Cleo
der mehr Gefahren in sich barg als ein angolanisches Minenfeld. Wir beschlossen, es zu machen.
Cleo half uns bei der Auswahl des Zwischenmieters, der das Haus in unserer Abwesenheit übernehmen würde. Der Erste, der vorstellig wurde, war Jeff, ein Buchhalter wie aus dem Bilderbuch in seinem blau-weiß karierten Hemd. Er machte einen netten Eindruck, aber Cleo fauchte ihn an und versteckte sich unter einem Stuhl. Eine Stunde später schwebte Virginia, eine Aromatherapeutin, in einer Wolke aus Seidenschals und Patschuli-Öl herein. Cleo beäugte Virginia von ihrem Aussichtspunkt auf dem obersten Brett des Bücherregals. Wenn Cleo sich darauf versteifte, gegenüber einem Menschen eine erhöhte Position einzunehmen, dann war das nie ein gutes Zeichen. Es würden Drohungen folgen. Ein Kampf der Giganten. Der schließlich im Katzenklo ausgetragen werden würde. Ich hatte Virginia schon am Telefon erklärt, dass die Katze Teil der Abmachung war. Vielleicht der wichtigere Teil.
Virginia funkelte Cleo an und sagte: »Mein Interesse an der Aromatherapie rührte unter anderem daher, dass Katzen mich zum Niesen bringen. Ich habe festgestellt, dass mein Niesen praktisch verschwindet, wenn ich die Katze einmalin der Woche in Lavendelöl bade. Dann tränen mir nur noch die Augen, aber das lässt sich homöopathisch …« Ich ließ Virginia weiter vor sich hin schwafeln, bis sie ihren Pfefferminztee ausgetrunken hatte, dann dankte ich ihr für ihr Kommen.
Ich persönlich mochte ja Audrey ganz gern, eine extravagant gekleidete Frau, die einen Ort suchte, an dem sie ein neues Leben beginnen konnte, nachdem ihr Mann mit einem Masseur/einer Masseurin, das war nicht ganz klar, davongelaufen war. Sie errötete, als ich ihr ein Kompliment für den wunderbaren Halsschmuck machte, der in mehreren Lagen über ihre Brust hing. Er sah aus wie eine Kombination aus einem dieser Absperrbänder für Tatorte und etwas, das ich im Kuhstall meines Cousins gesehen hatte. Ein italienisches Designerstück von einem einarmigen Künstler, erklärte sie, dessen Arbeiten ständig im Wert stiegen.
Unser Haus sei ideal, sagte sie, hier hätte sie genug Platz, um am Wochenende ihrem Hobby nachzugehen, nämlich riesige Geschlechtsteile aus Styropor zu schnitzen, natürlich nur wenn wir einverstanden wären, dass sie Robs Zimmer zum Atelier umfunktionierte. Glücklicherweise war Rob nicht zu Hause und konnte nicht nach seiner Meinung gefragt werden. Als Audrey in der Tür zu Robs Zimmer stand und im Geiste seine Sammlung von Modellflugzeugen gegen Monolithen der Leidenschaft austauschte, huschte ein Schatten zwischen ihren Knöcheln hindurch. Mit bewundernswertem Reaktionsvermögen schnappte sich Audrey Cleo und drückte sie an ihren Busen.
»Oh, eine Muschi!«, dröhnte sie. »So ein Kätzchen wie du macht ein Haus erst richtig gemütlich.«
Cleo teilte Audreys Begeisterung für Fesselspiele nicht. Sie interessierte sich auch weniger für Audrey als für AudreysHalsband. Sie hob eine Pfote und schlug damit versuchsweise gegen eine Kugel.
»Vielleicht sollten Sie sie lieber absetzen«, sagte ich nervös.
»Unsinn! Das kleine Katerchen weiß genau, dass ich Katzen liebe, nicht wahr?«
»Es ist eigentlich eine Sie …«
Ich versuchte, Cleo aus dem Halsband zu befreien, da erwischte sie die Kugel mit den Zähnen und biss zu. Die Kugel fiel zu Boden, und wie dem ersten Stein eines Steinschlags folgte ihr in Zeitlupe eine ganze Kaskade aus Perlen, Edelsteinen und Bändern. Audrey kreischte auf. Nicht einmal der einarmige Meister wäre imstande gewesen, den glitzernden Haufen, der sich um unsere Füße ausbreitete, wieder zu einer Kette zusammenzufügen.
Audrey schlug mein Angebot aus, die Perlen wieder aufzuziehen oder jemanden zu suchen, der das tun könnte. Ich holte eine alte Plastiktüte und schaufelte die Reste des Kunstwerks hinein. Sie hatte die Güte, das Haus zu verlassen, ohne mich vorher zu erwürgen. Oder Cleo.
Meine Verzweiflung wuchs. Würde ich jemals jemanden finden, der Cleo gefiel? Da kam Andrea, eine junge Ärztin mit grünen Augen und einem dunklen Lockenkopf. Sie versicherte uns, sie würde Katzen lieben und gut auf Cleo aufpassen. Die anderen waren mit ihren Versuchen, Cleo zu bezirzen, allesamt gescheitert, aber Andrea versuchte es erst gar nicht. Sie ging einfach durchs Haus und stellte ganz entspannt Fragen. Als sie sich zum Gehen bereit machte, strich Cleo mit einem Buckel um sie herum, weil sie gestreichelt werden wollte. Nach
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