Clean Team
bringst. Nur für den Fall, dass du’nen zusätzlichen Ansporn brauchst.
Damit stiefelte er aus der Tür, die Leiche über der Schulter, offensichtlich bestens präpariert für neugierige Fragen, die ein solcher Anblick auslösen konnte.
Entweder das, oder er zog einfach schneller.
Mandeln.
Während ich wieder mal einen Tatort säuberte, dachte ich über Mandeln nach.
Nackt bis auf die Unterhose, meine Sneakers und ein Paar Gummihandschuhe, löste ich die weißen Kopfkissenbezüge von der Vorhangstange überm Küchenfenster. Ich hatte sie dort befestigt, um die grelle Sonne abzudämpfen, wenn ich morgens in der Küche meinen Kaffee trank, bevor ich in die Schule ging, um Kindern Lesen, Schreiben, Addieren und Subtrahieren beizubringen. Außerdem dachte ich über verfluchte Nüsse nach.
Über taube Nüsse.
Solche wie mich.
Nachdem ich die Kissenbezüge in die Badewanne geworfen und mit zirka fünf Liter Bleichmittel eingeweicht hatte, stellte ich einige Betrachtungen darüber an, wie verrückt ich eigentlich war. Eine Frage, der ich mich im gesamten letzten Jahr nicht hatte stellen können, für deren Beantwortung mir inzwischen jedoch die Zeit reif schien.
Ich trug meine Schreibtischleuchte und eine Stehlampe aus Chevs Zimmer in die Küche und steckte sie ein. Unter den verbesserten Lichtverhältnissen verschaffte ich mir einen gründlichen Überblick, was mich hier erwartete. Und als ich die Reste des menschlichen Gesichts studierte, die hautsächlich in dem Bereich verstreut lagen, in dem ich normalerweise mein Essen zubereitete – sprich meine Fertiggerichte öffnete -, und sich dabei keine nennenswerten Gefühle in mir regten, bekam ich eine Ahnung davon, wie sehr mein Seelenleben bereits vom Normalzustand abwich.
Ich betrachtete mich, wie ich hier halbnackt an den Blutflecken herumschrubbte.
- Abnorm.
Ich riss ein paar Papierhandtücher von der Rolle, die ich unter der Spüle hervorgeholt hatte, und begann den kleinen Klapptisch unter dem Fenster abzuwischen.
- Dein Seelenleben, Webster Fillmore Goodhue, ist irgendwie ziemlich ins Abnorme abgedriftet.
Während ich weiterputzte, legte ich mir die Frage vor, ob die Tatsache, dass ich erst Zeuge eines kaltblütigen Mordes werden musste, um einen solchen Gedanken zu fassen, auf etwas Krankes hindeutete oder auf etwas sehr, sehr Krankes. Andere Optionen schienen mir im Moment nicht in Betracht zu kommen.
Als der Tisch sauber war, trug ich ihn zur Küchentür und stellte ihn auf den Teppichboden im Wohnzimmer. Dabei bemerkte ich hinter der Türschwelle eine Reihe nasser, dunkler Flecke auf dem Teppich. Ich tränkte ein Handtuch mit kaltem Wasser und feuchtete die Flecke zusätzlich an, bevor sie eintrocknen konnten. Außerdem rieb ich etwas
Geschirrspülmittel in die Teppichfasern. Diesen Stellen würde ich mich später zuwenden.
Die größte Blutlache breitete sich unter dem Fenster aus. Talbot hatte sich nach dem ersten Schlag vorgebeugt und das meiste Blut aus seiner zertrümmerten Nase auf den Bo – den vergossen, statt die Wände damit zu besprühen. Was zunächst vorteilhaft wirkte. Allerdings war der zweite Schlag des Cowboys folglich ein Aufwärtshaken gewesen. Weniger vorteilhaft. Das hatte nämlich dafür gesorgt, dass die Decke jetzt mit einem feinen roten Pünktchenmuster gesprenkelt war. Die letzten drei Schläge waren dann wieder normal von oben nach unten erfolgt, sobald Talbot am Boden lag.
Ich hob den Kopf.
- Decke zuerst.
Ich holte die Klappleiter aus dem Flurschrank und begann zu sprayen und zu wischen. Dabei pendelte ich beständig von einer Seite zur anderen, weil mein Körper die Lichtkegel der Lampen kreuzte und Schatten auf das Blut warf. Ich wollte nicht, dass mir auch nur der kleinste Spritzer entging.
Als das Schlimmste beseitigt war, das halb geronnene Blut vom Boden geschabt, die Wände geschrubbt, alles gemoppt, gewischt und noch mal gewischt war, nachdem ich vier ruinierte Schwämme, die Überreste zweier Papiertücherrollen, drei als Lumpen zweckentfremdete T-Shirts und den Wischmopp in den Putzeimer gestopft, die Treppe runtergetragen und in den Kofferraum meines schrottreifen 510 gesperrt hatte, nachdem das alles erledigt war, goss ich einen Rest Wasserstoffsuperoxid in die leere Fensterreinigerflasche und besprayte den Teppich, den Linoleumboden und die Wände.
Der Teppich schäumte an ein paar Stellen, aber die Flecke waren nicht mit bloßem Auge zu erkennen, also
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