Clockwork Orange
Wir waren jetzt auf dem flachen Land, mit kahlen Bäumen und umgepflügten Feldern und Weiden voll von Maulwurfshaufen. Ich sluschte ein bißchen Vogelgezwitscher, und irgendwo in der Ferne tuckerte ein Bauerntraktor. Es wurde schon ganz dämmerig, denn wir hatten Januar, und die Tage waren kurz. Weit und breit war kein Mensch zu sehen, auch keine Tiere. Es gab nur uns vier. »Steig aus, Alex-Boy«, sagte Dim. »Bloß ein malenki bißchen Schnellverfahren.« Während sie mit mir machten, blieb dieser Fahrerveck die ganze Zeit auf seinem Platz hinter dem Lenkrad, rauchte einen Krebsspargel und las in einem Buch. Er hatte die Innenbeleuchtung angemacht, um besser sehen zu können, und nahm keine Notiz von dem, was Billyboy und Dim eurem ergebenen Erzähler antaten. Ich will nicht lange beschreiben, was sie taten, aber es war alles wie ein Keuchen und dumpfe Schläge vor diesem wie Hintergrund von Traktorengetucker und leisem Geschilpe und Gezwitscher in den kahlen Zweigen. Du konntest den Zigarettenrauch im Wagen sehen, und wie dieser Fahrer ganz ruhig die Seiten seines Buches umwendete. Und sie waren die ganze Zeit daran, o meine Brüder, und gaben mir Saures. Dann sagte Billyboy oder Dim, ich konnte nicht sagen, wer von beiden: »Das sollte reichen, Droogie, was meinst du?« Dann gaben sie mir jeder noch einen letzten Tollschock ins Litso, und ich fiel um und blieb im Gras liegen. Es war naß und kalt, aber ich fühlte nichts davon. Dann zogen sie ihre beschissenen Uniformjacken an und setzten ihre Bullenschlemmies auf, die sie vorher abgelegt hatten, und sie wischten das Blut von ihren Knöcheln und zogen ihre Schlipse zurecht, und dann gingen sie zu ihrer Bullenkutsche. »Bis zum nächsten Mal, Alex«, sagte Billyboy, und Dim machte mit seinem alten clownhaften Smecken: »Wuh huh huh.« Der Fahrer las die Seite runter, die er gerade aufgeschlagen hatte, dann legte er sein Buch weg und startete den Motor. Er wendete den Wagen, und sie brausten stadtwärts davon. Ich sah noch, wie mein Exdroog und mein Exfeind aus dem Fenster winkten, aber ich lag einfach da, völlig schölle und zerschlagen und halbtot.
Nach einer Weile hatte ich schlimme Schmerzen, und dann fing der Regen an, eiskalt, und bald war es ganz dunkel. Ich konnte weit und breit kein lebendes Wesen sehen, nicht mal die Lichter von Häusern. Wohin sollte ich gehen? Ich hatte kein Heim und nicht viel Pulver in den Taschen. Eine Zeitlang heulte ich leise vor mich hin, bu hu hu, dann stand ich auf und begann zu gehen.
4
Heim, heim, heim war alles, was ich wollte, und HEIM war, wohin ich schließlich kam, Brüder. Ich stolperte durch den Regen und die Dunkelheit, aber nicht in die Richtung zur Stadt, sondern dorthin, wo ich vorher den Traktor gesluscht hatte. Es dauerte sehr la nge, bis ich zu einer Art von Dorf kam, und als ich dort war, dachte ich, daß ich es schon mal gesehen hätte, aber das war vielleicht, weil alle Dörfer gleich aussehen, besonders im Dunkeln. Hier waren Häuser und Scheunen hinter Obstgärten, jetzt schwarz und kahl und tropfend, dort war eine Art Wirtshaus, dann waren da ein kleiner wie Kolonialwarenladen und eine sehr stari Kirche, und überall hatten sie wild bellende Kettenhunde auf den Höfen. Und dann, gleich am Ende des Dorfes, stand abseits ein kleines Haus in einem Garten, und ich konnte den Namen lesen, der weiß auf das Gartentor gepinselt war. Er hieß HEIM.
Ich war triefend naß von diesem eisigen Regen, so daß meine Platties, die sowieso nicht mehr auf der Höhe der Mode waren, wie schmutzige Lappen an mir hingen, richtig erbärmlich und wie mitleiderregend, und meine Haare waren ein nasses, grazniges Gewirr, ausgebreitet über meinen Gulliver, und ich war ganz sicher, daß mein Litso voll von Platzwunden und Prellungen und Abschürfungen war, und ein paar von meinen Zubis wackelten ziemlich locker, wenn ich sie mit der Zunge anstieß. Und mein ganzer Plotti war zerschlagen und wie wund, und ich war sehr durstig, so daß ich mich immer wieder gegen den kalten Regen stellte und das Maul aufriß, damit es mir ein bißchen reinregnete, und mein Magen knurrte die ganze Zeit girr grrr, weil er am Morgen zuletzt Futter gesehen hatte, und auch dann nicht sehr viel, o meine Brüder.
HEIM stand an diesem Gartentor, und vielleicht, dachte ich, würde es hier irgendeinen Veck geben, der mir helfen konnte. Ich öffnete und wankte durch, und dann mußte ich aufpassen, daß ich auf diesem Weg mit seinen Steinplatten
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