Cleopatra
wurde ambulant behandelt; man hat Röntgenaufnahmen gemacht, aber das war vor dreißig Jahren und deshalb nicht im Computer gespeichert. Irgendwann hat dort jemand von der Verwaltung im Archiv eine Aufnahme wieder gefunden, schlechte Qualität, Röntgenfotos verblassen wohl auch mit der Zeit, wenn sie im falschen Keller gelagert werden. Meiner Meinung nach weiß man noch nicht mal, ob es das rechte oder das linke Bein war, aber sie reden von achtzigprozentiger Sicherheit. Zusammen mit den Behauptungen von Hugo Balde macht das dann hundert Prozent Sicherheit, dass es Irma war. Zufrieden?«
»Wer ist hier sarkastisch?«
»Komm doch mal zum Essen vorbei, wenn du in der Nähe bist. Meine Frau kocht fantastisch – aber nur unter der Voraussetzung, dass wir uns nicht über Tennisplätze unterhalten.«
»Ist je von Geld die Rede gewesen? Davon, dass Cleopatra das Vermögen mit in die Ehe gebracht hatte?«
»Ich dachte, Cleopatra hätten wir abgeschrieben wegen der Flugzeugkatastrophe und dem nicht gebrochenen Bein? Cleo hatte keine anderen Erben als Cleveringa und natürlich ihre Tochter, aber die war erst acht Jahre alt und da braucht man nur die Vormundschaftsgesetze ein wenig kreativ auszulegen. Du kannst davon ausgehen, dass Cleveringa alles gekriegt hat.«
»Hast du eine Ahnung, wie viel ungefähr?«
»Cleo war die einzige Erbin der Teulings. Ich denke, dass auch nach Abzug der Erbschaftssteuer noch ein paar Millionen übrig geblieben sind.«
Ich bedankte mich bei ihm und legte auf. Ich wunderte mich nicht über den Druck von oben. Es musste noch nicht einmal böse Absicht dahinter stecken: Es genügte der vage Hinweis eines Justizministers, die Sache nicht zu kompliziert zu machen und die Belastung für Cleveringa so gering wie möglich zu halten. Schließlich hatte der Mann doch nichts damit zu tun …
Mein Blick fiel auf eine weitere Notiz und ich rief im Präsidium in der Herengracht an und fragte nach Bart Simons.
»Ich habe hier Kopien liegen«, sagte Bart missmutig. »Von der Gemeinde Utrecht, über eine gewisse Mending, Clara Elisabeth.«
»Entschuldige bitte«, sagte ich und seufzte. »Ich habe total vergessen, dich anzurufen. Lass sie einfach liegen.«
»Du meinst, dass du sie nicht mehr brauchst?«
»Nein, nicht mehr.«
»Dann habe ich also für nichts und wieder nichts eine Gebühr von 12,50 Gulden von meinem ureigenen Schweizer Konto überwiesen?«
»Bart, ich weiß absolut nicht, wie ich das je wieder gutmachen soll! So, und jetzt kannst du aufhören zu meckern.«
Er lachte. »Woran arbeitest du denn im Moment?«
»Am Samstagabend haben die Leute von der Warmoesstraat einen gewissen Gerrit de Groot mit einer Ladung gestohlener Computer erwischt und festgenommen. Kannst du für mich feststellen, wer für die Sache verantwortlich ist?«
»Ist das dein Ernst?«
»Ich versuche nur, mein täglich Brot zu verdienen.«
»Ich glaube, wir zwei müssen bald mal ernsthaft miteinander reden. Warte einen Moment.«
Er legte den Hörer beiseite und ich hörte im Hintergrund die vertrauten Geräusche eines Polizeibüros voller Menschen und, etwas näher, die Stimme von Bart am anderen Telefon. Fetzen von Gelächter, die Vergangenheit: Kameradschaft und Kollegenneid, Intrigen und Rückendeckung. Man vertraut nur Gott und seinem Partner, den einzigen beiden, denen man nichts zu erklären braucht. Manchmal, bei einer Hochzeit oder einem Todesfall, bilden scheinbar alle zusammen eine eingeschworene Gemeinschaft – an anderen Tagen ist es die reinste Ellenbogengesellschaft.
Die Hintergrundgeräusche wurden ausgeblendet. »Max? Ich glaube, Koos Geerigs ist der Mann, an den du dich wenden musst. Ich habe ihm erklärt, dass du in Ordnung bist.«
Ich erinnerte mich an Geerigs, ein Baum von Mann in den Fünfzigern, mit dem ich einmal einen ernsthaften Zuständigkeitskonflikt gehabt hatte.
Er nahm sofort den Hörer ab. »Geerigs, Warmoesstraat.«
Ich nannte meinen Namen und setzte zu einer Erklärung an. Prompt unterbrach er mich. »Die Gerrit-de Groot-Sache ist ein Witz. Und dass er einen Privatdetektiv engagiert hat, ein absoluter Brüller. Haha.«
»Wenn du nichts dagegen hast, hätte ich trotzdem ein paar Fragen.«
»Nur zu, Junge.«
»Hattet ihr einen Tipp bekommen? Ihr habt ja praktisch am anderen Ende der Straße auf ihn gewartet.«
»Die Firma Goos & Bering hat einen stillen Alarm. Der ist ausgelöst worden. Wir fuhren gleich hin; schließlich sitzen wir praktisch um die Ecke. Jimmy sieht, wie
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