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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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auszusteigen und ihn keine Nanosekunde dieses Tages aus den Augen zu lassen.
    Rob und Jason kletterten aus dem Auto.
    »Ich hol dich um halb vier ab«, sagte ich.
    »Nicht nötig«, sagte Jason. »Wir gehen zusammen nach Hause, oder, Rob?«
    Rob blinzelte Jason im Sonnenlicht an und lächelte. »Ja, wir gehen lieber.«
    Gehen? Eine Straße überqueren? Mir wurde ganz anders bei dem Gedanken, dass Robs Füße auch nur in die Nähe von Straßenasphalt kamen, ohne dass ich ihn schützen konnte. Aber Jason und Ginny hatten Recht. Je früher Robwieder ein ganz normales Leben führen konnte, vielleicht sogar neue Freundschaften schloss, desto leichter würde alles für ihn werden. Sie hatten mir ihre Hilfe in der überzeugendsten Form zuteil werden lassen – Großzügigkeit in Form von Taten statt Worten.
    Auf die Gefahr hin, dass mich Jason für nicht ganz dicht hielt, kramte ich eine alte Einkaufsliste aus meiner Handtasche und zeichnete auf der Rückseite ihren Heimweg genau auf. An dem Fußgängerüberweg vor der Schule passten ältere Schüler auf, die vermutlich den nötigen Respekt vor dem Autoverkehr hatten. Wenn sie dem Pfad neben dem Graben folgten, dann mussten sie nur eine ruhige Straße überqueren, bevor sie die Hauptstraße erreichten, auf der Sam gestorben war. Die sollten sie nicht unten an der Bushaltestelle überqueren, sondern ein paar hundert Meter weiter oben auf dem Zebrastreifen, gleich bei Dennis’ Kramladen und dem neuen Feinkostgeschäft. Ich drückte Rob die Einkaufsliste in die Hand und nahm ihm das Versprechen ab, nicht über die Straße zu laufen, bevor er sicher war, dass sämtliche Autos weit genug weg waren. »Und vergiss nicht, den Lehrer zu bitten, mich anzurufen, wenn du früher nach Hause kommen willst«, rief ich ihm noch mit belegter Stimme nach.
    Aber Rob war schon halb durch das Schultor durch und lachte über etwas, das Jason gesagt hatte. Jason schlenderte neben ihm her, drehte sich um, winkte und legte einen Arm um Robs Schulter.

 
    12
    J ägerin
    Im Gegensatz zu den meisten Menschen
    stehen Katzen zu ihrer wilden Seite.
     
    Mit Cleo auf dem Arm wartete ich an diesem Nachmittag auf dem Ziegenpfad und horchte auf Kinderstimmen. Wenn Rob und Jason meiner Wegbeschreibung gefolgt waren, sollten sie etwa zwanzig Minuten brauchen. Dann waren sie jetzt sieben Minuten zu spät.
    Lauter Wenn-dann-Sätze geisterten mir durch den Kopf. Was, wenn Jason Rob überredet hatte, einen längeren, gefährlicheren Weg zu nehmen, wenn er vergessen hatte, dass er zusammen mit Rob nach Hause gehen sollte, und mit Freunden aus der Cool Gang abgezogen war … Ein Felsblock senkte sich auf mein Herz. Dann erklang plötzlich Jungengelächter das Tal hoch. Ein Teil des Gekichers, das zu hören ich schon nicht mehr gehofft hatte, stammte eindeutig von meinem Sohn. Sein erster Schultag musste besser gelaufen sein, als ich mir vorzustellen gewagt hatte.
    Ich sah, wie zwei Jungen um die Ecke bogen – ein blonder und ein dunkelhaariger, nicht zwei blonde.
    »Wie war’s?«, rief ich Rob zu.
    »Gut«, sagte er. Die Fröhlichkeit in seiner Stimme klang echt.
    Jasons Augen leuchteten auf, als er Cleo sah.
    »Komm, wir bringen ihr bei, wie man jagt!«, rief er und ließ den Schulranzen von seinem Rücken rutschen.
    »Ist sie dafür nicht ein bisschen jung?«, fragte ich und drückte das schwarze Tierchen fester an mich, das ich, seit ich es wiederbelebt hatte, umso mehr beschützen zu müssen meinte. »Sie ist doch gerade erst von ihrer Mutter weggekommen.«
    »Ach, das kann sie«, sagte Jason und ließ den Ranzen in unserem Flur fallen, so als fühlte er sich schon ganz zu Hause. »Haben Sie ein Stück Papier und ein bisschen Wolle?«
    Warum hatte ich nicht selbst längst daran gedacht? Wir waren so sehr mit unserem Leid beschäftigt gewesen, dass ich einen wesentlichen Teil der Kätzchenentwicklung vergessen hatte. Rob, Cleo und ich sahen zu, wie Jason ein Zeitungsblatt zusammenknüllte und einen Wollfaden daran befestigte.
    »Schau, Kleine«, flüsterte Jason und legte den Zeitungsköder auf den Boden, dann zog er an dem Faden. »Da ist die Maus! Fang!«
    Cleo machte einen verwirrten Eindruck. Vielleicht war sie ja tatsächlich eine ägyptische Prinzessin, die in einem Katzenkörper gefangen war und sich unmöglich dazu herablassen konnte, mit Zeitungspapier zu spielen.
    »Komm schon«, sagte er und zog die vermeintliche Beute über den Boden zum Gummibaum. »Die Maus rennt sonst weg!«
    Cleos Ohren

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