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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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noch.
    »Was bist du?«, fragte Aelis.
    Die Frau neigte den Kopf. »Du«, sagte sie. »Ich bin du.«
    »Das verstehe ich nicht, Hexe.«
    »Wir sind die Bruchstücke einer geborstenen Urne. Sie kann jedoch geflickt werden.«
    »Du bist meine Feindin.«
    »Ja, ich habe dich angegriffen, aber es war nutzlos. Ich kann dich nicht verletzen, und du kannst mir nichts anhaben.«
    »Warum zitterst du dann?«
    »Wegen der Gewissheit des Todes.«
    »Wessen Tod meinst du?«
    »Deinen und meinen.«
    »Ich werde nicht sterben. So wenig durch deine Hand wie durch die deiner Anhänger.«
    »Nein, das nicht. Allerdings werden die Runen zusammenfinden. Er wird wieder auf der Erde wandeln und dich und mich auslöschen. Dies ist die Wahrheit.« Die Frau berührte den Knoten am Hals. »Das Halsband des Totengotts, der Dreierknoten, der gelöst wurde, wird neu geknüpft, wenn er wieder hier ist und sich in den Runen zeigt.«
    »Wer kommt wieder hierher?«
    »Der Gott der Runen. Der Gott, den die Runen verkörpern. Ich weiß, was in dir lebt. Es ist mehr als nur die heulende Rune.«
    Aelis schluckte schwer. Die heulende Rune. Der Name war sicherlich treffend. Diese Rune hob sich von den acht anderen ab, denn sie schrie mit der einsamen Stimme eines Wolfs in den Bergen. Aber wen rief sie? Das Wesen, das sie bei den mitternächtlichen Spaziergängen in Loches verfolgt hatte. Den Wolf.
    »Ist das der Grund dafür, dass du mir mit deinem schrecklichen Bruder nachstellst?«
    »Deshalb verfolge ich dich. Mein Bruder könnte diese Beweggründe nicht verstehen. Er kennt nicht die wahre Natur der Runen, er weiß nicht, was es bedeutet, dass sie in mir sind und welches unabwendbare Schicksal sie aufzeigen.«
    Aelis spürte ein starkes Gefühl, das von der Frau ausging, nicht unähnlich jenem, das sie bei dem Händler wahrgenommen hatte. Es schmeckte nach Essig und Pech, nach Hinterlist. Die Hexe hatte ihren Bruder angelogen. Aber in welcher Hinsicht?
    »Wenn die Runen im Tod vereint sind, erscheint der Gott. Der Wolf wird seinen Bruder töten und mit dem Herrn der Toten kämpfen. Mein Schicksal wird sich vollenden, wenn ich durch die Zähne des Wolfs sterbe.«
    Aelis konnte die Bedeutung dieser Worte nicht erfassen, doch die Symbole in ihr gerieten nun in Aufruhr, sie plapperten und klirrten, stöhnten und bebten. Bilder drangen auf sie ein – das Glänzen auf dem Fell eines Pferds, Wasser, das über einen glatten Stein strömt, die Sonne in den Gipfeln der Wolken, die glühenden Felder im Indre-Tal, der Lichtschimmer auf einer Sense, die den goldenen Weizen schneidet, die hellen Garben, die auf einen Wagen geladen werden, das erhabene Licht in den Fenstern von Saint-Etienne, das blaue Teiche auf den Steinboden gemalt hatte, als sie dort gekniet und um Erlösung und Gnade gebetet hatte. Die Runen funkelten und strahlten, und sie wusste, dass dies das Licht Gottes war. Aber was hatte die Symbole erweckt?
    Etwas rief sie, das für sie das Gleiche war wie der Winter für den Sommer. Das Licht erstrahlte in turmhohen Säulen aus schimmerndem Eis, auf überfrorenen Blättern und Dornen, es verwandelte einen Hagelschauer in einen silbernen Schleier, es glänzte auf dem dampfenden Fell eines wilden Stiers. All diese Visionen wurden von den Symbolen heraufbeschworen, doch es waren nicht diejenigen, die in Aelis lebten. Jene, das wusste sie, gehörten der Hexe. Das Unbehagen, das Aelis empfand, verriet ihr, dass ihre eigenen Runen kreischend verlangten, sich mit denen der Hexe zu vereinigen.
    Irgendwie muss die Hexe sterben.
    Es war, als habe Munin ihren Gedanken belauscht, denn sie schleuderte das Messer nach Aelis. Wirkungslos fiel es vor ihren Füßen klappernd auf den Boden, und die Edelfrau hob es auf. Im Mond war das Messer ein böse funkelnder Splitter aus Stahl. Die Hexe schwieg und starrte mit leeren Augenhöhlen. Aelis ging zu ihr, um ihr das Messer in den Bauch zu jagen. Doch dann zögerte sie. Es war, als gehorchte ihr der eigene Arm nicht mehr.
    Die Hexe sagte: »Wenn es so einfach wäre, dann wärst du schon vor Jahren gestorben.«
    Aelis beschwor ihre Kräfte herauf, nahm das Messer mit beiden Händen und versuchte, es der Hexe in den Hals zu rammen. Wieder vermochte sie es nicht. Sie spürte, was sie aufhielt: Es waren die Runen, die in der Hexe lebten. Die Symbole hinderten sie daran und wollten zusammen sein. Jeder Satz von acht Runen wollte den Wirt der anderen acht töten und den eigenen behüten.
    Entnervt warf Aelis das Messer

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