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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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Er hätte ihn bewusstlos durch das Wasser des Beckens in die Höhlen dahinter schleppen und ihn für alle Zeiten einsperren können.
    Die Prophezeiung, für die seine Schwester ihre Augen hingegeben hatte, war klar. Das Mädchen würde den Wolf zu dem Gott führen, und dann würde der Gott sterben. Der Wolf hatte die Mönche zerfleischt, die Mönche hatten gekreischt, und ihr Kreischen hatte das Wasser aufwallen lassen, das nicht nur Christus, sondern auch Odin, Merkur oder Wodanaz heilig war, oder wie auch immer all die anderen ihren Gott angerufen hatten, dessen Kräfte sie über die Jahrhunderte gespürt hatten.
    Munin hatte die Schreie gehört. Sie hatte im Wald vor Paris an ihrem Feuer aus Eichenholz gehockt und war mit dem Geist durch die weite Dunkelheit gereist, um die Gedanken ihres Bruders zu erreichen und mit ihm eins zu werden.
    »Schwester?« Hugin nahm ihre Gegenwart wahr, sah eine flüchtige Ahnung des zerstörten, blutigen Gesichts vor sich und spürte noch stärker die Dinge, die in ihr lebten, die Runen. Ihre Runen waren da. Seine Haut kribbelte, seine Bewegungen waren auf einmal schwerfällig und taten weh. Er hatte Kopfschmerzen und erblickte das Bild Christi mit der Dornenkrone.
    Als ein Gefühl der Verzweiflung in ihm aufkam, wusste er, dass es seiner Schwester nicht gelungen war, das Mädchen zu töten.
    »Schwester?«
    Sie war es. In ihrer Gegenwart empfand er Trost und Geborgenheit. Ein Bild entstand in seinem Geist: ein Wagen mit einem hellen Stern darüber. Es war Odins Wagen, so hießen die Sterne, neben denen der Leitstern leuchtete, der immer den Weg nach Norden wies. Dann ein Bild von Aelis und von einer Stadt auf einem Felsvorsprung an der Vereinigung zweier Flüsse. Er war sicher, einmal dort gewesen oder vorbeigekommen zu sein. Ja, nun erkannte er die Stadt – wie hatte er es nur vergessen können? Es war die Siedlung Aldeigjuborg in Gardarike, das Reich im Osten. Einmal war er auf Einladung des Herrschers Helgi dort gewesen, um ihm zu helfen, dessen Träume zu deuten. Seine Schwester hatte sich geweigert, ihn zu begleiten, was Hugin damals jedoch nicht für eigenartig gehalten hatte.
    Bei dem Treffen war nichts herausgekommen, aber die Stadt mit den mächtigen Erdwällen und den Schanzen aus Holz hatte sich ihm eingeprägt. Auch an die mächtigen Grabhügel dahinter erinnerte er sich. Sie waren zugleich die Gräber von Königen und dienten als Bollwerke der Verteidigung. Das Volk hatte ihn als Freund und Verbündeten begrüßt, niemand war weggelaufen oder zurückgeschreckt. Also war das Mädchen dorthin gegangen? In diesem Fall bestand die Möglichkeit, es zu töten. Da Helgi selbst einmal Hugins Rat und durch diesen auch den der Schwester gesucht hatte, ließ er sich vielleicht überreden, die Frau aus Paris auszuliefern.
    Der Rabe dachte über Helgi nach. Der König suchte die Edelfrau. Man nannte den Herrscher auch den Propheten. Konnte er der auf die Erde gekommene Gott sein? Hugin nahm an, er hätte den Gott erkennen müssen, als er ihm begegnet war. Aber wenn der Gott nun noch nicht herausgefunden hatte, wer er selbst war? Wenn Odin sein wahres Wesen vor sich selbst verbarg, dann konnte auch kein Sterblicher das Geheimnis lüften. Helgi konnte der richtige Mann sein. Er hatte sich bemüht, die Edelfrau zu sich zu rufen und Gesandte zu Odo geschickt. Wenn die Edelfrau nach Ladoga ging, konnte das eine Katastrophe heraufbeschwören. Der Wolf würde ihr sicherlich folgen. Der Rabe musste sie irgendwie abfangen.
    Er blickte ins Wasser. Der Wolf fraß. Die Zeilen einer alten Prophezeiung kamen ihm in den Sinn:
    Einst sah ich sie in schwarzen Wassern waten,
    Die Eidbrüchigen, Mörder, Handlanger des Bösen,
    Der grausame Beißer saugte das Blut der Gefallenen
    Und der Wolf riss Menschen. Willst du noch mehr wissen?
    Nun erfüllte sich die Prophezeiung der Frau, die ihn und seine Schwester in die Hügel geführt hatte. Dort hatte sie erweckt, was in ihnen geschlummert hatte, und sie zu dem Totengott geführt. Der Wolf war frei, doch Hugin hatte die Gelegenheit verpasst und vielleicht nicht einmal Odin richtig erkannt. Das bedeutete, dass die Zeit sehr knapp wurde. Er spielte mit dem Gedanken, einen Pfeil in das Wesen zu jagen, das vom Fleisch der gefesselten Mönche fraß, schnüffelte und leckte. Doch das wäre sinnlos gewesen. Der Wolf sollte einen Gott töten, und der Rabe und seine Schwester würden als Diener des Gottes ebenfalls sterben. Pfeile konnten diesem Wesen nichts

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