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Cleo

Titel: Cleo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Brown
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Sie schon einmal verheiratet?«
    Er sah mich fassungslos an, so als hätte ich ihn gefragt, ob er jemals Netzstrümpfe getragen und lippensynchron zu Judy Garland gesungen hätte.
    »Nein.«
    »Kinder?«
    Er schüttelte den Kopf und lächelte mich ein wenig befremdet an.
    »Dann haben Sie also Probleme mit Ihrer Freundin?«
    Cleo war mittlerweile mit seinem Kinn fertig und machte sich jetzt über seine Ohren her.
    »Nein, wenn man einmal davon absieht, dass ich keine habe. Wie wäre es mit ein bisschen Musik?«
    Musik? Er wollte bei Musik verhört werden? Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er meine Plattensammlung durch und legte meine neueste Erwerbung und aktuelle Lieblingsplatte auf, nämlich Ella Fitzgerald und Louis Armstrong mit »Can’t We Be Friends«.
    Philip musste irgendein Problem haben. Warum sonst sollte er hier sitzen? Ich würde mein ganzes journalistisches Geschick aufbieten müssen, um ihm seine Leidensgeschichte zu entlocken, damit er bald seine Sachen nehmenund nach Hause gehen konnte und wir beide etwas Schlaf bekamen.
    »Wollen Sie tanzen?«, fragte er.
    »Was? Hier?«
    »Warum nicht?«
    Jetzt wurde es aber wirklich ein wenig albern. Allerdings gab er vielleicht Ruhe und ging endlich nach Hause, wenn ich mit ihm tanzte. Ich erhob mich also, legte meine feuchte Hand in seine kühle trockene und ließ mich über die scharfkantigen Legosteine schieben. Wenn ich gewusst hätte, dass das Zimmer in einen Ballsaal verwandelt werden würde, dann hätte ich das Kinderspielzeug weggeräumt und meine Schuhe angelassen.
    Während Ella Fitzgerald uns mit ihrer sinnlichen Stimme einhüllte, stellte ich fest, dass er ein ausgezeichnetes Rhythmusgefühl besaß (das kam wahrscheinlich vom jahrelangen Marschieren auf Exerzierplätzen). Und sein Körper, der immer mal wieder an meinem entlangstrich, schien in irgendeiner Art Metallanzug zu stecken. Bis mir klar wurde, dass die Kurven zu wohlgeformt waren, um aus Metall zu sein. Sie bestanden aus einem Material, das mir völlig unbekannt war – reine Muskeln.
    »Wie alt sind die Kinder denn nun?«, fragte er.
    Oh nein. Warum fing er nur dauernd von den Kindern an?
    »Fast drei und zwölf.«
    Mit viel Geduld und Fingerspitzengefühl fragte er mich über sie aus, wie sie hießen, was sie an den Wochenenden unternahmen und wie sie damit zurechtkamen, dass ihre Eltern getrennt waren. Ich wechselte das Thema und wir tanzten eine Weile schweigend weiter. Er hatte einen außerordentlichen Körper – aber entweder war er ungeschickt oderer kam mir absichtlich immer näher. Die Worte der Therapeutin im Kopf, zuckte ich nicht zurück, als er sein göttergleiches Haupt zu mir herabsenkte und seine Lippen auf meine presste.
    Das Zimmer verwandelte sich in ein Kaleidoskop aus Spielzeug, Tassen und Untertassen, die vor den apricotfarbenen Wänden durcheinanderwirbelten. Cleo sah beifällig zu, als wir uns küssten. Ein magischer Kuss, weich, feucht und sinnlich. Es war perfekt, ach, mehr als das. Es war zu perfekt!
    Der Gedanke fuhr mir in die Glieder und ich erstarrte. Nein, verdammt! So war das nicht gedacht. Bei alldem ging es doch darum, dass ich die Ansagen machte. Dieser halbe Teenager hatte nicht das Recht, erst mit Cleo herumzuschmusen und mich dann zum Tanzen aufzufordern. Und was die Ausfragerei über die Kinder anging …
    Auch er blieb stehen. Wenigstens war er sensibel genug, meinen Stimmungswechsel zu bemerken.
    »Sollen wir ins Schlafzimmer gehen?«, fragte er mich sanft.
    Einige Sekunden oder auch sechs Monate oder zwölf Jahre lang brachte ich kein Wort über die Lippen. Ich, die ich durch nichts so leicht zu schockieren war, war – man konnte es nicht anders nennen – schockiert.
    »Es ist nicht so, dass ich dich nicht mögen würde …«, sagte ich und trat einen Schritt zurück.
    Seine Miene versteinerte.
    »Ich würde vielleicht sogar mit dir schlafen, wenn ich dich nicht mögen würde. Zumindest sagt meine Therapeutin, dass ich das machen soll …«
    Jetzt blickte er mich beinahe so erschreckt an, als stünde ich wieder in meinem Chinesenanzug vor ihm.
    »Das Problem ist, dass ich dich zu sehr mag, um mit dir zu schlafen …«
    Das gab ihm den Rest, er sah aus, so als wäre er auf einen Alliiertenstützpunkt spaziert und würde plötzlich unter Beschuss genommen. Mich beschlich der Gedanke, dass vermutlich noch nie eine Frau aus dem mehrdimensionalen Universum das Angebot ausgeschlagen hatte, mit diesem sonnengebräunten Adonis Körperflüssigkeiten

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