Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Cleverly, Barbara - Die List des Tigers

Titel: Cleverly, Barbara - Die List des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
förmlich die Augen über!«
    Eine Überfülle an Blätterwerk und Blumen, viele davon erkennbar englischen Ursprungs, rankten sich um ein kleines, aber anmutiges Witwenhaus, das von der Mogularchitektur inspiriert schien. Eine Marmortreppe führte zu einem Säulengang und einer offenen Tür, in der Lois Vyvyan stand. Joe hatte den Eindruck, dass sie in ihrem leichten, lilafarbenen Nachmittagskleid wie eine Staffordshire-Porzellanfigur aussah. Im Arm hielt sie einen Korb, in dem sich Margeriten und Dahlien häuften. Als sie Govind und Joe sah, reichte sie den Korb einer Dienerin, schüttelte sich etwas Erde von den Händen und kam Joe zur Begrüßung entgegen.
    Sie zielte mit ihrem Lächeln einen Hauch zu weit über seine rechte Schulter. »Willkommen in der Residenz, Commander.«
    Sie entließ Govind mit einem Nicken und bedeutete Joe, sich in einen der Rattansessel zu setzen, die auf der Veranda standen. »Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Wir haben Sherry, Champagner, Weißwein ...«, meinte sie unbestimmt.
    »Die Vorstellung von einem Glas Weißwein ist plötzlich überaus ansprechend«, meinte Joe wohlwollend, und eine weitere Dienerin wurde entsandt, um das Tablett mit den Drinks zu holen.
    »Sie werden feststellen, dass wir hier sehr gut ausgestattet sind«, sagte Lois Vyvyan. »Alles - nun ja, so gut wie alles -, was es zu Hause gibt, gibt es auch hier in Ranipur. Sie müssen nur danach fragen. Udai ist sehr großzügig. Das Einzige, was der Residenz fehlt«
    - sie lächelte und hob eine sorgfältig gezupfte Augenbraue - »ist der Vertreter der britischen Regierung. Claude! Er arbeitet zu viel. Das Wehklagen aller Memsahibs in ganz Indien, ich weiß! Aber es ist wahr. Es gibt immer noch ein Dokument, das vervollständigt werden muss, einen Brief, der diktiert werden muss, einen Bittsteller, den man empfangen muss . Er wird sich uns aber in Kürze anschließen.«
    »Wo erledigt Ihr Gatte seine Arbeit? Hier in der Residenz?«
    »Nein. Dieses Gebäude ist zwar entzückend, aber nicht sehr geräumig. Wir haben vier Empfangsräume und sechs Schlafzimmer, was für Indien richtig klein ist. Claude hat sein Büro in einem Bungalow unten am See. Ein gutes Arrangement. Ich würde nicht wollen, dass Krethi und Plethi durch mein Haus trampeln. Ach, entschuldigen Sie bitte . soll ich Ihnen die Päckchen abnehmen?« Sie hatte die Bücher entdeckt.
    »Sehr gern«, meinte Joe. »Und Sie dürfen sie auch gleich behalten. Ein kleines Geschenk für Sie und den Sahib. Govind hat mir versichert, dass Sie Wodehouse zu schätzen wissen.«
    Als er ihr die Bücher reichte, kamen ihm plötzlich Zweifel. Sollte Govind sich womöglich geirrt haben? Hatte diese steife Engländerin tatsächlich einen Sinn für Humor? Aber ihre Reaktion war spontan und alles andere als verächtlich.
    »Sie sind zu freundlich! Was für eine herrliche Überraschung! Sind Sie sicher, dass Sie die Bücher entbehren können?« Sie löste mit eifrigen Fingern das Geschenkband. »Jill geht durch dick und dünn. Wie schön! Das habe ich noch nicht gelesen.«
    »Es ist relativ neu.« Joe freute sich, dass er nun offenbar doch in derselben Welt lebte wie Lois Vyvyan. Und dass er die Zeit bis zum Eintreffen der Drinks überbrücken konnte. »Ich habe die Lektüre eben erst beendet. Es ist die gewöhnliche Geschichte einer hübschen, jungen Frau, die ihr Vermögen verliert und mittellos den Ozean überqueren muss, um sich einen annehmbaren, reichen Mann zu angeln . Ich glaube, das Buch wird Ihnen gefallen«, endete er unsicher, denn die hochgezogenen Augenbrauen von Lois ließen nicht darauf schließen.
    Aber vielleicht waren seine Zweifel eine Täuschung, denn sie erwiderte recht freundlich: »Es wird mir ganz bestimmt gefallen. Und was haben wir hier? Für Claude? Er kann nicht nein sagen ?« Einen Augenblick lang hatte Joe das deutliche Gefühl, dass Lois in diesem Moment ein Kichern unterdrücken würde, wenn sie denn zu einem Kichern fähig gewesen wäre. »Commander, wollen Sie uns damit etwas Bestimmtes mitteilen?«
    Das Tablett mit den Drinks traf ein, und Lois wartete seine Antwort nicht ab, sondern überprüfte die Getränke.
    »Hier ist Ihr Weißwein. Ich glaube, es ist ein recht guter Tropfen. Auch ein Mineralwasser für Sie? Nein? Nehmen Sie Ihr Glas doch mit in den Salon. Ich hörte, Sie haben ein Auge für Architektur, Commander, und Sie sind sicher schon auf die Innenausstattung gespannt. Sie werden nicht enttäuscht sein!«
    Und das war er

Weitere Kostenlose Bücher