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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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durch den Stadtteil, der bekannt war für seine Stripteaselokale und Secondhandläden, und entdeckte das perfekte Outfit, um einen jungen konservativen Bankangestellten zu beeindrucken – einen schwarzen, bunt bestickten chinesischen Hosenanzug aus Satin. Umwerfend.

 
    21
    Der K uss
    Nichts ist magischer als ein feuchter Katzenkuss.
     
    Katzen küssen. Cleo machte es die ganze Zeit. Es beginnt mit einem sanften Kopfstoß, dann kommt ein Heben des Kinns und ein Zusammenziehen der Augen, gefolgt von einer flüchtigen Berührung der Schnauze. Vermutlich werden dabei ein paar Hormone ausgetauscht. Außer vielleicht einem beruhigenden Streicheln sind keine Erwartungen damit verbunden. Ein Katzenkuss ist in sich vollkommen.
    Philip mit einem »l« hatte sich verspätet. Er war so spät, dass man es nicht mehr als lässliche Sünde durchgehen lassen konnte. Offensichtlich hatte er vergessen, dass er sich mit mir zu irgendeinem schlechten Theaterstück verabredet hatte oder dass ich unser Treffen extra auf ein Wochenende gelegt hatte, an dem die Kinder bei Steve waren. So leicht konnte man mich also vergessen. Mir wurde heiß und kalt vor Wut unter meinem Chinesenjäckchen. Meine Haut klebte an dem nicht atmenden Stoff, von dem sich nun leider zeigte, dass er bisher nicht einmal in die Nähe eines hochwertigeren Materials gekommen war. Ich war wirklich schwer beleidigt. Eigentlich wollte ich ihn gar nicht sehen. Worüber sollten wir reden? Wenn ich daran dachte, dass ich mich in Unkosten gestürzt und ein neues Kleidungsstück gekauft hatte!
    Wenn Philip es jetzt noch wagen würde, hier aufzutauchen, dann würde ich ihm zeigen, dass ihm mehr als ein »l«fehlte. Nicole und Mary würden mir am Montag schon sagen, was davon zu halten war. Er ist es nicht wert. Du bist zu gut für ihn. Was für ein Trottel.
    Als ich auf meinem Bett saß und eine der schicken Sandalen, die so gut zu dem Chinesen-Outfit passten, in die Ecke pfefferte, kamen mir noch finsterere Gedanken. Vielleicht hatte er ja eine Erklärung für sein Fernbleiben, zum Beispiel könnte er sein Spiegelbild in einem Schaufenster erhascht haben und gegen einen Laternenpfahl gerumpelt sein.
    Wenn ich ehrlich war, dann hatte ich nicht einmal genug für ihn übrig, um überhaupt sauer zu sein. Ich war zufrieden damit, meinen Alltag mit den Kindern und der Arbeit auf die Reihe zu bekommen. Sie bildeten das Zentrum meines Universums. Jede Woche, die wir ohne Halsweh, Schulprobleme oder beunruhigende Briefe in krakeliger Schrift von einem verrückten Leser durchstanden, kam mir wie ein Wunder vor. Da war es mir doch egal, ob neunzig Prozent meiner übrigen Welt aus schwarzen Löchern bestanden. Die Therapeutin mit ihrem One-Night-Stand hatte doch echt eine Schraube locker. Ich hätte sie therapieren sollen, nicht umgekehrt.
    Cleo hüpfte aufs Bett, quietschte kurz und schmiegte sich in meinen Schoß. Ich bin hier, ich bin doch hier , schnurrte sie. Ruhe umhüllte mich wie ein sanfter Sommerregen. Die Verletzung und die Wut schrumpften zusammen, bis sie nicht mehr größer als zwei Seifenblasen im Badewannenabfluss waren. Ich streifte die andere Sandale ab und lächelte (auch aus Erleichterung – sie drückten entsetzlich). Schaden hatte eigentlich nur mein Ego erlitten. Gegen einen Abend gemeinsam mit Cleo vor dem Kamin war wirklich nichts einzuwenden. Nicht das Geringste, nichts lieber als das.
    Ich trug Cleo den Flur hinunter. Sie sah mir erwartungsvoll zu, als ich vor dem Kamin kniete und die Scheite zu einer wackligen Pyramide aufschichtete. Als es an der Haustür klopfte, zuckten wir beide vor Schreck zusammen.
    »Ich bin hier eine halbe Ewigkeit herumgekurvt«, sagte Philip, kaum dass ich die Tür geöffnet hatte. »Ich habe an der Nummer 33 in der Albany Road geklopft. Das ist die Parallelstraße zu dieser hier. Die Frau dort war völlig verwirrt. Ich auch. Ich habe eine Weile gebraucht, bis ich herausfand, dass Sie in der Ardmore Road wohnen …«
    Gut. Er war also nicht nur zu jung und konservativ – es stand auch nicht zu befürchten, dass er zum nächsten Superhirn ernannt wurde. Ich wollte gerade wieder anfangen, mich zu ärgern, als ich seine Miene bemerkte. Seine Augen wanderten mit einem Ausdruck meinen chinesischen Anzug rauf und runter, als würden sie mit den Folgen eines grauenvollen Terrorakts konfrontiert.
    »Gefällt Ihnen mein Anzug nicht?«, sagte ich unvermittelt. »Ich kann auch etwas anderes anziehen … etwas Konventionelleres, wenn Ihnen

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