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Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)

Titel: Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassandra Clare
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Tessa rücklings in die Tiefe stürzte, stumm und wie in Zeitlupe, ein weißer Fleck vor einem blauen Hintergrund.
    Ruckartig setzte Will sich auf; sein Herz pochte wie wild. Helles Mondlicht fiel durch das Fenster in sein Zimmer im White Horse und umriss die Konturen des ungewohnten Mobiliars: der Waschtisch und das Nachtkästchen mit der noch ungelesenen Ausgabe von Fordyce’ Predigten für junge Frauenzimmer, der schwere Polstersessel am Kamin, in dem das Feuer zu einer warmen Glut heruntergebrannt war. Obwohl sich seine Bettlaken kühl anfühlten, schwitzte Will am ganzen Körper. Benommen schwang er die Beine aus dem Bett und wankte zum Fenster.
    Auf der Fensterbank stand ein sperriger Trockenblumenstrauß in einer Vase, die Will nun beiseiteschob. Dann entriegelte er mit steifen Fingern das Fenster. All seine Glieder schmerzten. Nie zuvor hatte er so lange im Sattel gesessen und er fühlte sich erschöpft und wund vom Reiten. Ehe er sich am Morgen wieder auf den Weg machte, musste er sich unbedingt mit einer Iratze versehen, überlegte er.
    Das Fenster ging nach außen auf und sofort wehte eine kalte Brise herein und kühlte seine Haut. Tief in seinem Inneren spürte Will einen nagenden Schmerz, der jedoch nicht von seinem Höllenritt rührte: Er konnte nicht sagen, ob dieser Schmerz mit der Trennung von Jem zusammenhing oder mit der Sorge um Tessa. Vor seinem inneren Auge sah er wieder und wieder, wie ihre Hände sich aus seinen lösten und sie rücklings die Klippen hinabstürzte. Bisher hatte er nie an die prophetische Kraft von Träumen geglaubt, dennoch konnte er dieses mulmige, kalte Gefühl in seinem Bauch einfach nicht abschütteln. Und auch sein Atem, der schnell und stoßweise ging, schien sich nicht wieder beruhigen zu wollen.
    In der dunklen Fensterscheibe sah er sein Spiegelbild. Vorsichtig berührte er das Glas und seine Fingerspitzen hinterließen feine Spuren auf der beschlagenen Scheibe. Er fragte sich, was er Tessa erzählen sollte, wenn er sie gefunden hatte. Wie sollte er ihr erklären, warum er zu ihrer Rettung aufgebrochen war und nicht Jem? Wenn es Barmherzigkeit in dieser Welt gab, dann konnten sie ja vielleicht wenigstens zusammen trauern. Selbst wenn Tessa ihm seine Liebe nicht glaubte, selbst wenn sie seine Zuneigung niemals erwidern würde, würden sie hoffentlich ihren Kummer miteinander teilen können. Der Gedanke daran, wie sehr er ihre ruhige Kraft brauchte, raubte ihm fast den Atem. Er schloss die Augen und lehnte die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe.
    Auf dem Weg durch die gewundenen Gassen des East End, vom Bahnhof Limehouse in Richtung Gill Street, spürte Gabriel bei jedem Schritt deutlich Cecilys Gegenwart an seiner Seite. Sie hatten sich mit Zauberglanz kaschiert, was ihnen nun sehr nützlich war, denn ihre Anwesenheit in diesem ärmeren Viertel Londons hätte sonst bestimmt neugierige Kommentare zur Folge gehabt und vermutlich dazu geführt, dass man sie in eines der Pfandleihgeschäfte gezogen hätte, damit sie die präsentierten Waren bewunderten. Schon jetzt war Cecily sehr an den Auslagen interessiert und blieb häufig stehen, um einen Blick in die Schaufenster zu werfen – nicht nur vor Hutmachergeschäften, sondern auch bei Läden, die alles Mögliche feilboten: von Schuhcreme über Bücher bis hin zu Spielzeug und Zinnsoldaten. Gabriel musste sich immer wieder daran erinnern, dass Cecily vom Land kam und wahrscheinlich bisher noch nicht einmal ein florierendes Marktstädtchen zu sehen bekommen hatte, von London ganz zu schweigen. Und er wünschte, er könnte sie an einen Ort führen, der für eine Dame ihres Standes angemessen war, beispielsweise in die Geschäfte der Burlington Arcade oder an der Piccadilly – und nicht durch diese düsteren, engen Gassen.
    Er wusste nicht, was er von Will Herondales Schwester erwartet hatte. Dass sie vielleicht genauso unfreundlich war wie Will? Dass sie ihm nicht auf so irritierende Weise ähnelte und zugleich so außerordentlich hübsch sein konnte? Gabriel hatte nur selten einen Blick auf Wills Gesicht geworfen, ohne dabei den Wunsch zu verspüren hineinzuschlagen, doch Cecilys Gesicht erschien ihm unendlich faszinierend. Er ertappte sich bei dem Gedanken, dass er ein Gedicht über sie verfassen wollte – irgendetwas mit den Worten »blaue Augen wie der Sterne Wacht und schwarze Haare wie die dunkle Nacht«, weil »dunkle Nacht« und »der Sterne Wacht« sich reimten. Aber er hatte die vage Vermutung, dass dieses

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