der Theke war gefeuert worden. »Ich habe festgestellt, daß der Mistkerl seine Pfoten in der Kasse hatte. Ich
brauche Sie, Denny.«
    Denny fluchte in sich hinein, aber es wäre dumm von ihm
gewesen, sich zu weigern. »Ich komme«, sagte er mürrisch. Als
er aufgehängt hatte, sah er im Geist Neeve Kearney vor sich,
wie sie ihm zugelächelt hatte, als er ihr gestern die Lunchtüte
brachte; wie ihr rabenschwarzes Haar das Gesicht umrahmte
und ihre Brüste sich unter dem Luxuspulli abzeichneten. Big
Charley hatte gesagt, daß sie montags nachmittags in die Seventh Avenue zu den Modeagenturen ging. Das bedeutete, daß
es sinnlos war, wenn er nach der Arbeit noch versuchte, sie einzuholen. Ihm war es nur recht. Er hatte sich für Montag abend
schon mit der Kellnerin aus der gegenüberliegenden Bar verabredet und wollte ihr nicht absagen.
    Während er durch den feuchtkalten, nach Urin stinkenden
Korridor zu seinem Zimmer zurückging, dachte er: Den nächsten Montag wirst du nicht mehr erleben, Neeve Kearney!
    Den Montagnachmittag verbrachte Neeve gewöhnlich in der
Seventh Avenue. Sie liebte die ungeheure Betriebsamkeit, die in
diesem Viertel herrschte, in dem die Bekleidungsindustrie konzentriert war; die überfüllten Gehsteige und die engen, von parkenden Lieferwagen verstopften Straßen; die wendigen Botenjungen, die vollgehängte Kleidergestelle geschickt durch den
Verkehr bugsierten; das Gefühl, daß jedermann in Eile war und
keine Zeit zu verlieren hatte.
    Neeve war ungefähr acht Jahre alt gewesen, als ihre Mutter
sie zum erstenmal hierher mitnahm. Renata hatte sich über die
nicht wirklich ernst gemeinten Einwände ihres Mannes hinweggesetzt und eine Teilzeitarbeit in einem Kleidergeschäft in der
72. Straße angenommen, nur zwei Häuserblocks von ihrer Wohnung entfernt. Nach gar nicht langer Zeit hatte der Besitzer, der
sich allmählich zu alt fühlte, ihr den Einkauf für das Geschäft
anvertraut. Neeve erinnerte sich noch deutlich, wie ihre Mutter
den Kopf schüttelte, als ein

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