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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Bettwanzen dankbar gewesen. Aber wider Erwarten und wider jede Vernunft setzten Jim und Tina großes Vertrauen in meine Fähigkeiten. Sie betrauten mich mit Interviews mit international bekannten Größen aus der Unterhaltungsindustrie wie James Taylor und Michael Crawford und Schriftstellern wie Margaret Atwood und Terry Pratchett. Noch weniger nachvollziehbar war, dass sie mich zum neuseeländischen Premierminister schickten und sogar (unglaublich!) zu Mary Robinson, der irischen Präsidentin. Je bedeutender die Rolle war, die die Leute auf der Weltbühne spielten, desto bescheidener und zugänglicher waren sie meistens, wie ich bald feststellte, selbst wenn sie wie Mary Robinson unter einem grässlichen Jetlag litten, wie er mit einem Flug zu uns Schafzüchtern ans andere Ende der Welt verbunden war. Am angeregtesten sprach sie über die Beaufsichtigung der Hausaufgaben ihrer Kinder am Küchentisch. (Was mir ganz recht war. Fragen der internationalen Politik gehörten nicht zu meinen Stärken.)
    Jim wollte auch, dass ich Editorials schrieb, für die ich mir innerlich eine Pfeife anzündete und die Meinung der Zeitung zu den verschiedensten Themen von A wie Atomenergie bis Z wie Zoos verbreitete. Ein Editorial in den geforderten vierzig Minuten zu produzieren ist ungefähr dasselbe, wie einmal auf höchster Stufe durch die Mikrowelle gejagt zu werden.
    Unter eben diesem Hochdruck verfasste ich eines Morgens einen Leitartikel, in dem ich gegen die Gefahren des »Alkohohl« wetterte. Entweder hatte ich tippen verlernt oder es rächte sich jetzt doch, dass ich all die Jahre aus dem Klassenzimmerfenster gestarrt hatte. Mein grotesker Rechtschreibfehler entging jedenfalls auch den Korrektoren (die Rechtschreibhilfe musste erst noch erfunden werden), so dass der Status der Zeitung zweifellos für Wochen auf den von Papiermüll rutschte. Trotzdem setzten Jim und Tina mich nicht auf die Straße, wofür ich ihnen sehr dankbar war. Unverdrossen hielten sie mir die Stange und ließen mich die Rosinen aus dem Themenkuchen picken. Vielleicht hatten all die echten Journalisten ja irgendeine Art von Pest erwischt, als sie betrunken miteinander ins Bett gegangen waren, und waren dahingeschieden.
    Aber so gern ich auch in die Redaktion ging, der schönste Teil des Tages war doch immer, wenn ich meinen Schlüssel in die Haustür des alten Cottages steckte und Cleo mit einem Willkommensmiauen auf mich zugesprungen kam.
    Cleo vergrößerte in dieser Zeit ihr Vokabular. Neben dem bezaubernden Hallo , mit dem sie jeden Heimkehrer begrüßte, gab es jetzt auch ein gebieterisches Lasst mich rein, ihr Fieslinge! , wenn man sie ausgesperrt hatte. Dabei hatte sie bessere Manieren als wir vier zusammen. Denn jedes Mal, wenn einer die Tür öffnete, um sie hereinzulassen, gab sie im Vorbeihuschen ein knappes, geziertes Danke schön von sich.
    Zur Mittagessenszeit dagegen setzte besonders, wenn es zu irgendwelchen Verzögerungen kam, augenblicklich eine verbale Verrohung ein. Dann stand sie vor dem Kühlschrank und miaute: Wenn du mir nicht sofort etwas zu fressen gibst, spring ich dir auf den Kopf und verzier dir die Augäpfel mit ein paar schönen Tattoos!
    Cleo hatte den Umzug von Haus zu Haus und Stadt zu Stadt überstanden, ohne auch nur einmal mit den Schnurrhaaren zu zucken. Ich machte mir bloß Sorgen, dass sie überfahren werden könnte, da sie das erste Mal in ihrem Leben an einer richtigen Straße wohnte – und das bei ihrer Vorliebe für nächtliche Ausflüge. Auf einer dunklen Straße war eine schwarze Katze nun mal schwer zu erkennen. Aber wieder einmal unterschätzte ich sie. Sie war absolut verkehrstüchtig, eine Eigenschaft, die sie wahrscheinlich von ihrem Straßenkater-Vater geerbt hatte.
    Eines Nachts erschien sie mit einem zerfetzten Ohr an der Tür, nachdem sie mit einer größeren Katze gerauft hatte. Danach versuchte ich, sie nachts im Haus zu halten, aber sie jammerte jeden Abend so lange, bis ich sie wieder hinausließ. Der Kampf musste schlimm gewesen sein, aber offensichtlich hatte sie ihr Revier erfolgreich verteidigt. Jedenfalls gab es keine Klagen mehr.
    Auch ihre Jagdkünste entwickelte sie weiter. Die Schuhe in der Garderobe waren voll winziger Vogelleichen und Federbüschel.
    Cleo war das lebende Beispiel dafür, wie sich Manieren und Charme und Kampfgeist in ein und derselben Katze vereinen konnten. Ihrem Beispiel folgend versuchte ich peinliche Momente in meiner Arbeit einfach von mir abprallen zu lassen

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