Claw Trilogy 01 - Fenrir
Strömung zog sie mit, und sie kamen gut voran. Der Fluss mündete in einen größeren, der sie in Richtung Meer mitnahm. Ringsherum war das Land verbrannt, Häuser und Ernte waren vernichtet.
Sie versuchten, etwas zu essen zu kaufen, doch die Einheimischen hatten selbst nichts. Die Gehöfte und Häuser waren zerstört, und wer noch da war, trauerte dem alten Leben nach, das unwiederbringlich verloren war. Also mussten die drei hungern.
Als es zu dunkel zum Weiterfahren war, lenkten sie das Boot ans Ufer. Der Rabe zündete ein Feuer an, Leshii ließ das Maultier die Beine strecken, und sie saßen eine Weile beisammen, ohne zu essen oder zu reden, bis sie schliefen. Der nächste Tag verlief genauso. Die Wikinger hatten auch vor ihrer Niederlage bei der flussaufwärts gelegenen Stadt schon Rückschläge erlitten. Auf einem Gehöft waren Köpfe von Nordmännern auf Pfähle gepflanzt, und sie mussten Ofaeti davon abhalten, an Land zu gehen und das Unrecht zu rächen. Es war eine Sache, einen Mann für die Krähen liegen zu lassen, aber eine ganz andere, ihn auf diese Weise noch im Tod zu verhöhnen.
Unter dem grauen Himmel, aus dem immer wieder Regen fiel, fuhren sie weiter.
»Ich hätte nicht gedacht, dass wir so weit landeinwärts waren«, sagte Leshii.
»Im Wald verliert man leicht die Orientierung«, erklärte Ofaeti.
Die Strömung war jetzt stärker, so dass Ofaeti das Segel einholen konnte. Das Boot lag trotzdem nicht ruhig im Wasser. »Die sind keine guten Bootsbauer«, bemerkte der Wikinger. »Sie haben Holz auf einen Stapel geschmissen und zusammengenagelt und hoffen, es schwimmt. Die Franken sollten bei ihren Pferden bleiben.«
Als sie eine weite, schöne Bucht erreichten, lichtete sich eines Morgens endlich die Wolkendecke.
»Die Sonne schmiedet eine Klinge aus Wolken,
Der stete Wind füllt unser Segel.«
»Ich wusste gar nicht, dass du ein Dichter bist«, sagte Leshii zu Ofaeti.
»Ein Krieger soll tapfer kämpfen, aber er muss auch fähig sein, seine Taten mit unsterblichen Worten zu schildern, damit die Söhne ewig die Lieder singen.«
Hugin nickte. »Die Verse erlauben es unseren Söhnen, uns zu ehren. Ich bin froh, dass du diese Gabe besitzt, Ofaeti. In zukünftigen Leben werde ich dein Lied über unsere Abenteuer vernehmen.«
Leshii hatte dringendere Anliegen. »Können wir mit dem Boot den ganzen Weg zurücklegen?«
Ofaeti schüttelte den Kopf. »Das Boot ist nicht seegängig, es ist kaum für den Fluss gut genug. Jede anständige Welle bringt es zum Kentern. Aber ihr könnt mir glauben, wir werden Nordmännern begegnen. Nach einer Schlacht wie dieser gibt es beschädigte Schiffe zu reparieren, man muss die Mannschaft durch Sklaven ergänzen oder auf Nachzügler warten. Sie sind hier, und gar nicht weit weg.«
Sie stiegen aus dem Boot und rasteten, am Morgen ließen sie es zurück und gingen nach Osten. Nachdem sie den halben Vormittag gelaufen waren, erreichten sie eine kleine Bucht. Dort lag ein Langschiff am Strand, dessen Steuerruder einige Männer reparierten. Es war ein großes Schiff mit niedrigem Freibord, dessen Galionsfigur fehlte. Bemannt war es mit höchstens zwanzig Wikingern. Drei von ihnen lagen, offenbar verwundet, im Sand.
»Das ist unser Schiff.« Ofaeti marschierte sofort hinunter zur Bucht.
»Halt, Frankenmann!« Die Wikinger hatten ihn entdeckt. »Wisse, dass wir für den Tod bereit sind, aber immer noch jeden Feind teuer für unser Leben bezahlen lassen. Hier kannst du kein Pferd besteigen, hier musst du zu Fuß kämpfen wie ein ehrbarer Krieger.« Der Sprecher war groß und schmal. Er hielt eine Axt in einer Hand, der andere Arm hing schlaff an der Seite. Hugin nahm an, dass der Knochen gebrochen war.
»Brüder«, rief Ofaeti, »ich bin kein fränkischer Pferdenarr, sondern ein anständiger Kämpfer wie ihr.«
»Du bist ein Horda-Mann, das erkenne ich an deiner Aussprache!«
»Das bin ich durch und durch, und ein verfrorener dazu. Darf ich mich an eurem Feuer wärmen?«, antwortete Ofaeti.
»Du sprichst gute Worte, Freund, und wie ich höre, hast du eine schlagfertige Zunge. Komm her, du bist willkommen«, sagte ein anderer Angehöriger der Truppe.
Sie wurden freundlich empfangen. Die Männer hatten eine Fischsuppe gekocht, die sie mit den Neuankömmlingen teilten. Sie waren Dänen, hatten jedoch mit den Horda und Roga Handel getrieben und waren den drei Gästen gewogen. Hugin bemerkte zwar, dass sie ihn vorsichtig beäugten, da sie ihn als Hexer erkannten,
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