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Claw Trilogy 01 - Fenrir

Claw Trilogy 01 - Fenrir

Titel: Claw Trilogy 01 - Fenrir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M D Lachlan
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gefällst mir!« Skakki klopfte Ofaeti auf den Rücken. »Gut, dass du jetzt bei uns bist. Vielleicht wendet sich unser Glück nun doch noch!«

65
    Das Eis
    J ehans Herz fühlte sich an wie ein kalter Fels, und der früher so starke Körper war ein nutzloses Gewicht, als Aelis seine schlaffen Gliedmaßen auf das Pferd hievte. Die Welt war dunkel, er hatte das Augenlicht verloren, und die nächtlichen Geräusche, einst so scharf und klar, klangen gedämpft und weit entfernt. Der Geruchssinn, der noch stärker als das Augenlicht gewesen war, kam ihm unzulänglich und stumpf vor. Was er wahrgenommen hatte – die vollen Düfte des Waldes, die flimmernde Luft über den Wiesen, den Pechgestank weit entfernter Meere, die Verwesung in Sümpfen und Mooren – , alles war verloren. An dessen Stelle war die spärliche Palette menschlicher Wahrnehmungen getreten.
    Aelis hatte das Pferd gerufen, eine große gescheckte Stute. Das Tier war im Trab aus dem Wald gekommen und hatte geduldig gewartet, während sie Jehan auf dessen Rücken gehievt hatte.
    Die beiden reisten nach Norden zur Küste und wandten sich dann nach Osten. Aelis fand mühelos den Weg durch den riesigen Wald, denn eine Rune, die wie ein Leuchtfeuer strahlte, führte sie. Die anderen Pferde, die sie dem Raben und dessen Gefährten abgenommen hatte, folgten ihnen anfangs noch. Dann hob sie die Hand, um sie zu entlassen, und sie verschwanden im tiefen Wald.
    Jehan setzte die Reise sehr zu, fast ging sie über seine Kräfte. Die Bewegungen des Pferdes rieben ihn überall wund, die Gelenke taten ihm weh, und die Muskeln zitterten. Unterdessen klärten sich seine Gedanken, und er weinte oft, als er sich an seine Taten erinnerte, an die Menschen, die er getötet hatte.
    Aelis war immer bei ihm. »Soll ich dir den Stein eine Weile abnehmen?«
    »Ich darf nicht zum Mörder werden.«
    Sie nickte. Das Mädchen, das sie einst gewesen, war nur noch eine helle Bewegung in ihr, ein Regenbogen, der beim richtigen Zusammentreffen von Sonne und Regen kurz erschien und wieder verschwand, weil die Runen sofort wieder ihre Seele in Besitz nahmen.
    Wann immer sie wieder die Alte war, sehnte sie sich nach ihm, nach seiner Stimme, nach seinen Berührungen, doch der Beichtvater wurde zusehends schwächer, und die Gliedmaßen waren ihm so unnütz wie einem Baum die toten Äste.
    Aelis war klar, dass es nicht mehr lange so weitergehen konnte. Sie spürte Menschen in den Wäldern, beobachtete sie aus der Dunkelheit und griff im Geiste nach ihnen, um sie fortzuschicken, um sie in den Irrsinn zu stoßen oder ihnen einzureden, es gebe nichts zu sehen. Sie spürte die Nordmänner an der Küste, ehe sie die Truppe sah – geschlagene, zerlumpte Krieger suchten in einer Bucht Schutz und versteckten sich vor den Franken, die ihnen im Handumdrehen den Garaus gemacht hätten. Bei ihnen waren Verwundete und einige, die nach Verwesung und Fäulnis rochen. Aelis beobachtete das Lager. Sie hatten offensichtlich große Angst. Das Schiff lag auf der Seite und bot ihnen ein wenig Schutz vor dem feinen Nieselregen.
    Sie entließ das Pferd, trug den Beichtvater auf den Armen und ging durch den Stechginster zum kleinen Strand hinunter. Dabei beschwor sie die Rune herauf, die von Meerestiefen, Geheimnissen und Schatten flüsterte. Dort auf dem Sand legte sie ihn ab und aß mit den Nordmännern an ihrem Feuer. Niemand bemerkte sie oder den Beichtvater, weil sie entschieden hatte, unbemerkt zu bleiben.
    Als es Zeit war, die Segel zu setzen, ging sie mit dem Beichtvater an Bord und ließ sich an einem der vielen freien Ruder nieder. Das Boot lief mit gutem Wind aus und fuhr nach Osten. Aelis betrachtete das vorbeiziehende Land und die Männer auf dem Schiff. Einen bat sie um Essen. Er gab es ihr mit leerem Blick und bemerkte nicht einmal, wer ihn gefragt hatte.
    Sie ging zu dem Mann am Steuerruder. Er war ein großer Häuptling mit schmutzigem blondem Bart.
    »Wohin reisen wir, Bruder?«
    »Nach Schonen und dann nach Hause.«
    »Versuche dein Glück in Ladoga«, sagte sie. »Dort gibt es Reichtümer.«
    »Aldeigjuborg? Du bist ein kluger Kerl, Mann aus dem Osten«, erwiderte der Häuptling. »Ich fahre dorthin. Svan war schon einmal dort und kann uns den Weg zeigen.«
    Aelis sah sich auf dem Schiff um und betrachtete die Mannschaft, wie andere Menschen sie sahen, und wie sie auf der Ebene der Magie erschienen: kleine Kerzenflammen in der Mauer im Garten. Sie ging zu jeder Flamme, wärmte sich die Hände,

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