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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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deutlich im Mondlicht im silbernen Wald. Sie war keine Fährtenleserin, doch die Magie in ihr verriet ihr den richtigen Weg oder stellte eher jeden anderen Weg als lächerlich und ungeschickt dar, als sei sie ein Hirte, der nicht den geringsten Anlass sah, auf einmal nach links abzubiegen, nachdem er dreißig Jahre lang jeden Morgen aus der Tür getreten und nach rechts zur Herde gegangen war.
    Er war bei den Leichen, bei den verwesenden Toten. Sie nahm an, der Geruch habe ihn angelockt, denn sie wusste, dass Wölfe den Tod ungemein verlockend fanden.
    Der Beichtvater saß auf dem Boden, die blinden Augen irrten hin und her, als suchte er einen Lichtfunken, der ihm immer wieder entfloh. Im Schoß hatte er den Kopf eines Banditen.
    »Iss nicht davon, Jehan. Lass den Wolf in dir verhungern.«
    Jehan murmelte etwas auf Lateinisch und schlug über dem Kopf des Toten immer wieder ein Kreuz.
    Aelis erkannte das Totenoffizium und übersetzte sich im Geiste die Worte, wie sie es seit ihrer Kindheit in der Kirche getan hatte:
    Todesangst verwirrte mich. Der Hölle Bande umfingen mich, und des Todes Stricke überwältigten mich. Da mir Angst war, rief ich den Herrn an und schrie zu meinem Gott. Erlöse mich, o Herr!
    Der Beichtvater weinte jetzt und hielt den Kopf der Leiche, wie man den Kopf eines geliebten Menschen hält. Wie er ihren Kopf gehalten hatte.
    »Jehan, komm weg von dort.«
    »Du bist eine Hexe, du hast mich verzaubert!«
    Seine Stimme war eher voller Qualen als voller Hass.
    »Ich habe dich nicht verhext. Mein Geliebter, zwischen uns hat sich nichts verändert. Wir sind hier, wir sind Blumen aus Fleisch und Blut, wir wachsen und welken. Aber wie die Blumen sterben wir nur scheinbar, denn wir erblühen wieder und wieder. Ich habe es gesehen, die Runen haben es mir gezeigt.«
    »Es gibt kein künftiges Leben, nur die Auferstehung durch Christus«, erwiderte Jehan. Hustend ließ er sich seitlich auf den Boden fallen. »Ich will nicht dieser … Fresser sein.«
    »Das musst du auch nicht. Das Fieber wird abklingen. Komm zurück und sei mein Geliebter.«
    »Es wird nicht vergehen. Es muss der Stein oder das Ungeheuer sein. Ich werde schwächer werden oder essen.«
    Aelis blickte in sich selbst. Wer war sie? Konnte sie sich wirklich erinnern? Sie dachte an das Mädchen, das diesen Anblick abstoßend gefunden hätte, doch der Gedanke war nicht mehr als der Rauch eines Lagerfeuers in den Bergen – fern und schwach, bald verweht. Dann sah sie sich deutlicher. Sie war das Wesen, das neben ihm stand. Er machte sie zu dem, was sie war, wie das Meer die Gestade des Landes gestaltet.
    »Gott wird dich nicht so leiden lassen. Es gibt einen Prinzen im Osten, einen Zauberer. Lass uns zu ihm gehen.«
    »Mit den Götzenanbetern lasse ich mich nicht ein.« Jehans Religion war wieder da, und wie es schien, mit ihr auch sein Gebrechen.
    »Die Magie des Steins hat dich davor bewahrt, der Wolf zu sein. Warum soll die Magie dich jetzt nicht retten können?«
    »Gott hat mich schwach gemacht und mir diese Prüfung auferlegt, um mich zu bestrafen. Ich werde keinen Heidenstein tragen, aber der Wolf wird ungefüttert bleiben, mein Wille verschließt sein Maul.«
    Schweißperlen entstanden auf seiner Stirn, die Hände und die Stimme bebten.
    »Und doch bist du hier inmitten der Toten.«
    Aelis forschte in den Runen und suchte Hilfe, um ihm zu helfen und ihn zu heilen. Doch in seiner Gegenwart schienen sie zu zittern und zu schrumpfen, und die Geräusche, die sie im Kopf hörte, klangen nach Sengen und Brennen. Sie entfernte sich von ihm und wanderte im Mondschein durch den Wald. Die Bäume erstrahlten weiß wie die Vorboten des Winters. Trotz ihres Wunsches, ihn zu trösten, wusste sie doch, dass Jehan nur seinen eigenen Weg oder vielmehr Gottes Weg finden konnte.
    Als sie zurückkehrte, kniete er immer noch zwischen den Toten und sang Psalmen. Blut tropfte von seinen Lippen, und der Tote vor ihm war zerfetzt und zerrissen, die Eingeweide hervorgequollen.
    »Ich kann mich nicht beherrschen. Ich bin ein Mensch, kein Engel, und kann es nicht unterdrücken. Meine Liebe für dich hat mich geschwächt.«
    »Ich wollte deine Stärke sein.«
    »Unsere Liebe war eine Sünde, die gegen meine heiligsten Eide verstoßen hat. Gott hat sich von mir abgewandt.«
    »Wie kann er dich dafür hassen, dass du liebst?«
    Jehan schossen die Tränen in die Augen. »Ich weiß es nicht, aber so ist es.«
    Sie fühlte seine Willenskraft und die Stärke seiner

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