Clean Team
was wirklich in dir steckt. Komm, lass noch eins von diesen Löwenbräus rüberwachsen.
Das Ende der Welt.
Gab es einen besseren Ort, eine Umkehr im eigenen Leben zu wagen?
Also begann ich mit einem riskanten Wendemanöver auf einer äußerst schmalen Straße und bei entgegenkommendem Verkehr.
Ich kramte das Handy aus meiner Tasche, das Harris mir überlassen hatte, und wählte.
- Clean Team.
- Hey, Po Sin, ich bin’s.
- Der junge Web. Kommt mir vor, als sei es erst gestern gewesen, dass er während der Arbeit eingeschlafen ist und meinen Lieferwagen unbewacht gelassen hat, der daraufhin gestohlen wurde. Moment, das ist ja tatsächlich erst gestern gewesen. Mein Gott, wie die Zeit vergeht. Was kann ich heute für dich tun?
Ich kickte gegen ein paar Kieselsteine. Dann musterte ich meine Umgebung, einer der gloriosen Orte meiner in L.L.s
Obhut verbrachten Kindheit, und dachte an die Verletzungen, die wir anderen zwangsläufig zufügen, sobald wir erwachsen werden und zu uns selbst finden.
- Po Sin.
- Am Apparat.
- Po Sin. Ich hab das Büro verlassen. Ich war wieder zurück, als der Lieferwagen geklaut wurde. Aber ich bin nicht die ganze Zeit über dort gewesen. Das war gelogen.
Po Sin ist ein gewaltiger Mann und fähig zu einem gewaltigen Schweigen. Was er bei dieser Gelegenheit unter Beweis stellte. Ich hätte gerne höflich das Ende seines Schweigens abgewartet, hatte aber nicht so viel Zeit.
- Po Sin?
- Immer noch dran.
- Tut mir leid, Mann. Sorry, dass ich meinen Job nicht anständig erledigt hab.
Es folgte ein tiefer, nicht enden wollender Seufzer.
Der dann aber doch irgendwann endete.
- Meine Kinder, Web.
- Ja.
- Sie brauchen’ne Menge Zuwendung. Bei Yong muss ich das wohl nicht eigens betonen. Wir werden ihm wahrscheinlich unser ganzes Leben lang zur Seite stehen müssen. Und Xing? Wegen Yong können wir ihr nicht all die Zeit schenken, die sie verdient. Also holt sie sich Aufmerksamkeit auf anderen Wegen.
- Ich weiß.
- Und sie sind teuer. Kinder kosten dich ein Vermögen.
Medizinische Behandlung für Yong, Therapie, Privatlehrer, Jesus, du hast ja keine Ahnung.
- Sicher.
- Sicher, Web. Danke für die Entschuldigung.
- Ich … Du musst mir nicht danken.
- Web. Ich hab gesagt: Danke für die Entschuldigung . Und was antwortet man darauf?
- Keine Ursache?
- Irgendwas in der Art. Jedenfalls, meine Kids sind extrem teuer und extrem arbeitsintensiv. Daher habe ich keine Kapazitäten für ein weiteres. Besonders keines, das mich noch mehr Geld kostet, indem es alles Mögliche vermasselt. Haben wir uns verstanden?
- Ja.
- Zeit erwachsen zu werden, Mann. Okay?
- Okay. Das bekomme ich in letzter Zeit übrigens öfter zu hören.
- Hat womöglich einen Grund.
- Ja.
- Okay. Also, die Sache mit dem Lieferwagen biegen wir irgendwie wieder hin. Nach dem kleinen Botengang, den du gestern Abend mit Gabe erledigt hast, brauchen wir Morton wohl nicht zu fragen, ob er uns den Wagen wieder zurückgibt. Aber wenigstens war die Kiste versichert. Unterm Strich kostet mich das Ganze also ein bisschen Papierkrieg und’ne höhere Versicherungsprämie. Und je früher wir mit Morton Klartext reden, desto besser. Du musst deswegen jetzt nicht in’nen Freudentaumel ausbrechen, aber darauf beläuft sich in etwa der Schaden. War’s das? Hast du dir alles von der Seele geredet?
Ich spähte zum Horizont. Dorthin, wo das Meer über den Rand der Erdscheibe in die Tiefe stürzte, in die ein unaufhaltsamer
Sog auch mich bald hinabziehen würde, wenn ich nichts unternahm.
Also riss ich das Ruder hart herum.
- Die Wahrheit ist, ich hab nicht nur das Büro verlassen. Ich hab es verlassen und bin dabei auch noch in eine üble Geschichte geraten. Und deswegen wurde der Lieferwagen geklaut. Morton hat ihn nicht gestohlen. Das waren andere Typen. Richtig gefährliche Typen. Und die haben ihn jetzt.
Diesmal sparte er sich das Schweigen.
- Fickende Hölle!
- Sie haben den Wagen, und sie haben noch was anderes.
- Fickende Hölle!
- Sie haben das Mädchen.
- Fickende Hölle, was?
- Po Sin, die haben Soledad. Und ich will ihr helfen. Und …
- Fickende Hölle!
- Und ich brauch deine Unterstützung.
Bei näherer Betrachtung eigentlich keine Bitte, die unbedingt dazu angetan schien, ein neuerliches Schweigen seinerseits auszulösen. Eher schon hätte ich mit einem weiteren Ausruf seines Lieblingsfluchs gerechnet, der ausdrücken sollte, wie dicht er vor
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