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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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Er hatte gezittert, als er die Mönche zum Teich gebracht hatte. Neun von ihnen sollten auf diese Weise sterben – einer für jeden Tag, den Odin am Brunnen der Weisheit am Baum gehangen hatte. Er hatte sie geschlagen, niedergetrampelt, sie getreten und sie unterworfen, bis er sie an die Säulen binden konnte. Jeder trug den gemeinen, unauflöslichen Dreifachknoten am Hals, das Halsband des Totengottes, den Knoten, der gleitet und sich festsetzt und sich nie wieder löst.
    Neun sollten auf diese Weise sterben, der Rest wurde von der Kriegertruppe niedergemacht und verbrannt, geschlagen und erstochen. Er kannte den alten Mann, natürlich kannte er ihn. Er hatte ihn herausgesucht und den Wikingern gesagt, die alten Männer sollten verschont werden. Sie hatten den Mönch kniend in der kleinen Kapelle vorgefunden. Hugin hatte ihm nicht in die Augen sehen wollen und es dennoch getan. Etwas nicht tun wollen, das war der Kern der Magie.
    »Vater Michael.«
    »Woher kennst du meinen Namen, du Abscheulichkeit?«
    »Ich bin es, Louis.«
    »Ich kenne keinen Louis.«
    »Du warst mein Lehrer. Ich habe den Abt getötet und bin weggelaufen.«
    Der alte Mann schüttelte den Kopf. »Louis? Bist du es? Was ist nur mit dir geschehen, Kind?«
    »Ich diene jetzt den alten Göttern und bringe dir den Tod.«
    Der Mönch blickte zu ihm hoch. »Du wirst mir Freundlichkeit erweisen, wie ich dir immer Freundlichkeit erwiesen habe. Schreite hier für mich ein, Junge.«
    Der Rabe hatte ihn gepackt und zum Becken gezerrt. Es hatte eine Weile gedauert, bis der alte Mann gestorben war, aber nicht so lange wie bei dem dicken Koch oder bei dem Schriftgelehrten, bei den Knaben oder den beiden, die immer noch lebten, als Hugin Jehan zum dunklen Wasser schleppte. Neun mussten sterben. Der Rabe hatte bis zum Abend nur acht hergenommen, die Kriegertruppe hatte alle anderen getötet. Mit dem Wanderer Jehan waren es neun. Den Letzten hatte, daran zweifelte Hugin nicht, der gehenkte Gott selbst geschickt, um die magische Zahl zu vollenden.
    Der Tod des alten Mannes hatte Hugin sehr zugesetzt. Vater Michael hatte ihn als Knaben unter seine Fittiche genommen und weggeschaut, wenn er ins Tal geschlichen war, um seine Familie zu besuchen. Doch darauf, dass es ihm zusetzte, kam es ja gerade an. Hugin wusste, dass Schrecken, Erniedrigung, Angst und Scham die Tore waren, durch welche die Magie eintreten konnte. So hatte er die Tode ertragen, das Zucken und das Würgen, das Flehen und die verzweifelten Psalmen, die ihre von den Seilen eingeengten Kehlen hervorpressten. Leider hatte ihm der Gott keine Vision geschenkt.
    Doch dann, als Hugin dem Weinen nahe in der dunklen Kirche gehockt hatte, war der Reisende aufgetaucht, und der Rabe hatte ihn betäubt und zum Wasser gebracht.
    Zeig mir den Feind, hatte der Hexer gedacht. Als ihn dann die aufgedunsenen Gesichter der Gehenkten angestarrt und der erstickte Psalm in seinen Ohren geknirscht hatte, da hatte ihm der Gott seinen Wunsch erfüllt. Der Wanderer hatte sich das Seil abgerissen, als sei es nur ein dünner Faden, und sich über die Mönche hergemacht.
    Hugin hatte gehört, wie er einen Namen gesagt hatte: »Fenrisulfr.«
    Da hatte der Rabe erkannt, dass die Götterdämmerung bevorstand. Ragnarök ereignete sich abermals auf der Erde. Die Echos dieses vernichtenden Ereignisses liefen rückwärts durch die Zeit, die Konflikte und Schrecken griffen auch auf die Welt der Menschen über, als jener entsetzliche Tag näher rückte, an dem es wirklich geschehen würde.
    Der Gott musste in seiner irdischen Form sterben, Hugin und seine Schwester mit ihm. Das Wesen, das die angeketteten Mönche zerfleischt hatte, würde es vollbringen. Zuerst hatte der Rabe angenommen, der Wolf sei einfach nur ein Wolf, doch jetzt erkannte er, dass der Geist des Wolfs in Menschengestalt auf die Erde gekommen war. Er hatte Odin gebeten, ihm den Feind zu zeigen, er hatte die Mönche, die Kriegertruppe und seine eigenen menschlichen Gefühle dem gehenkten Gott geopfert und gedacht, ihm sei nichts offenbart worden. Das traf nicht zu. Der Gott hatte den Wolf zu ihm in die Kirche geführt und seiner Gnade ausgeliefert, und Hugin hatte nicht eingegriffen, er hatte seinen Gott, sich selbst und vor allem seine Schwester nicht gerettet. Ihm war klar, dass er das Tier nicht töten konnte – das war nicht seine Bestimmung, so viel war ihm offenbart worden – , aber er hätte den Wolf einkerkern sollen, als sich die Gelegenheit dazu geboten hatte.

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