Cleopatra
nur Cleopatra von Ägypten.«
Ich erwiderte ihr Lächeln. »Existieren noch Gästebücher aus dieser Zeit?«
Sie überlegte kurz. »Im Keller vielleicht. Ich gehe es gerne für Sie suchen.«
Ich dachte an das alte Sprichwort ›Kein Geld, keine Schweizers aber dieses Klischee galt wohl seit der Zeit der Söldnertruppen nur noch für die Bankiers, denn als ich meine Brieftasche zückte, wurde sie ganz verlegen.
»Aber nein, ich bitte Sie … Es ist nur so, dass es eine Weile dauern kann und ich Sie nicht warten lassen will … Ich müsste es erst heraussuchen. Möchten Sie vielleicht später noch einmal wiederkommen? Aber Sie brauchen wirklich nicht dafür zu bezahlen.«
Ich steckte die Banknote wieder zurück und bedankte mich bei ihr. Ich beschloss, mich anderswo nach einem Krankenhaus zu erkundigen, weil ich nicht auf Anhieb wusste, wie ich meine inspirierte Autorin mit jemandem in Einklang bringen konnte, der sich von einem Beinbruch erholt. »Grüß Gott!«, rief mir die junge Frau fröhlich nach, als ich hinausging.
In einem Souvenirladen erfuhr ich, dass es in Grächen kein Krankenhaus gab, wohl aber eine Privatklinik, geleitet von einem Doktor Grüber. Dort sei alles Nötige vorhanden, um gebrochene Beine zu behandeln, ja, was glauben Sie denn, schließlich sind wir hier in einem Wintersportort. Hals- und Beinbruch.
Ich folgte dem Weg, den man mir beschrieben hatte, die Anhöhe hinauf, an der Kirche vorbei. Die Klinik befand sich in einem niedrigen Steingebäude, das modern aussah und jünger als ein Vierteljahrhundert wirkte. Daneben stand ein Chalet aus Holz, wahrscheinlich das Wohnhaus des Arztes.
Hinter einer Glastür befand sich ein kleiner Empfang. Eine streng aussehende Dame um die sechzig sprach gerade mit der Rezeptionistin. Sie trug einen weißen Kittel.
»Grüß Gott«, sagte ich. »Sind Sie Doktor Grüber?«
»Es gibt zwei Doktoren Grüber, Herrn Heinz und Frau Elaine Grüber.«
Sie war also Elaine. Ich fragte sie, ob sie 1972 auch schon hier gearbeitet habe.
»Ich selbst war noch nicht fertig mit dem Medizinstudium, aber mein Mann praktizierte bereits. Ich assistierte ihm allerdings. Warum fragen Sie?«
Ich zog den Umschlag hervor und erklärte ihr, dass ich versuche, einen Beinbruch zu identifizieren, der sehr wahrscheinlich hier behandelt worden sei.
»Stimmt denn damit etwas nicht?«, fragte sie, prompt auf der Hut. Auch in der Schweiz kannte man natürlich Schadenersatzforderungen gegenüber Ärzten und Krankenhäusern.
»Nein, alles in Ordnung«, beruhigte ich sie. »Aber Ihr Mann kann mir möglicherweise bei einer Identifizierung helfen, darum geht es.«
Elaine Grüber zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Mein Mann ist nicht da, aber kommen Sie doch bitte mit mir.«
Sie führte mich in ein modernes Behandlungszimmer und bat mich, auf einem Stuhl aus Chrom und Leder Platz zu nehmen. Ich legte den Umschlag auf ihren Schreibtisch.
Sie rührte ihn nicht an. »Was möchten Sie genau?«
»Ich habe hier eine Röntgenaufnahme von einem Beinbruch und ich möchte gerne wissen, ob er mit einer Fraktur übereinstimmt, die hier im Februar 1972 behandelt wurde.«
»Medizinische Daten dieser Art unterliegen normalerweise der ärztlichen Schweigepflicht …«
»Es handelt sich lediglich um ein gebrochenes Bein, Frau Doktor. Die Sache liegt fünfundzwanzig Jahre zurück und die Dame ist schon lange tot«, sagte ich.
»Und was genau haben Sie damit zu tun?«
Ich erzählte ihr, ich arbeite im Auftrag der Angehörigen, die hofften, dass es sich bei einem kürzlich gefundenen Skelett nicht um ihre seit langem vermisste Mutter handele. Ich überreichte ihr meine Karte von Staatsanwalt Meulendijk, was mir die schnellste Möglichkeit zu sein schien, ihr Vertrauen zu gewinnen.
»Warum hoffen diese Leute denn, dass es nicht ihre Mutter ist? Sie wurde doch vermisst? Ist es dann nicht besser, Gewissheit zu haben?«
»Die Frau, die man gefunden hat, wurde ermordet und das Skelett kann nur anhand dieses Knochenbruchs identifiziert werden. Die Unterlagen waren nirgends in den niederländischen Krankenhäusern zu finden, doch jemand erinnerte sich daran, dass sie sich 1972 beim Skilaufen ein Bein gebrochen hatte, hier in Grächen. Die Frage ist natürlich, ob damals Röntgenaufnahmen gemacht wurden und ob sie noch existieren.«
»Wir fertigen von jeder Fraktur Röntgenaufnahmen an«, sagte sie, beinahe ein wenig beleidigt. »Wie war noch der Name dieser Dame?«
»Cleopatra
Weitere Kostenlose Bücher