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Clark Mary Higgins

Clark Mary Higgins

Titel: Clark Mary Higgins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schlaf Wohl Mein Sußes Kind
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weitergehen.
    Unwillkürlich schüttelte sie den Kopf und blickte um sich.
Mit dem abgetretenen Perserteppich in roten und blauen Farbtönen, dem einladenden Ledersofa und den dazu passenden Sesseln war dies hier ihr liebstes Zimmer in der Wohnung. Die
Wände hingen voll von Fotografien: Myles bei der Verleihung
zahlloser Medaillen und Auszeichnungen; Myles mit dem Bürgermeister von New York und dem Präsidenten der Vereinigten
Staaten. Die Fenster gingen auf den Hudson River hinaus. Die
gerafften viktorianischen Vorhänge hatte noch Renata aufgehängt. Sie waren von einem warmen, tiefen Blau mit karmesinroten Streifen, die im Widerschein der kristallenen Wandleuchter schillerten. Zwischen den Leuchtern hingen Bilder von Renata. Das allererste war von ihrem Vater aufgenommen worden
und zeigte das zehnjährige Kind, das Myles das Leben gerettet
hatte; bewundernd blickte es auf den Mann der mit bandagiertem Kopf und von Kissen gestützt im Bett saß. Renata mit Neeve als Baby und mit Neeve bei ihren ersten Gehversuchen. Renata, Neeve und Myles mit Taucherbrillen am Meer. Das war
ein Jahr vor Renatas Tod gewesen.
    Myles erkundigte sich, was es am nächsten Abend zu essen
geben sollte. »Ich wußte nicht, was du brauchst. So habe ich
allerhand eingekauft.«
»Sal sagte mir, daß er nicht deine Schonkost essen möchte.
Der Bischof hat sich Spaghetti al pesto gewünscht.«
    Myles brummte. »Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, als
Sal ein Riesensandwich für ein Festessen hielt und Devin von
seiner Mutter in den Schnellimbiß geschickt wurde, um billige
Fischstäbchen und Dosenspaghetti zu holen.«
    Neeve trank den Kaffee in der Küche, während sie mit den
Vorbereitungen für das Gästeessen begann. Renatas Kochbücher
standen auf einem Regal über dem Spülbecken. Sie griff nach
ihrem Lieblingsbuch, einem alten Familienstück mit Rezepten
aus Norditalien.
    Nach Renatas Tod hatte Myles seine Tochter zu einem Privatlehrer geschickt, damit sie ihr Italienisch nicht verlernte. Als
junges Mädchen war sie jeden Sommer einen Monat bei den
Großeltern in Italien gewesen, und ein Studienjahr hatte sie auf
der Ausländeruniversität in Perugia verbracht. Jahrelang mochte
sie die Kochbücher nicht anrühren, weil sie sich scheute, die
Notizen anzusehen, die ihre Mutter mit ihrer großen, schwungvollen Handschrift hineingeschrieben hatte. »Mehr Pfeffer. Nur
20 Minuten backen. Vorsicht mit dem Olivenöl.« Im Geist sah
sie Renata, wie sie beim Kochen vor sich hin sang, während
Neeve ein bißchen rühren, abwiegen oder mischen durfte.
    Manchmal hatte Renata am Rand der Buchseiten kleine Skizzen ihrer Tochter gezeichnet, entzückende, gut gelungene Miniaturen: Neeve, wie eine Prinzessin gekleidet, am Tisch sitzend; Neeve, über eine große Teigschüssel gebeugt; Neeve, an
einem Plätzchen knabbernd. Es waren Dutzende von Zeichnungen, und jede rief erneut das Gefühl des großen Verlusts wach.
Selbst jetzt brachte Neeve es noch nicht über sich, die Skizzen
länger zu betrachten. Die Erinnerungen waren zu schmerzlich.
    »Ich habe ihr immer wieder gesagt, sie solle Kunstunterricht
nehmen«, ertönte Myles’ Stimme hinter ihr.
Neeve hatte nicht gemerkt, daß er ihr über die Schulter blickte. »Mutter war sehr befriedigt von dem, was sie tat.«
»Gelangweilten Frauen Kleider zu verkaufen?«
Neeve biß sich auf die Zunge. »Genau das würdest du wohl
auch von mir sagen?«
Myles sah sie betreten an. »Ach, Neeve, entschuldige. Ich bin
sehr nervös. Ich gebe es zu.«
»Du bist nervös, aber du hast es auch gemeint. Und jetzt geh
bitte raus aus meiner Küche.«
Absichtlich lärmte sie mit den Töpfen und Pfannen herum,
während sie Zutaten abwog, umfüllte, zurechtschnitt, anbriet,
ablöschte und in den Backofen schob. Sie mußte der Tatsache
ins Auge sehen, daß Myles der größte lebende männliche Chauvinist war. Wenn Renata ein Kunststudium gemacht und sich zu
einer mittelmäßigen Aquarellistin entwickelt hätte, wäre das in
seinen Augen die richtige Beschäftigung für eine Dame gewesen. Er konnte einfach nicht verstehen, daß es wichtig war,
Frauen dabei zu helfen, sich richtig anzuziehen, weil das im
geschäftlichen und gesellschaftlichen Leben eine entscheidende
Rolle spielte.
Man hat in Vogue, Town and Country, der New York Times und Gott weiß wo sonst noch über mich geschrieben, aber das
beeindruckt ihn nicht. Er meint, ich stehle den Leuten ihr Geld
mit den Preisen für teure

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