Clean Team
ließ ich es gut sein. Wieder auf der Leiter, nebelte ich die Decke ein, auf der Suche nach letzten verräterischen Spuren, und bemerkte dabei aus den Augenwinkeln mein Spiegelbild im dunklen Küchenfenster.
Fast nackt auf einer Trittleiter, das Blut eines toten Mannes von der Decke wischend, hielt ich inne und wandte mich dem jungen Mann in der Scheibe zu.
- Ist es vorstellbar, mein Freund, dass deine psychischen Verarbeitungsmechanismen die ganze Scheiße überkompensieren, die damals im Bus passiert ist?
Der junge Mann im Fenster antwortete.
- Von welcher Scheiße redest du?
Ich setzte die Unterhaltung fort.
- Davon, wie das kleine Mädchen aus deiner Klasse von einer verirrten Kugel getroffen wurde, in deinen Armen starb und du von ihrem Blut besudelt wurdest.
Er zuckte mit den Achseln.
- Ach, das.
Ich stemmte die Arme in die Hüften.
- Siehst du, genau das meine ich. Diese gespielte Lässigkeit im Umgang mit der ganzen Geschichte, und dass du dich ständig wie ein Arsch aufführst. So bewältigt man keine traumatischen Situationen.
Er schien unbeeindruckt.
- Tatsächlich? Kennst du vielleicht’nen besseren Weg? Hast du jemals’ne andere Reaktionsweise erlebt? Mann, so weit ich weiß, ist das völlig normal. Vielleicht so ziemlich das Normalste, was du je in deinem Leben gemacht hast.
Ich stieß meinen Finger in seine Richtung.
- Scheiß auf dich! Das ist so krank. Ich versuche, zur Abwechslung mal ein ernsthaftes Gespräch mit dir zu führen, und du führst dich auf wie …
- Was? Wie führ ich mich auf?
Ich erstarrte und musterte eine zutiefst beunruhigende Minute lang mein Spiegelbild.
Dann schüttelte ich den Kopf.
- Mann, warum lass ich mich überhaupt auf so ein Gespräch ein.
Ich stieg von der Leiter, legte mich auf den Rücken, alle Viere von mir gestreckt, und starrte an die makellos saubere Decke. Und ich glaube, zum ersten Mal seit einem Jahr weinte ich, bin mir dessen aber nicht ganz sicher, weil sich gleichzeitig eine gewaltige Müdigkeit über mir auftürmte, mich umschlang und hinab in die Tiefe zog.
Während mir die Augen zufielen, murmelte ich vor mich hin.
- Scheißmandeln.
- Ich weiß es echt zu schätzen, wenn du sauber machst.
Ich schlug die Augen auf, und das grelle Tageslicht, das normalerweise von den Kopfkissenbezügen abmildert wurde, stach mir ins Gesicht.
- Aber das ändert nichts an dem grundsätzlichen Problem.
Chev hockte auf der Kante seines Loungesessels und rieb sich die Augen.
Ich stützte mich auf die Ellbogen.
- Tut mir leid wegen dem Geld, Mann.
Er warf sich in den Sessel zurück und ließ die gesamte Luft aus seinen Lungen entweichen.
- Siehst du, genau das ist der Punkt.
Mit der flachen Hand schützte ich meine Augen vor der stechenden Sonne.
- Ich wusste nicht mal, dass er es mir gegeben hat.
Er schüttelte den Kopf.
- Scheiß auf das Geld. Das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass du nicht kapierst, was der Punkt ist. Vergiss das Geld. Und auch, dass du ihn treffen wolltest, geht okay. Schließlich ist er dein Dad. Ich versteh das wahrscheinlich sogar besser als du. Jesus, Mann, ich hab ihn selbst vor sechs Monaten besucht.
Ich setzte mich auf.
- Was?
- Als sich dein krankes Verhalten nach ein paar Monaten immer noch nicht gebessert hatte, bin ich zu L.L. gefahren.
- Chev.
- Ich hab mir echt keinen Rat mehr gewusst. Thea hat immer nur gesagt, die Zeit heilt alle Wunden . Und alle, mit denen ich sonst drüber gesprochen hab, wie der Trauerbegleiter im Krankenhaus, fanden es wichtig, dass du dich mit den Ereignissen in einer unterstützenden Atmosphäre auseinandersetzt. Scheiße, mir war natürlich klar, dass das niemals passieren würde. Und dann hab ich mir diese Bücher über Posttraumatische Belastungsstörung besorgt und dich darin eins zu eins wiederentdeckt.
Er lachte.
- Kumpel, du würdest echt den perfekten Coverboy für PTBS abgeben.
Er rollte den Ärmel seines schwarzen T-Shirts herab, unter dem seine Zigaretten steckten.
- Aber einen Hinweis, wie ich dir helfen kann, hab ich darin nicht gefunden.
Ich bemerkte, dass ich immer noch die Putzhandschuhe trug, und streifte sie ab.
- Davon hab ich überhaupt nichts mitgekriegt.
- Schon klar. Du hast ziemlich viel nicht mitgekriegt.
Er zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch aus.
- Nicht nur ich hab mich um dich
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