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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Pappschachtel selbst reinigten. Die Jungen hatten bestimmt nicht vorgehabt, sich beeindrucken zu lassen, aber jetzt blieb ihnen einfach nichts anderes übrig.
    Gegen Ende seiner Vorstellung zauberte der alte Mann einen Zylinder aus seinem Koffer. Er bat das Geburtstagskind, mit einem Zauberstab dreimal darauf zu klopfen. Zur größten Verwunderung aller holte er eine wild flatternde weiße Taube heraus.
    Cleo, die der Vorstellung bislang mit distanziertem Amüsement von Simons Knien aus zugeschaut hatte, schoss plötzlich wie eine Kugel über den Boden und sprang in die Luft, um sich den Vogel zu schnappen. Der alte Mann stolperte vor Schreck nach hinten und fiel zu Boden. Kreischend befreite sich die Taube aus seinem Griff. Die Jungen sahen mit großen Augen zu, wie der Vogel durch das Zimmer flog und sich unbeholfen auf dem Gummibaum niederließ. Steve packte Cleo und trug sie aus dem Zimmer, während ich dem Zauberer auf die Beine half.
    »Wow! Das ist die beste Party, auf der ich je war!«, rief einer der Jungen, als der Zauberer den Vogel einfing und in die Küche brachte. Die anderen stimmten ihm laut johlend zu und bedachten den alten Mann mit heftigem Applaus.
    Später saß der Zauberer am Küchentisch und beruhigte seine Taube und sich selbst bei einer Tasse Tee. Außerirdische Klänge von David Bowie drangen durch die Wände.
    »Das halten die für Musik?«, seufzte er und verstaute Plastiknase und Brille in seiner Jackentasche. »Ich bin ja eher ein Bing-Crosby-Fan.«
    Der alte Mann trank mit großen Schlucken seinen Tee aus, dann packte er seinen Koffer und begab sich wieder in den sicheren Sturm hinaus. Ich winkte ihm hinterher und wagte mich zurück ins Partygetümmel. Der Anblick von fünfzehn Jungen in Schlafanzügen, die von unserem Mobiliar hüpften und über den Teppich krochen, hätte mich noch vor gar nicht so langer Zeit in eine kreischende Megäre verwandelt. Aber mittlerweile hatte ich einfach zu viele Jahre an dem Versuch verschwendet, Kinder durch Zetern zu zähmen: Sich dem Lärm, dem Chaos und dem Jubel über all das hinzugeben war viel lustiger.
    Ich suchte in dem Gewirr von Kindern nach Rob. Mit seinem roten Bademantel und Cleo auf dem Arm war er leicht ausfindig zu machen.
    »Den Song werdet ihr toll finden!«, brüllte er und drehte die Stereoanlage auf. Als Bowie Robs Lieblingssong »Let’s Dance« zum Besten gab, gab es auch für mich kein Halten mehr. Mit Lydia auf der Hüfte wirbelte ich herum, bis mir die Füße wehtaten. Das Zimmer pulsierte vor Freude. Seit der Geburt von Sam war ich nicht mehr auf einer solchen Party gewesen – nein, noch nie. Ich hatte seither nicht nur viele Tränen geweint, ich hatte auch ganz andere Vorstellungendavon gewonnen, was wichtig ist und was nicht. Ich musste nicht mehr alles unter Kontrolle haben. Die Jungen waren keine wandelnden Katastrophen, die demnächst über unser Mobiliar hereinbrechen würden. Ein paar zusätzliche Kratzer konnten dem Sofatisch nur guttun. Wir lachten. Wir tanzten. Wir lebten.
     
    Einige Wochen nach Robs Geburtstag erhielt ich einen Anruf von Jim Tucker, dem Chefredakteur einer Zeitung. Er wollte eine neue landesweite Zeitung namens The Sunday Star herausbringen und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, als Feature-Redakteurin zum Team dazuzustoßen. Während ich Jims begeisterten Ausführungen lauschte, musste ich mich kurz einmal zwicken, um mich davon zu überzeugen, dass ich das alles nicht nur träumte. Auf einen solchen Neuanfang im Berufsleben hatte ich insgeheim schon lange gehofft, war aber bis zu diesem Tag im Innersten überzeugt gewesen, dass diese Hoffnung niemals in Erfüllung gehen würde. Meine wöchentliche Kolumne über das Familienleben in der Zeitung von Wellington war schließlich nicht gerade pulitzerpreisverdächtig.
    Jim versprach mir den Traum einer jeden Mutter – flexible Arbeitszeiten. Nur über eine Sache würde er nicht verhandeln. Wenn ich den Job wollte, müsste ich die ganze Familie inklusive Katze packen und sechshundert Kilometer weit in den Norden nach Auckland ziehen. Das Herz klopfte mir bis zum Hals, als ich Jim dankte und ihn um ein paar Tage Bedenkzeit bat.
    Lautlos schlich sich Cleo in die Küche und sah mich mit halbmondförmigen Augen an. Ich hob sie hoch und fuhr ihr durch das seidige Fell. Wir hatten viele gute Freunde in Wellington. War es möglich, Ginny und Jason zu verlassen?Rob ging gerne in seine Schule. Seine Geburtstagsfeier hatte gezeigt, wie gut er mit seinen

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