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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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in Verdun. Ein oder zwei waren um einen einzigen Innenhof gebaut, das größte und zentralste von ihnen besaß dagegen vier Innenhöfe. Wieder zeigte Stuart, dass etwas von Interesse war, und er brüllte über den Motorenlärm Unverständliches in Joes Ohr.
    Sie kreisten einmal um die Stadt und bereiteten sich dann auf die Landung vor. Der Landestreifen, den Stuart ausgewählt hatte, war eine unfertige Teerstraße, die hoffnungsvoll aus der Stadt führte, dann jedoch abrupt endete und ungefähr zehn Meilen weiter vom Sand verschluckt wurde. Sie setzten auf. Das Flugzeug kam ruckelnd zum Halt und war sofort von einer Gruppe Jungen umringt, die lachten, lärmten und sich näher herandrängten. Stuart sprang hinaus, musterte die Jungen und rief etwas auf Hindi. Sie zogen sich einige Zentimeter zurück, nur einer trat vor. Er schien Stuart bekannt zu sein, und nach viel Nicken und einem schnellen Austausch von Bargeld von Hand zu Hand schien es, dass eine Schutztruppe gebildet worden war, um das Flugzeug im Auge zu behalten. Joe vermutete, dass die Jungen dies nicht zum ersten Mal taten.
    Joe kletterte mit all der Würde, die er aufbringen konnte, aus dem Flugzeug und schloss sich Stuart auf dem kurzen Spaziergang über die staubige Straße zur Stadt an.
    »Tja, in einem Flugzeug kann man sich nicht unbemerkt anschleichen«, meinte Stuart. »Die ganze Stadt weiß, dass wir eingetroffen sind.«
    Die Leute riefen von allen Seiten Begrüßungen, kleine Gruppen von Jungen hefteten sich ihnen, mit der Zunge schnalzend, an die Fersen. Sie mussten sich im Slalom bewegen, um die gleichermaßen neugierigen Kühe zu umgehen, die durch die Straßen wanderten. Geschützt von ihrer Heiligkeit war es diesen unbenommen, an allem zu knabbern, worauf ihr Blick fiel, ohne Proteste hervorzurufen: an saftigem, grünem Gemüse auf einem Marktstand oder am Tropenhelm eines besuchenden Ferenghi. Eine Rotte dunkelgrauer, borstiger Schweine wühlte in den ausgetrockneten Monsunabwassergräben zu beiden Seiten der Straße und tat ihr Bestes, die Abfälle der Stadt wiederzuverwerten, wie Joe vermutete. Kinder standen auf Brettern, die über die Gräben gelegt worden waren. Ihre kleinen, braunen Körper glänzten, während ihre älteren Schwestern aus Kupferbechern sparsam Wasser über sie gossen. Alte Männer plauderten im Schatten der Bäume, tranken Tee und spielten Brettspiele. Wache Blicke folgten den beiden Fremden, die zum Zentrum der Stadt unterwegs waren.
    An einem von Bäumen umgebenen Platz wurden Joe und Stuart von einem Haufen Jungen umstellt, die ihre Aufmerksamkeit auf einen von ihnen lenkten, der sich daran machte, den Fremden nur mit Hilfe des Inhalts eines abgenutzten Koffers eine Zaubervorstellung zu bieten.
    Zu Joes Überraschung blieb Stuart stehen und bedeutete ihm, dass sie sich die Vorstellung anschauen sollten. »Wir Künstler müssen zusammenhalten.« Er grinste. »Die Kinder sind gut. Ich habe nie herausgefunden, wie sie ihre Tricks bewerkstelligen. Sehen Sie selbst.«
    Sie verfolgten mit entzücktem Erstaunen, wie der zehnjährige Taschenspieler einen Trick nach dem anderen durchführte, begleitet von einem ununterbrochenen Kommentar in Hindi und Englisch. Kleine, braune Hände blitzten hypnotisierend auf, führten Unmögliches mit einfachsten Hilfsmitteln durch: ein paar glatt polierte Steine, ein Kupferbecher, zwei rot bemalte Eier aus Metall und ein abgenutztes Kartenspiel. Bei jedem magischen Verschwinden eines Gegenstandes, den sie eben noch deutlich vor sich gesehen hatten, rief das Kind triumphierend aus: »Wo ist es? Weg nach Delhi!«
    Der Höhepunkt seiner Nummer war das Verschwinden der beiden roten Metalleier aus einem umgedrehten Becher und dem nachfolgenden geheimnisvollen Wiederauftauchen der Eier in Joes Schritt. Sie klickten in den Becher, den der Illusionist zwischen Joes Beine hielt. Joe täuschte Entsetzen vor, gefolgt von Erleichterung, als er nach gespielter Überprüfung feststellte, dass seine eigenen Eier nicht nach Delhi verschwunden waren. Das Publikum war entzückt und noch weitaus mehr, als ein reichliches Trinkgeld sie alle zum nächsten Süßwarenstand verschwinden ließ.
    Immer noch lächelnd wartete Joe, bis alle davongerannt waren, bevor er sich an Stuart wandte. »Hören Sie, Stuart, ich muss Ihnen sagen, dass ich mittlerweile der Überzeugung bin, dass wir Ali hier nicht finden werden«, gab er zu. »Ich bin froh, dass wir gekommen sind, aber ich bin nicht ganz sicher, was uns

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