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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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wolltest das tun?«, sagte ich und rang mit den schwarzen Beinchen und dem Schwanz, die sich alle gleichzeitig in verschiedene Richtungen bewegten.
    »Du bist die Mutter«, erwiderte Rosie und brachte sich hinter dem Handtuchhalter in Sicherheit.
    Das Kätzchen entspannte sich in meinen Händen, was ich als großes Kompliment verstand. Von ihrem trockenen Aussichtspunkt aus starrte Cleo fasziniert auf das Wasser, das glitzerte, als schwämme ein Goldfischschwarm darin herum. Auch ich entspannte mich. Vielleicht hatte Cleo die berühmte Wasserliebe der Abessinier geerbt und würde das Bad sogar genießen.
    Ich holte tief Luft und senkte sie ins Wasser. Schnelles Handeln in Kombination mit Wahrung der Katzenwürde waren gefordert. Cleo schien zu verstehen, was ich vorhatte. Sie hielt still wie eine Statue, während ich das Babyshampoo in ihr Fell massierte, und war bald unter einem Schaumberg begraben.
    Ich war stolz auf sie, wie sie da im Wasser saß. Glücklicherweise sah Cleo nicht, was das Bad mit ihrem Erscheinungsbild anstellte. Mit dem angeklatschten Fell und den an den Wangen klebenden Schnurrhaaren hätte man sie leicht mit einer Ratte verwechseln können. Rosie blieb nichts anderes übrig, als von Cleos Verständnis für Hygienemaßnahmen beeindruckt zu sein.
    »Braves Mädchen«, schnurrte ich.
    »Siehst du? Es ist überhaupt nichts dabei«, sagte Rosie. »Jede Katze braucht hin und wieder ein Bad.«
    Plötzlich gab Cleo ein urtümliches Jaulen von sich. Es war ein erschreckender Laut, der sofort und unvermittelt alle meine Mutterinstinkte wachrief, genau wie das Weinen eines verloren gegangenen Kindes in einem Supermarkt. Ihr kleiner Kopf sank zur Seite, und mit Grauen musste ich mit ansehen, wie sie in meinen Händen schlaff wie ein Waschlappen wurde.
    »Nimm sie raus! Nimm sie raus!«, bellte Rosie.
    »Ich nehm sie ja raus!«, bellte ich zurück. Ich hob das winzige Wesen aus dem Wasser, dessen Kopf und Beine leblos hin und her baumelten. »Oh nein!«
    Was würde Rob sagen? Er hatte so viel durchgemacht, einen weiteren Schlag würde er nicht verkraften. Ich hatte schon als Mutter versagt. Man hätte mir niemals die Verantwortung für etwas so Kleines und Hilfloses wie eine junge Katze übertragen dürfen. Ich war ja kaum imstande, mich morgens anzuziehen.
    Ich riss Rosie das Handtuch aus der Hand und wickelte die leblose Gestalt hinein.
    »Es tut mir so leid, Cleo!«, jammerte ich, während ich sie abrubbelte und mit ihr ins Wohnzimmer lief. Ich stellte die Gasheizung an und hielt Cleo so nah wie möglich daran, wobei ich sie die ganze Zeit wie besessen massierte.
    »Du hattest Recht, Rosie. Ich bin ein hoffnungsloser Fall, was Katzen angeht. Das ist alles so furchtbar!«
    Rosie stand drohend über uns. »Das Wasser war zu kalt«, sagte sie.
    »Warum hast du denn nichts gesagt?«
    »Ich dachte, dass es vielleicht nichts ausmacht. Womöglich war es auch das falsche Shampoo …«
    Der winzige Körper lag schlaff in meinen Händen.
    »Ich habe sie umgebracht, Rosie!«, rief ich schluchzend. »Sie war das Einzige, das uns ein bisschen aufheitern konnte. Und jetzt habe ich sie ertränkt! Ich weiß, du glaubst nicht, dass ich ein Katzentyp bin, aber ich habe Cleo inzwischen richtig lieb gewonnen!«
    So würde von nun an also mein Leben aussehen. Was auch immer ich anfasste, es würde unter meinen Händen verkümmern und schließlich sterben. Der Welt zuliebe sollteich an der äußersten Spitze der Südinsel einen Berg erklimmen, mich in eine Höhle zurückziehen und auf mein Ende warten.
    Plötzlich gab der Lumpen auf meinem Schoß ein einzelnes, geziertes Niesen von sich. Ein Schauer lief durch den winzigen Körper. Cleo hob den Kopf, erhob sich unsicher und schüttelte sich beleidigt, so dass auch ich meine Dusche abbekam.
    »Cleo! Du bist wieder da! Ich glaub’s nicht!« Auf die weitere Spülung durch den Strom meiner Freudentränen hätte sie gut verzichten können.
    Das Kätzchen fixierte mich mit Augen so groß wie Untertassen und leckte dann meinen Finger ab, als sei sie aus einem angenehmen Traum erwacht und fragte sich, was es wohl zum Frühstück gebe. Zutiefst erleichtert rubbelte ich ihr kostbares Fell, bis es fast trocken war. Seit der Geburt meiner Söhne hatte ich nicht mehr diese überschwängliche Freude darüber empfunden, dass ein Wesen lebte und gesund war.
    »Hör mal, wie sie schnurrt«, sagte ich zu Rosie. »Glaubst du, sie wird mir verzeihen?«
    Besonders überzeugt wirkte Rosie nicht.

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