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Claudius Bombarnac

Claudius Bombarnac

Titel: Claudius Bombarnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wüßten, wie leicht Einem hier das Leben wird – ein süßes
far niente
zwischen Windschirmen in der Stille des Yamens! Sorgen um Geschäfte kümmern uns nicht, solche um Politik noch viel weniger. Bedenken Sie doch: seit Fu-Hi, dem ersten Kaiser im Jahre 2950, einem Zeitgenossen Ihres Noah, sind wir nun bei der dreiundzwanzigsten Dynastie angelangt. Jetzt ist es eine Mandschu-Familie – welche es später sein wird, kümmert uns keinen Deut! Ob wir eine Regierung haben oder nicht, welchen seiner Söhne der Himmel erkoren hat, das Glück seiner vierhundert Millionen Unterthanen zu sichern – das wissen wir kaum und verlangen’s auch gar nicht zu wissen!«
    Selbstverständlich hat der junge Chinese tausend-und zehntausendmal – um seine gewohnte Redeweise anzuwenden – Unrecht; mir soll’s aber nicht einfallen, ihn eines andern belehren zu wollen.
    Bei Tische haben Herr und Frau Ephrjuell, obwohl sie neben einander sitzen, kaum ein Wort gewechselt. Seit der Verehelichung scheint ihr gegenseitiges Verhältniß an Vertraulichkeit eingebüßt zu haben. Vielleicht sind Beide in die Berechnung ihrer gegenseitigen, noch nicht völlig geordneten Interessen vertieft. O, diese Angelsachsen zählen nicht nach Monden und nach Wochen! Sie sind praktisch, allzu praktisch!
    Die Nacht ist sehr schlecht gewesen. Der purpurfarbene, schwefelgelb überflogene Himmel war gegen Abend gewitterhaft geworden; die erstickende Luft hatte sich mit Elektricität fast überladen. Das wird ein Unwetter »mit außerordentlichem Erfolge« geben. Dieses Ausdrucks glaubte sich wenigstens Herr Caterna bedienen zu sollen, indem er hinzufügte, nie etwas Schöneres der Art gesehen zu habea – außer im zweiten Acte des »Freischütz« in der Wolfsschluchtscene. In der That rollt der Zug sozusagen in einer augenblendenden Zone von Blitzen dahin, begleitet von einem Donnerkrachen, das vom Echo der Berge unendlich weiter getragen wird. Ich glaube es muß sogar mehrmals eingeschlagen haben; die Metallschienen nehmen jedoch das elektrische Fluidum auf und bilden ungeheure Leiter, die die Waggons gegen dessen verderbliche Wirkungen sichern. Es ist in der That ein großartiges, wenn auch etwas erschreckendes Schauspiel, dieses zuckende himmlische Feuer, das der Platzregen nicht zu löschen vermag, diese fortwährenden Entladungen der schweren Wolken, untermischt mit dem schrillen Pfeifen unsrer Locomotive, während diese an den Stationen Yanlu, Yun-Tcheng, Hulan-und Da-Tsching vorüberpoltert.
    Dank dieser so unruhigen Nacht hab’ ich mit Kinko in Verbindung treten, ihm weitere Lebensmittel einhändigen und mich einige Minuten mit ihm unterhalten können.
    »Uebermorgen, nicht wahr, hat er mich gefragt, sollen wir ja wohl in Peking eintreffen, Herr Bombarnae?
    – Ja, übermorgen, Kinko, wenn der Zug keine Verspätung erleidet.
    – O, eine Verspätung fürcht’ ich nicht so sehr; doch wenn mein Kasten im Bahnhofe zu Peking abgeladen ist, bin ich noch nicht nach der Cha-Chuastraße befördert ….
    – Keine Sorge, Kinko; die hübsche Zinca Klork wird sich ja wohl auf dem Bahnhofe einfinden ….
    – Das nicht, Herr Bombarnae, denn ich habe ihr ausdrücklich empfohlen, nicht dahin zu kommen.
    – Warum aber? …
    – Ach, die Frauen vermögen sich so wenig zu beherrschen! Sie würde den Packwagen aufsuchen, in dem ich gefahren bin, und würde die Auslieferung des Kastens so eilig verlangen, daß das Verdacht erregen könnte … kurz, sie liefe Gefahr, die ganze Sache zu verrathen ….
    – Ja, ja, Sie haben Recht, Kinko.
    – Uebrigens dürften wir im Bahnhofe erst des Nachmittags ankommen, und vielleicht so spät, daß die Abrollung des Frachtguts erst am nächsten Morgen erfolgen kann ….
    – Das wäre wohl möglich …
    – Nun, Herr Bombarnae, wenn ich Ihre Güte damit nicht mißbrauche, möchte ich Sie noch um eine Gefälligkeit bitten.
    – Und worin bestände diese?
    – Daß Sie bei der Wegschaffung meines Kastens anwesend sind, um darauf zu achten, daß kein Unfall vorkommt ….
    – Ich werde da sein, Kinko, werde zur Hand sein; das versprech’ ich Ihnen. Alle Teufel, Spiegelscheiben! Das ist zerbrechliches Gut, und ich werde verhüten, daß man damit zu sorglos umgeht. Wenn Sie es wünschen, würd’ ich den Kasten auch bis zur Cha-Chuastraße begleiten ….
    – Darum wagt’ ich Sie kaum zu bitten, Herr Bombarnac ….
    – Das war Unrecht von Ihnen, Kinko. Einem Freunde gegenüber, und ich bin ja der Ihrige, soll man sich keinen Zwang

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