Claw Trilogy 01 - Fenrir
Form einer Geschichte. Vielmehr blitzten Bilder oder Gesichter auf, und sie erblickte Schiffe und ein brennendes Dorf, wo ein geliebter Mensch gestorben war, abgeschlachtet auf einem Bett.
»Was wird mit mir geschehen, Händler?«, fragte sie auf Romanisch.
Leshii war kreidebleich. »Du sollst die Leiter hinuntersteigen. Es tut mir leid, Edelfrau. Ich habe dich des Profits wegen aus deiner Heimat entführt. Ich dachte, du solltest seine Braut werden und habe nicht damit gerechnet, dass dich dieses Schicksal erwartet.«
Aelis sah sich um, dann wandte sie sich an Helgi. »Ist dies die Insel?«, fragte sie auf Romanisch.
Helgi antwortete auf Norwegisch, und sie verstand ihn nicht.
Als er ihre verständnislose Miene bemerkte, versuchte er es noch einmal in unbeholfenem Romanisch: »Welche Insel?«
»Die Insel, auf der du mich schon einmal beerdigt hast.«
»Du redest wirres Zeug. Kannst du nicht mehr Norwegisch sprechen?« Helgi war inzwischen völlig sicher, dass er sich richtig entschieden hatte.
»Er hat mich damals gesucht, und er wird auch jetzt wieder kommen.«
»Was will sie?« Er wandte sich an Helgi.
»Sie sagt, er sei damals gekommen, under werde auch jetzt kommen.«
»Wer denn?«
»Der Wolf.«
»Du bist der einzige Wolf, Edelfrau.«
»Du wirst mich nicht töten.«
Eilig stieß Helgi auf Norwegisch etwas hervor, was der Händler langsamer wiederholte: »Er will dich gar nicht töten. Du sollst weiterleben.«
»Da unten?«
»Da unten. Es dient deiner Sicherheit«, erklärte Helgi.
»Im Dunklen?«
»Im Dunklen. Auch wenn du … « Ihm fiel das richtige romanische Wort nicht ein, weshalb er auf einige Körbe deutete, die Decken, Essen, Feuerstein und Kerzen enthielten.
»Wie lange muss ich dort bleiben?«
»Bis die Dinge wieder in Ordnung sind.«
»Für immer?«
Helgi sprach wieder Leshii an, damit der kleine Händler übersetzte. »Weißt du, wer du bist?«
»Ein kleines, zerbrochenes Ding«, antwortete Aelis.
»Drei wollen eins werden«, erklärte Helgi in seinem schwerfälligen Romanisch. »Darf nicht geschehen. Ein Eroberer, ein Herrscher. Odin muss warten.«
»Wenn ich so voller Magie bin, wie kannst du mich dann aufhalten?«
Leshii übersetzte, und Helgi tippte auf den Kieselstein an ihrem Hals. »Loki, Odin. Großer Wolf. Keine Magie«, sagte er.
Aelis hatte die Wirkung des Steins auf Jehan beobachtet und wusste, was er sagen wollte. Was war ohne den Stein aus dem Beichtvater geworden? War er tot? Oder, noch schlimmer, hatte er sich verwandelt, und sein Mund war inzwischen wieder rot vom Blut der Opfer? Sie fühlte sich eher den Göttern verbunden, die Helgi erwähnt hatte, als dem Glauben, in dem sie erzogen worden war. Der Glaube war ihr stets mehr Pflicht als Leidenschaft gewesen. Die trüben Sonntage in der Kirche hatte sie dazu genutzt, Klatsch aufzuschnappen, und kaum auf die Worte Jesu gehört. Als Helgi den Wolf und Odin erwähnte, spürte sie die Wahrheit dieser Worte in den eigenen Knochen. Schau dich doch in der Welt um, dachte sie, und behaupte, sie sei nach dem Bild eines sanften Gottes geschaffen.
Als die Asen sahen, dass der Wolf völlig gebunden sei, nahmen sie den Strick am Ende der Kette, der Gelgia hieß, und zogen ihn durch einen großen Felsen, Giöll genannt. Warum hatten sich ihr diese Worte so tief eingeprägt? Warum erinnerte sie sich eher an diesen Satz als an ein Gebet oder einen Psalm?
»Die Leiter«, befahl Helgi.
Aelis hob die Hände zum Hals, um den Anhänger abzunehmen, und musste einsehen, dass sie immer noch nicht dazu in der Lage war. Die Finger wollten ihr nicht gehorchen, sie konnte den Riemen einfach nicht über den Kopf streifen.
»Das beweist es wohl«, sagte Helgi. »Komm schon, es wird Zeit. Geh in den Stollen.«
Aelis betrachtete den Barbaren aus dem Norden mit dem lächerlichen Kaftan und den Pluderhosen. Sie stammte von Robert dem Tapferen ab, der weitaus edler war als dieser Mann. Nein, sie würde sich nicht sträuben und nicht weinen. Vielmehr lächelte sie ihn an. »Wenn du gegen Götter kämpfst, musst du zuerst dein eigenes Grab ausheben, Barbar. Ich denke, deine Männer, die geschwitzt haben, um dieses Loch zu graben, werden schon sehr bald erneut über ihren Spaten schwitzen, um dich zu bestatten.« Sie spuckte ihn an, und von irgendwo kamen die Worte: » I dag deyr thú. «
»Heute soll mein Todestag sein?«, gab Helgi zurück. »Vielleicht, vielleicht auch nicht. Pferd wird mich töten. Vorhergesagt. Habe kein Pferd,
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