Cleverly, Barbara - Die List des Tigers
üppig ausgestatteter Schrein für das Snookerspiel. In der Mitte des Raumes stand wie ein gewaltiger Altar der Snookertisch (obwohl die Bezeichnung >Tisch< für ein solches Objekt nicht ausreichte). Er funkelte in Mahagoni mit goldenen Prachtbeschlägen. Wie die Reihen an Lanzen im Raum nebenan steckten Snooker-Queues in Halterungen an den Wänden, und Anzeigetafeln waren an mit Leder umfassten Paneelen befestigt.
»Sehr eindrucksvoll«, sagte Joe. »Wir müssen irgendwann einmal ein Spielchen wagen. Ich trage dann das Jackett von Sir George als Ehrenbezeigung für diese prächtige Umgebung. Etwas schneidertechnisch weniger Umwerfendes wäre eine Respektlosigkeit sondergleichen!«
»Müssen Sie wie ein Conférencier im Varieté reden?«, grummelte Edgar.
»Das muss an all dem Mahagoni und dem roten Plüsch liegen«, erwiderte Joe.
»Tja, vielen Dank für die Tour, Edgar«, sagte Joe, als sie vor seiner Suite angekommen waren. »Sie sollten sich jetzt besser zu Bett begeben, alter Knabe. Denken Sie daran, dass wir morgen in aller Herrgottsfrühe aufbrechen.«
Mit einem Seufzer der Erleichterung trat Joe in sein Zimmer, lockerte die Krawatte, kickte sich die Schuhe von den Füßen, warf seine Jacke in Richtung Schrank und ging ins Badezimmer. Er war froh, dass er nicht die Voraussicht besessen hatte, seinen Kammerdiener zu bitten aufzubleiben; er fühlte sich einer Musterung durch Govinds höflichen, aber alles sehenden Blick nicht gewachsen. Es gab viele Dinge, die er in Indien kaum fand, und Einsamkeit gehörte dazu. Freudig ließ er sein Bad selbst ein und weichte sich wohlig im Wasser ein. Anschließend stand er mehrere Minuten lang tropfnass auf dem Marmorboden, bis er sich einbilden konnte, ausgekühlt zu sein. Dann trocknete er sich ab.
Plötzlich klopfte es leise an die Tür. Joe seufzte und schlang ein Handtuch um seine Hüften. Er wartete ab, dachte, Govind würde gleich hereinkommen und fragen, ob Joe alles habe, was er brauche. Das Klopfen wurde wiederholt. Joe fluchte in sich hinein, ging zur Tür und öffnete sie. Ein Schwall Parfüm zog an ihm vorbei, als Madeleine sich unter seinen Arm hindurchduckte und in die Mitte des Raumes eilte. Sie wirkte aufgeregt und entschlossen und hielt ihm einen großen, braunen Umschlag entgegen. Joe stöhnte auf.
»Ich hab’s! Habe ich es Ihnen nicht gleich gesagt? Aber Sie haben mir ja nicht richtig zugehört, oder, Joe?«
»Großer Gott, Madeleine! Was haben Sie da? Ihre >Fahrkarte nach draußen<, wie Sie sagten? Na bitte, ich habe ihnen zugehört! Ist das alles? Würden Sie mir bitte rasch erzählen, was los ist, und dann wieder verschwinden? Sie haben meinen Ruf bereits irreparabel beschädigt!«
Madeleine rollte mit den Augen. »Ihr Ruf. Sie kreischen lauter als eine Jungfrau im Umkleideraum der Black Sox, Joe! Niemand hat mich kommen sehen. Ich war sehr vorsichtig. Und ich dachte, es würde Sie interessieren, was ich hier habe.«
Mit funkelnden Augen reichte sie ihm den Umschlag. Joe ärgerte sich über seine eigene Neugier, öffnete ihn und fischte mehrere offiziell aussehende Papiere heraus. Es dauerte einige Augenblicke, bevor er verstand, was er da in der Hand hielt, aber dann traf ihn die Bedeutung der Dokumente, und er musste sich abrupt an den Rand seines Bettes setzen. Die Papiere behielt er in der feuchten Hand.
»Verdammt und zugenäht, Madeleine!«
»Ich dachte mir doch, dass Sie beeindruckt sein würden!«
Er ging die Papiere stumm durch und zählte die Zahlen im Kopf zusammen.
»Eine Million? Liege ich da richtig? Eine Million Dollar an Inhaberobligationen, Aktien, Eigentumsurkunden ... Alles sofort einlösbar, wie ich sehe. Die Frage lautet nun: Sollte ich wirklich erfahren, wie Sie an diese Papiere gekommen sind?«
»Tja, da Sie mich so lieb bitten, werde ich es Ihnen erzählen! Der Herrscher hat sie mir heute Nachmittag gegeben. Ich denke, er ist froh, dass er mich auszahlen und somit loswerden kann.«
»Und was sollen Sie dafür tun?«
»Das, was ich nicht tun werde, hat seine Aufmerksamkeit geweckt und seine Großzügigkeit angestachelt!« Sie grinste.
Sie ließ Joe noch einmal ungläubig durch die Dokumente blättern, während sie zwei Gläser mit Tonic
Water auf einem bereitgestellten Tablett eingoss. Sie reichte Joe ein Glas und setzte sich neben ihn. Ihrer triumphalen guten Laune war nur schwer zu widerstehen.
»Lassen Sie mich raten ... Sie haben versprochen, nicht zu offenbaren, was Prithvi in den Vereinigten Staaten
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