Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
Vom Netzwerk:
Klassenkameraden auskam. Lydia war noch so klein, dass sie den Wechsel kaum mitbekommen würde, aber ich würde mich um ein gutes Kindermädchen kümmern müssen, für die Zeit, in der ich arbeitete. Und was war mit Cleo? Katzen sind bekannt dafür, dass sie stärker an einem Ort verwurzelt sind als Menschen.
    Nicht zu vergessen der Job. Jim war offenbar überzeugt, dass ich auch zu anderen Dingen als Babys, Teppichflusen und Einkaufswägen etwas zu sagen hatte, aber was, wenn er nicht Recht hatte? Nach zehn Jahren, die ich in einem öden Vorort gefristet hatte, hatte ich das, was ich auf der Journalistenschule gelernt hatte, sicher vergessen. Bestimmte Teile meines Gehirns mussten geschrumpft sein. Warum sonst sollte ich auf meinen Einkaufslisten Kürzel verwenden, die ich, kaum war ich im Supermarkt angekommen, nicht mehr entschlüsseln konnte? Ich würde vor aller Augen versagen, öffentlich.
    Ich liebte Wellington und hatte die charakterstärkenden Seiten seines Wetters, der Hügel und Erdbeben zu schätzen gelernt. Andererseits war eine größere, wärmere Stadt auch nicht zu verachten. Manchmal fragte ich mich, ob unser Häuschen auf einer Verwerfungslinie des Unglücks stand und jedem, der in ihm wohnte, Leid brachte. In der Zeit meiner Schwangerschaft und nach Lydias Geburt waren Steve und ich von Hochstimmung getragen gewesen, aber jetzt fielen wir wieder in die alten Muster zurück und zogen uns zurück oder waren von Groll auf den anderen erfüllt. Kurz, die Liebe lag mal wieder auf Eis. Vielleicht würden wir in lauen Sommernächten unter roten Hibiskusblüten noch einmal genügend Kraft für einen letzten Versuch aufbringen können.
    Steve hatte mich immer in meiner »Karriere« unterstützt und war auch jetzt bereit, die Unannehmlichkeiten eines Hausverkaufs auf sich zu nehmen und alle zwei Wochen zu seinem Schiff zu pendeln. Jims Angebot anzunehmen war dennoch mit einer Menge Risiken verbunden. Andererseits war es womöglich mit noch größeren Risiken verbunden, es auszuschlagen.
    Cleo hatte ich schon in ähnlichen Entscheidungsnöten gesehen, wenn sie mit den Hinterbeinen in einer Astgabel hing und mit den weit vorgestreckten Vorderpfoten nur knapp den anvisierten Zaunpfahl erreichte. Sie wusste, dass sie irgendwie von dem Ast heruntermusste und dass der Zaun die einzig mögliche Option war. Doch dann schwankte sie in ihrer Zuversicht und versuchte, sich zu drehen und zu winden, um doch wieder zurück auf den Baum zu kommen. Aber es war zu spät, sie war das Risiko eingegangen, hatte sich über den Abgrund zwischen Baum und Zaun gewagt und jetzt konnte sie nur noch in eine Richtung. Nur wenn sie ihre ganze Konzentration sammelte, konnte sie mit den Hinterbeinen auf dem Zaun landen. Wenn ihr das nicht gelang, würde sie mit einem peinlichen Plumps mitten in ein Beet fallen. Cleo war eine wahre Risikoexpertin. Sie nahm jeden Tag aufs Neue Risiken auf sich und fast immer lohnte es sich.
    Wir hatten jetzt zwei Weihnachten ohne Sam überstanden und zwei seiner Geburtstage. Die Tage, an denen Kummer und Schmerz uns überfielen, wechselten sich jetzt immer öfter mit »guten« Tagen ab. Aber noch traute ich meinem Optimismus nicht über den Weg. Wie ein junger Trieb, der sich nach einem langen Winter seinen Weg durch das Erdreich bahnte, war ich noch allzu leicht umzuwerfen.
    Gestärkt durch Jims Angebot ging ich eines Morgens durch die Stadt und fühlte mich ungewöhnlich beschwingt. Valerie, eine Frau, die ich von Sams Grundschule her kannte, kam auf mich zu und setzte die mir mittlerweile allzu bekannte Leichenbittermiene auf. »Wie geht es dir?«, fragte sie mit der Stimme, mit der man mit Todkranken sprach. »Gerade neulich dachte ich an dich, als meine Großtante Lucy starb …«
    Nachdem ich mir Valeries Geschichte angehört hatte (Großtante Lucy war beim Umgraben ihres Kartoffelbeetes im Alter von siebenundneunzig Jahren tot umgefallen), raste ich nach Hause und schnappte mir das Telefon. »Jim? Ich nehme den Job.«

 
    19
    K ampfgeist
    Es gibt keine Veränderungen im Leben einer Katze.
    Nur Abenteuer.
     
    Am schwersten fiel mir bei unserem Weggang von Wellington der Abschied von Ginny. Sie stand oben am Ziegenpfad und der Wind wehte ihre Ohrringe waagrecht nach hinten. Jetzt war es zu spät, um meine Meinung zu ändern, das Haus war verkauft und das Auto bis unters Dach vollgepackt. Abgesehen davon war ich überzeugt, dass wir uns niemals aus den Augen verlieren würden.
    »Es wird alles

Weitere Kostenlose Bücher