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Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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zu gehen und kleine Jungs beim Stehlen von Äpfeln aufzugreifen muss nach vier Jahren Schlacht gegen den deutschen Kaiser ziemlich fade gewirkt haben.«
    »Herrlich fade.« Joe grinste breit. »Ich wollte nie Karriere als Soldat machen. Aber ich wurde rasch befördert und hatte es dann nicht mehr mit Apfeldieben zu tun. In normalen Zeiten gibt es zwei Commander im Großraum London. Ich wurde zum Dritten ernannt, mit besonderen Aufgaben.«
    Lois hörte mit ehrlichem Interesse zu, darum fuhr er fort. »Nach dem Krieg wurden viele Offiziere auf die Zivilbevölkerung losgelassen und mussten sich wieder in ihr zurechtfinden. Der Krieg hatte bei vielen das Leben völlig auf den Kopf gestellt, hatte ihre Stellung in der Gesellschaft über den Haufen geworfen, ihren Wohlstand in Luft aufgelöst, ihnen die Verlobten gestohlen . Und was hatten sie durch den Krieg gewonnen? Eine sorgfältig gepflegte Kunstfertigkeit im Töten und Überleben und einen derben Sinn für Moral, auf dem sie ihre künftige Existenz aufbauen mussten. Es wird Sie schockieren, aber vielleicht nicht überraschen, wenn Sie erfahren, dass einige dieser ausgebildeten Killer ein Leben des Verbrechens und der Gewalt wählten.«
    Lois nickte.
    »Und wen gab es, um diese neue Züchtung von Schurken zu überführen - den Ganoven aus der Oberklasse? Da eignete sich kein stotternder Bobby mit blauer Mütze, der schwankend auf einem Fahrrad dahergeradelt kam! Stellen Sie sich vor, dieser Bobby kommt zu einem großen Landhaus oder einer Stadtwohnung in Albany und muss dem Ehrenwerten Fruity Featherstonehaugh ein paar Fragen stellen. Er würde sich am Dienstboteneingang einfinden, sich die Stiefel abwischen, und wenn er Glück hat, erklärt sich der Butler einverstanden, seinen Herrn von der Anwesenheit eines Gesetzeshüters in Kenntnis zu setzen, aber in der Zwischenzeit möchte er doch bitte in der Küche einen Tee und ein Stück vom DundeeKuchen der Köchin probieren .«
    »Alles klar!«, rief Lois mit einem Aufblitzen von Erkenntnis und Begeisterung. »Aber ein Commander aus gutem Haus und mit erstklassiger Erziehung kommt an die Vordertür und kann de couronne en couronne mit Seiner Gnaden sprechen oder wer immer auch einer schnöden Tat verdächtigt wird ...«
    »Genau! Ich habe eine Abteilung, die ich selbst zusammenstellte, und ein Mandat vom Commissioner, Sir Nevil Macready - der übrigens ein enger Freund von Sir George ist und ihm im Stil auch sehr ähnelt.«
    »Ich verstehe«, meinte Lois lächelnd. »Aber was um alles in der Welt machen Sie in Indien? Ich bin sicher, Sie werden in London sehr gebraucht. Wie kann man Sie dort entbehren?«
    »Ich wurde für sechs Monate an Sir George ausgeliehen, um die Polizei von Kalkutta zu beraten und auszubilden«, erklärte Joe. »Wie sich herausstellte, wurde es ein gegenseitiger Austausch! Ich lernte ebenso von ihnen wie sie von mir. Aber meine Abkommandierung scheint sich über das vorgesehene Zeitmaß hinaus auszudehnen. Sir George findet immer neue Fälle, die ich aufklären soll.«
    »Und was machen Sie hier?«, erkundigte sich Lois mit süßlichem Lächeln. »Dürfen wir davon ausgehen, dass Sie demnächst einen von uns in Handschellen abführen?«

»Nein, ich bin nicht im Dienst. Sir George hat mir eine Woche Urlaub genehmigt, um bei einer Tigerjagd zuzusehen.«
    »Ach, ich glaube, Sie planen mehr, als nur zuzuse-hen, Sandilands«, rief Claude aus Richtung Tür. »Ich habe Ihr Gewehr gesehen! Mit dem Ding könnten Sie dem Mann im Mond das Auge ausschießen! Lass dich von der Bescheidenheit dieses Mannes nicht täuschen, Lois. Ich habe seine Akte überprüfen lassen - ich bin ein vorsichtiger Mann, Commander. Sandilands ist ein echter Feuerfresser. Vorsicht, Lois! Wenn du beim Bridge schummelst, wird er das herausfinden!«
    Es war das erste Mal, dass Joe sah, wie die Vyvyans miteinander umgingen, und ihn faszinierte die plötzliche Sanftheit in Lois’ Stimme, als sie sich bei ihrem Mann nach dessen Vormittag erkundigte. Ihr ausdrucksstarkes Gesicht konnte die unausgesprochene Frage hinter ihren Worten nicht verbergen, und Claude antwortete mit einem aufmunternden Lächeln und einem kaum wahrnehmbaren Nicken. Er sprach kurz und prägnant, bezog ihren Gast in seine Antworten mit ein, und sein Blick folgte seiner Frau, wenn sie sich durch den Raum bewegte, wie Joe bemerkte. Joe kam zu dem Schluss, dass ihre Beziehung auf Respekt und Zuneigung gründete.
    Durch Claudes sonnige Anwesenheit nahm die Unterhaltung,

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