Clockwork Princess: Chroniken der Schattenjäger (3) (German Edition)
stellte Sophie fest.
Jem nickte langsam. »Ich kann es spüren…seine Abwesenheit…wie ein Band tief in meinem Inneren, das sehr straff gespannt ist. Damit hatte ich nicht gerechnet. Seit unserer Parabatai -Zeremonie sind wir nie weit voneinander entfernt gewesen.«
»Cecily sagte, Sie hätten ihn fortgeschickt.«
»Ja«, bestätigte Jem. »Er ließ sich nur schwer überreden. Ich denke, wenn er Tessa nicht ebenfalls lieben würde, hätte ich ihn nicht dazu bewegen können, ihr nachzureiten.«
Sophie starrte Jem mit offenem Mund an. »Sie wissen davon?«
»Noch nicht sehr lange«, sagte Jem. »So grausam bin ich nicht. Wenn ich davon gewusst hätte, dann hätte ich Tessa niemals einen Heiratsantrag gemacht. Ich hätte mich zurückgehalten. Nein, ich habe es nicht gewusst. Aber jetzt, da meine Kräfte schwinden und mir viele Dinge plötzlich sonnenklar erscheinen, denke ich, dass ich es herausgefunden hätte – selbst wenn Will es mir nicht gesagt hätte. Letztendlich hätte ich es gewusst.« Jem lächelte, als er Sophies bestürzte Miene sah. »Ich bin froh, dass ich nicht bis zum Ende warten musste.«
»Und Sie sind nicht aufgebracht?«
»Nein, ich freue mich«, erklärte Jem. »So werden die beiden sich umeinander kümmern können, wenn ich nicht mehr da bin – zumindest hoffe ich das. Will meinte, dass Tessa ihn nicht liebt, aber … bestimmt wird sie ihn im Laufe der Zeit lieben lernen. Will macht es einem nicht schwer, ihn zu lieben, und er hat ihr sein Herz geschenkt, voll und ganz. Das kann ich sehen. Ich hoffe nur, dass sie es ihm nicht bricht.«
Sophie fiel darauf beim besten Willen keine Antwort ein. Sie wusste nicht, was irgendjemand angesichts solch einer Liebe hätte sagen können – bei so viel Nachsicht, so viel Geduld, so viel Hoffnung. In den vergangenen Monaten hatte sie oft bedauert, dass sie von Will Herondale je schlecht gesprochen hatte, denn sie hatte beobachtet, wie er sich zurückhielt und damit Tessa und Jem erlaubte, ihr Glück zu genießen. Und Sophie wusste auch, dass Tessas Glück nicht gänzlich ungetrübt sein konnte, da es mit dem Wissen verbunden war, dass sie Will damit wehtat. Und vermutlich war sie, Sophie, auch die Einzige, die wusste, dass Tessa manchmal im Schlaf nach Will rief und dass die Narbe in Tessas Hand nicht von einem versehentlichen Unfall mit einem Schürhaken stammte. Es war vielmehr eine bewusst herbeigeführte Verletzung, die sie sich zugefügt hatte, um durch schrecklichen körperlichen Schmerz einen schrecklichen emotionalen Schmerz zu überlagern – schließlich hatte es ihr fast das Herz gebrochen, dass sie Wills Liebe nicht erwidern durfte. Sophie hatte Tessa im Arm gehalten, während sie weinte und sich die Blüten in der Farbe von Wills Augen aus den Haaren riss, und Sophie hatte auch die Spuren manch schlafloser, tränenreicher Nacht mit Puder überdeckt.
Sollte sie Jem jetzt davon erzählen?, fragte sie sich. Wäre es wirklich ein Akt der Güte, ihm zu versichern: Ja, Tessa liebt Will ebenfalls. Sie hat versucht, sich diese Gefühle zu versagen, aber sie liebt ihn dennoch. Welcher Mann würde diese Worte wirklich gern über seine zukünftige Braut hören wollen?
»Miss Gray schätzt Mr Herondale sehr und sie würde ihm bestimmt nicht leichtfertig das Herz brechen«, erklärte Sophie schließlich. »Aber ich wünschte, Sie würden nicht so reden, als wäre Ihr Tod unabwendbar, Mr Carstairs. Selbst in diesem Moment haben Mrs Branwell und die anderen nicht die Hoffnung aufgegeben, doch noch ein Heilmittel zu finden. Ich denke, Sie werden mit Miss Gray bestimmt sehr alt werden und viele glückliche Jahre erleben.«
Jem lächelte auf eine Weise, als wüsste er etwas, von dem Sophie nichts ahnte. »Das ist sehr freundlich von dir, Sophie. Ich weiß, ich bin ein Schattenjäger, und wir Schattenjäger treten nicht gern aus dem Leben. Wir kämpfen bis zur letzten Minute. Schließlich stammen wir aus dem Reich der Engel – und dennoch fürchten wir es. Trotzdem bin ich der Ansicht, dass man sich seinem eigenen Ende furchtlos stellen kann, ohne sich dem Tod zu beugen. Der Tod wird nie Macht über mich haben.«
Sophie musterte ihn besorgt; Jem schien wie im Fieber zu sprechen. »Mr Carstairs? Soll ich Charlotte holen?«
»Gleich, Sophie, aber…dein Gesichtsausdruck vorhin, als ich von Will und Tessa sprach …« Jem beugte sich vor. »Dann stimmt es also?«
»Was stimmt?«, fragte Sophie mit zittriger Stimme. Doch sie wusste, welche Frage er nun
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